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„Für lau“ am Markt der Eitelkeiten

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Sicherlich ist es richtig, dass man, bei Bewerbungsschreiben seine Referenzen darlegen muss. Schließlich will der Arbeitgeber ja gern wissen, mit wem er es zu tun hat und ob man dem möglichen neuen Mitarbeiter auch trauen kann. So stellt man dann geflissentlich dar, bei wem man und für wie lange, schon gearbeitet hat. Das kann ausgesprochen nützlich sein, so man dabei auch gute Zeugnisse vorzuweisen hat.

Ganz anders nun geht es in der Showbranche vor sich. Haben Sie schon einmal den zwanghaft um Anerkennung bettelnden suchenden Blick eines (noch) unbekannten Menschen gesehen, der sich für einen Moment lang mit einem „Großkopferten“ des Showgeschäfts unterhalten darf? Stehend und mit seinen imaginären Flossen wedelnd wird dieser Mensch dann von dem großen Star angehört, wobei er krampfhaft versuchen muss Dinge zu sagen, die den Supermann auch wirklich interessieren könnten, weil er sonst Gefahr liefe, einfach und mit offenem Mund stehen gelassen zu werden.

Da steckt eine verflixte Magie drinnen, in einer solchen Begegnung der merkwürdigen Art.

Nun ist es natürlich nicht so, dass der Star es etwa nicht auch genießen würde, von seinem Bewunderer derart hofiert zu werden. Nein, nein, ganz im Gegenteil, Sie sollten mal sehen was passiert, wenn er von seinem Fan etwa nicht beachtet würde. Oha! Es lässt sich also konstatieren, dass Stars oft über Ablehnung funktionieren. Derjenige, der Desinteresse an ihm signalisiert, könnte ja etwas ganz Geheimes oder Neues oder Interessantes wissen und mitzuteilen haben. Einerseits stöhnt „Star“ dann aber auch vor seinen eigenen Leuten wieder über die ständige Belästigung, oder das Stalking von Fans. Andererseits denkt er, bei Nichtbeachtung, nun sei er out, nicht mehr interessant genug. Ist schon etwas merkwürdig und ziemlich neurotisch, so ein Verhalten. Es ist dann aber auch wiederum so, dass solche „Popular-Menschen“ auch ständig belagert werden. Das würde mir ziemlich auf die Nerven gehen, wenn andauernd jemand hinter mir her wäre, mich ewig bis ins Nasenloch fotografieren wollte oder in mein Haus, oder zu mindestens meinen Garten eindränge.

Ich hatte mal einen Film-Dreh mit Klaus-Jürgen Wussow, dem früheren Star aus der Schwarzwald-Klinik. Wir drehten am „Anleger Reesendamm“ am Hamburger Rathaus irgendeinen Film, in dem ich mit einer kleineren Rolle dabei war. Zunächst schien es die Passanten nicht sonderlich zu interessieren, was da vor sich ging. Als dann aber Klaus-Jürgen erschien, gab es binnen fünf Minuten eine Massenansammlung vor dem Anleger. Die Leute drängelten, um einen Blick auf Klaus-Jürgen zu erhaschen.

Er aber ging ungerührt seiner Tätigkeit nach, so, als ob er das gar nicht bemerkte. Das wiederum veranlasste wohl zwei Fernsehserien-Konsumenten sich aus der Menge zu lösen.

Sie gingen beide auf Klaus-Jürgen zu und blieben ca. einen-Meter-fünfzig vor ihm stehen und begannen dann miteinander zu reden. Sie guckten ihn sich in aller Seelenruhe von allen Seiten an, betrachteten ihn wie ein Ausstellungsstück und kommentierten ihre Beobachtungen mit Bemerkungen wie „Irgendwie sieht er doch ein bisschen anders aus als im Fernsehen“ und ähnlichem, wobei sie ihm noch näher auf die Pelle rückten. Mit einer Engelsgeduld ließ Klaus-Jürgen alles über sich ergehen.

Dann unterhielten sich beide scheinbar sachkundig über Klaus-Jürgens Vorzüge und Nachteile. Es kam mir vor, wie am Affenfelsen bei Hagenbeck. Zu allem Überfluss kam dann noch eine Barkasse angetuckert, auf dem wohl gerade ein Betriebsausflug stattfand.

Als Klaus-Jürgen nun vom Schiff aus erkannt wurde, drehte der Kahn plötzlich bei und es löste sich aus den Reihen der Gaffer an Bord ein Mann, der plötzlich damit begann, Klaus-Jürgen launige Sprüche zuzurufen, was ihm den „Applaus“ und die „Bewunderung“ der anderen Passagiere einbrachte. Man verstand zwar nicht was er rief, aber die Betonung in seiner Stimme hatte so etwas Bestimmendes, Übergreifendes. Wahrscheinlich war dieser Rufer dem Irrtum aufgesessen, dass ihm Klaus-Jürgen, weil er ihn via Fernsehen immer in seinem Wohnzimmer besuchte, einfach gehörte, er sozusagen ein Familienmitglied sei, das über den Bildschirm, so glaubte er wohl, an dessen Leben teilnahm.

Als wir später zurück in unseren Aufenthaltsräumen waren, saß Klaus-Jürgen mir still gegenüber. Ich hütete mich ihn anzusprechen oder auch nur irgendeine Bemerkung zu machen…

Dieses Beispiel zeigt aber auch die Kehrseite der „Medaille Popularität“. Ganz peinlich wird es, wenn Unbekannte sich, ohne den naiven Charme des nur bewundern wollens, in den Dunstkreis von „Promis“ begeben. Sie haben meisten schon einen Fotografen dabei, der die Begegnung mit ihrem Star dann knipsen soll. Danach könnten sie später dann immer behaupten dass er, der Star, ein guter Freund von ihnen sei. Das würde ihnen, so hoffen sie wohl, alle Türen öffnen.

Ach, ich mag darüber nicht weiter Schreiben.

Das ist einfach zu dumm.

Der Galeerentrommler

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