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Der Krisengipfel

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„Und was habt ihr?“, fragte Sophie als sie es sich in Ontas Küche bequem gemacht hatten. „Also aus meinem Vater war nichts rauszubekommen“, gestand Lulu. „Die letzten beiden Tage war er ständig unterwegs in Sachen Stiftungsrat“, fügte sie hinzu und machte ein wehmütiges Gesicht. Nicht wegen der Abwesenheit ihres Vaters, sondern mehr wegen ihrer eigentlichen Verabredung, die sie wegen dieser Sache verschieben hatte müssen: Vic, musste jetzt eben ohne sie die Stallungen beim Gestüt ausmisten und die Pferde bewegen. „Aber ...“, meinte sie triumphierend. „... meine Großmutter hat mir erzählt, dass Direktor Grün wirklich ein Bonvivant gewesen war. Als er hier die Stellung antrat, waren viele Stiftungsräte skeptisch gewesen, ob er die richtige Person für diese Position sein würde. Schließlich hatte er damals einen gewissen Ruf“, erläuterte sie mit hektische Flecken im Gesicht. „Stimmt“, pflichteten Alba und Suki zu, während sich Sukis Wangen rötlich färbten. „Wir haben uns mal durch die alten Archive der englischen Boulevard-Presse gearbeitet. Unser Direktor war ein wirklicher Hecht, wie meine Mutter sagen würde“, erklärte Alba triumphierend und legte mehrere Ausdrucke auf den Tisch. Alle betrachteten die Aufnahmen mit ihrem Direktor. „Im Prinzip, stimmt alles, was Herr Nassen geschrieben hat“, sagte Suki mit einem Seufzen. „Allerdings hat er diesen Lebensstil, schon von klein auf vorgelebt bekommen. Er und seine Geschwister stammen aus einer wohlhabenden italienischen Adelsfamilie. Eigentlich müsste er nicht arbeiten oder Geld von der Schule veruntreuen“, führte sie aus. „Und die Sache mit den Frauen hörte mit seiner ersten Heirat auch schlagartig auf - zumindest offiziell“, raunte Alba. „Stimmt, das hat auch meine Großmutter gemeint. Zwar haben gewisse Frauen der gehobenen Gesellschaft ihn umschwärmt wie Wespen einen Apfelkuchen, doch scheint er nie nachgegeben zu haben. Und mit seiner Hochzeit von Frau Grün, die übrigens auch aus einer vermögenden Familie stammt, war das Gesumme schlagartig vorbei“, erzählte Lulu glucksend. „Gut“, meinte Sophie mit einer gewissen Erleichterung und durchstrich das Motiv „Geld“ auf ihrem Blatt. „Das deckt sich mit den Informationen, die wir aus Richard herausgekitzelt haben“, erklärte sie ernst und schaute wieder auf das Blatt vor ihr. Richard hatte ihnen erläutert, dass Direktor Grün sich immer sehr korrekt verhalten hatte – als Direktor wie auch als Privatperson. Seine Partys hatten nichts Anrüchiges sondern waren eben nur sehr diskrete Veranstaltungen, weil sich dort: Gleichgestellte trafen, die nicht am nächsten Tag in der Klatschspalte der Zeitung auftauchen wollten. „Gut, das alles hilft uns leider nicht viel weiter. Im Prinzip spricht nichts gegen unseren Direktor bis auf die Tatsache, dass das Geld fehlt“, schnaubte Alba. Still kauten die Mädchen ihre Kekse. Es war frustrierend. „Wahrscheinlich fehlen uns einfach zu viele Puzzleteile um sich wirklich ein umfassendes Bild zu machen“, fasst Sophie die Situation zusammen. „Und so wie uns, geht es bestimmt auch den anderen“, seufzte Suki. Onta zog die Nase kraus. „Vielleicht sollten wir eine Selbsthilfegruppe gründen“, murmelte sie sarkastisch. Alle schauten sie verblüfft an. „Naja, damit man darüber reden kann. Raushauen aus dem Gefängnis werden wir Direktor Grün eh nicht können“, erklärte sie und hob ihre Hände in die Luft. „Wir hatten eine Gruppe, nach dem Bombenanschlag“, fügte sie leise hinzu. Sophie und Suki nickten mit den Köpfen. „Ja, vielleicht keine schlechte Idee“, stimmten sie ihr zu. Sophie nahm sich vor nachher Tobias und Paul anzuschreiben und kritzelte den Punkt auf ihr Papier. „Ich glaube nicht, dass sie die Schule schließen“, meinte Lulu plötzlich bestimmt. „Hoffentlich hast du da mal recht“, antwortet Sophie mit Grabesstimme. Keiner hatte Lust die Schule zu wechseln und in drei Wochen waren die Sommerferien zu Ende. „Mal sehen, was uns Herr Oberreut in zwei Wochen erzählen wird“, unkte Onta und schob den leeren Teller frustriert von sich. „Ja“, nickten die anderen gedankenverloren und ließen ihre Blicke ins Weite schweifen.

Die Jungs waren von der Idee begeistert und innerhalb von vier Tagen hatte man einen Treffpunkt organisiert: bei den Tischtennisplatten im städtischen Schwimmbad.

Die Sonne brannte vom Himmel. Das Schwimmbad war selbstverständlich gut besucht. Die paar mehr Jugendlichen, die wegen etwas anderem als dem schnöden Wasservergnügens gekommen waren, fielen überhaupt nicht ins Gewicht, fand Onta. Nur der Bereich bei den Tischtennisplatten war einzig und allein von Schülern der Friedrich-Stein-Schule belagert. Wie eine Trutzburg. Sophie war überrascht, wie viele Schüler gekommen waren, als sie ihr Handtuch am Rand der Wiese hinlegte. Onta kam aus dem Winken kaum noch raus. „Wahnsinn wie viele gekommen sind“, hörten sie Tobias anerkennend sagen, als er an ihnen vorbeiging. Plötzlich stupste Suki Sophie in die Seite: „Da drüben ist ja die Linse“, raunte sie leise und zeigte nach rechts zu dem Kinderbereich des Schwimmbads. Sofort schauten alle in die angegebene Richtung. Tatsächlich, da stand ihre ehemalige Physiklehrerin im Bikini und winkte ihnen zu. Alle winkten ihr höflich zurück. Sie sahen, wie Frau Linse kurz mit einer anderen Frau sprach und dann auf sie zukam. „Hallo“, begrüßte sie ihre ehemaligen Schülerinnen. „Gibt das hier ein Symposium?“ „So was in der Art“, druckste Onta herum. „Hallo zusammen“, hörten sie Tobias laut sagen. Alle schauten rüber. Tobias stand auf der mittleren Tischtennisplatte und wedelte mit den Armen um Aufmerksamkeit. Langsam wurde es stiller. „Wir haben uns hier getroffen, um über die Verhaftung unseres Direktors zu sprechen“, erklärte Tobias kurz. „Glaubt einer von euch das er es wahr?“, fragte er sein Publikum. Die meisten der Schüler schüttelten die Köpfe, und man hörte ein „Nein“ oder „Bestimmt nicht“ über die Wiese schallen. „Seht ihr, ich glaub es auch nicht! Und was Herr Nassen geschrieben hat, ist so auch nicht wahr. Reiner Rufmord um Herrn Grün in Misskredit zu bringen“, verlautbarte Tobias erregt. „Ich habe eine Webseite eingerichtete auf der jeder posten kann, was er weiß und auf die nur wir Zugriff haben. Die Zugriffsdaten habe ich jedem in seinem Schulkonto hinterlegt.“ Ein zustimmendes Murmeln waberte über den Platz. „Aber weiß eigentlich jemand, warum der Staatsanwalt ihn hat festnehmen lassen? Fluchtgefahr bestand doch sicherlich nicht“, fragte Babette aus der Unterstufe, die vor so viel ungewohnter Aufmerksamkeit rot anlief. Alle blickten zu Tobias, der mit den Achseln zuckte. „Vielleicht hat der Herr Sigrun eine kleine Rechnung mit dem Grün offen“, mutmaßte jemand laut, nahe der Hainbuchenhecke. Sehen konnten sie die Person nicht von ihrem Platz, so sehr die Freundinnen auch ihre Hälse reckten, aber die Männerstimme kam ihnen bekannt vor. Überrascht schaute auch Tobias dorthin. „Tja, vielleicht weiß du ja mehr als wir“, ermunterte er die Person im Schatten. Onta stand kurz auf und tat so, als wollen sie etwas aus der Tasche holen. „Sorokin“, entfuhr es ihr leise. Alle zogen ihre Brauen hoch. Was machte denn Natalias Cousin hier? „Sind auch noch andere der Oberstufe hier?“, wollte Alba leise wissen. „Ja“, meinte Onta trocken und grinste Alba an. „Holger ist auch da drüben“, fügte sie hinzu, während ihr Grinsen breiter wurde und dabei Alba tief in die Augen blickte. „Oh“, war der einzige Kommentar der die schlanke Norwegerin abgab während ein rötlicher Schimmer ihr Gesicht überzog. Innerlich verdrehte Sophie die Augen, sie waren schließlich hier, um über den Direktor zu reden und nicht, um mit den Oberstufenschülern zu flirten. Sorokin stand auf und lief zu Tobias. Mit einer eleganten Bewegung betrat er die Platte, während Tobias mit einem überraschten Gesichtsausdruck Platz machte. Wieder wurde es still, nur das Kreischen der Kinder und Jugendlichen wehte vom Beckenbereich rüber. „Ihr wisst es vielleicht nicht, aber der Sohn des Oberstaatsanwalts Saums, war Schüler unsere Schule“, erklärte Kristian mit ruhiger tiefer Stimme.

„Das ist zwar schon ein paar Jahre her, doch kann ich mich erinnern an den Vorfall erinnern: Der Typ hat versucht Stoff an der Schule zu verkaufen und wurde erwischt.“ Ein Raunen ging über das Feld. Drogen an unserer Schule schoss es Sophie durch den Kopf, unmöglich! „Sein Vater war damals gerade Staatsanwalt geworden. Er konnte natürlich keine negative Publicity gebrauchen und so wurde der Sohn, nach langem Hin und Her, offiziell von der Schule verwiesen - wegen seiner nicht ausreichenden schulischen Leistung“, verlautbarte Kristian laut. „Weiß man, was aus dem Sohn geworden ist?“, wollte Peter von der zehnten Klasse wissen. Kristian zuckte mit den Achseln und sprang von der Platte. Sofort ging das Geschnatter los, jeder äußerte eine Mutmaßung und sprach mit seinem Nachbarn. „Interessanter Ansatz“, hörte Sophie Frau Linse neben sich murmeln. Erschrocken zuckte sie zusammen. Ihre Lehrerin hatte sie schon fast vergessen gehabt. Gebannt verfolgten ihre Augen ihre ehemalige Physiklehrerin, die Aufstand und zu Tobias ging, während sie gleichzeitig das Gehörte verknüpfte: Rache, nach Jahres des Wartens? Frau Linse sprach kurz mit dem verblüfft aussehenden jungen Mann, der bei ihrem Gespräch mehrmals mit dem Kopf nickte. „Zu schade, dass ich es nicht hören kann“, raunte Sophie zu Suki, die seltsam still vor sich hin brütete. Onta hatte sich inzwischen die Picknicktasche von Lulu zurückerobert. „Wer will was essen?“, nuschelte sie mit halb gefülltem Mund. „Ich!“, hörte man alle schnell rufen. Bei Onta wusste man schließlich nie.

„Kann man jetzt wieder spielen?“, fragte ein kleiner verstruppelter Sechsjähriger mit schüchterner Stimme ein paar Augenblicke später Lulu. Diese lüpfte ihre überdimensionierte Sonnenbrille und schaute sich um. Die Wiese war so gut wie leer. Die meisten ihrer Mitschüler hatten sich einen anderen Platz zum verweilen gesucht oder waren schlicht schwimmen gegangen. „Ich denke schon“, meinte sie mit einem Glucksen in der Stimme, als sie die restliche Gruppe des Jungen entdeckt hatte: Neugierig um die Ecke linsen. Mit lautem Geschrei stoben die fünf Mädchen und Jungen auf die Platten zu, nachdem ihr Anführer genickt hatte. Das anschließende Klacken des Tischtennisball und die Anfeuerungs- und Jubelrufen schallten wie an einem normalen sommerlichen Schwimmbadtag über den Rasenbereich.

Das Törtchen-Team packt die Koffer

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