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Unter Hackern

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Der Wind wirbelte die Blätter durch die Luft und ließ sie gegen die großen Fenster des Klassenzimmers klatschten. Es war Montag: Geschichtsstunde, Aufstieg des Empires.

Gedankenverloren blickten Onta nach draußen, während neben ihr Sophie versuchte sich auf die Zeitraffersimulation zu konzentrieren. „Ist das langweilig“, wisperte Onta gähnend und schaute sich im Raum um. Die meisten ihrer Mitschüler schauten auf ihre Monitore. „Ich finde es spannend“, flüsterte Suki. Onta schaute sie zweifelnd an. „Du meinst, dich interessiert der Aufstieg des englischen Reiches zum Empire?“, fragte die Halbirin leise zurück. Suki nickte langsam, während sie bedächtig über die Tastatur strich. „Aber natürlich“, antwortete sie mit ernst verstellter Stimme. „Allerdings, finde ich Tobias neuen Blog-Eintrag - noch eine Ecke interessanter“, gluckste sie sybillisch lächelnd.

Jetzt hatte sie Ontas Aufmerksamkeit! Schnell schaute sie sich um und dann fiel es ihr auf. Alle, außer ihr, schauten gebannt auf ihre Monitore und lasen. Mit flinken Fingern gab sie die Adresse: „Die grüne Schüttelkugel“ ein. Ontas Augen huschten über den Monitor. Soso, die Geschichte die Sorokin erzählt hatte, stimmte also. Der Sohn des Oberstaatsanwalts war tatsächlich hier auf die Schule gegangen und war vor sechs Jahren beim Dealen erwischt und verwiesen worden. Das Bild eines Grabsteins zeigte einen weinenden Engel und den Namen Sebastian Sigrun sowie das Todesdatum. Der Sohn des Oberstaatsanwalts war nur siebzehn Jahre alt geworden.

„Wie kam er nur an die schulinternen Dokumente?“, fragte Sophie leise und scrollte runter. „Frag ihn doch einfach nachher“, schlug Suki vor und klimperte mit ihren schwarzen Wimpern. „Genau“, schloss sich Onta an und ließ ihre Augenliedern dramatisch flattern. „Ihr seid Komikerinnen“, murmelte Sophie unwirsch und wechselte wieder zu der Geschichtssimulation zurück.

Auf dem Weg zum Informatikunterricht war Tobias umringt von den anderen Schülern. „Ein Magier, verrät niemals alle Geheimnisse“, hörte Sophie ihn prahlen. Ein Magier, pah, dachte sich Sophie. Der Magier ist einfach ein begabter Hacker oder hatte Hilfe von anderer Seite, vermutete sie missmutig. Mit einer wenig eleganten Bewegung ließ sie sich auf ihren Platz gleiten.

„In diesem Jahr beschäftigen wir uns intensiv mit Späh- und Suchprogrammen“, verkündete Herr Suse und schaute betont nicht in Tobias Richtung. Süß der wurde ja rot, genoss Sophie den leichten Farbwechsel des IT-Freaks. „Heißt dass, wir sollen auch ein Spähprogramm entwickeln? So einen … einen Trojaner oder Keylogger?“, fragte Claudia ganz unschuldig, während sie ihre Haarsträhne an ihrem Zeigefinger entlangzwirbelte. Eine Pause entstand und Sophie konnte Herrn Suse tief durchatmen. „Ja in der Tat, sollt ihr in diesem Schuljahr probieren ein Spähprogramm zu entwickeln. Im nächsten Jahr müsst ja ihr, die achte Klasse abwehren“, erklärte er mit fester Stimme. „Mafalda war gut, doch jetzt heißt das Ziel, dass ihr eine Programm entwickelt, das sich auf bestimmten Computern einniestet, gezielt Inhalte sucht und sie zurücksendet, ohne entdeckt zu werden“, fügte er mit funkelnden Augen hinzu. „Aber ist so etwas nicht schrecklich ungesetzlich“, forschte Tobias unschuldig nach. Herr Suses Kopf fuhr herum. „Tja, euer Programm dient ja nur eurer schulischen Weiterentwicklung, damit ihr im nächsten Jahr entsprechende Abwehrprogramme schreiben könnt, die vielleicht auch die beiden Schulserver vor unerlaubtem Zugriff schützt“, erklärte der Informatiklehrer und blieb vor Tobias Tisch stehen und schaute ihn mit einem haifischartigem Lächeln an. Grinsend wandte sich Sophie ab, wobei nicht nur sie Mühe hatte, ein Prusten zu unterdrücken. Herr Suse stapfte wieder zu seinem Pult. „Und da ich weiß, dass dies nicht so einfach ist, bekommt ihr Mentoren aus der Oberstufe.“ Alle blickten auf. Mentoren? Oberstufe? Lächelnd blickte der dickliche Lehrer seine Schüler an. „Ihr werdet in zweier Teams arbeiten und jedes Team wird von einem Mentor betreut. Ich unterrichte euch die theoretischen Grundlagen und euer Mentor die Anwendung.“ Ein Raunen ging durch die Klasse. „Ihr werdet euren Mentor heute Nachmittag zur Laborzeit treffen, sie haben euch bereits eine Nachricht geschickt“, erläuterte Herr Suse und tippt auf seinen Monitor. Sophie öffnete gespannt ihr Konto. „Heute Nachmittag, Studierzimmer 311“, stand dort nüchtern. Kein Absender, keine Hallo. Sophie runzelte ihre Stirn. Raum 311 war doch ihr Studierzimmer! Und wer würde ihr Partner sein?

Nachdenklich und leicht nervös traf sie sich mit den anderen in der Mensa. „Ach dieser neue Spanischlehrer ist einfach zu süß“, schwärmte Onta und ließ tatsächlich einen Teil des Zucchiniauflaufs stehen, wie alle mit einem Grinsen feststellten. Onta und ihre Schwärmereien.

„Na, dann viel Spaß bei Sport und bis morgen!“, verabschiedetet sich Alba und Lulu nach der Pause von den anderen. „Ja, bis morgen!“, riefen Onta und Suki zurück und winkten. „Sag, mal was bedrückt dich? Du warst das ganze Mittagessen so still“, wollte Onta von Sophie wissen und hakte sich unter, während sie zur Sporthalle gingen. „Aber doch nur, weil du keinen zu Wort hast kommen lassen, Onta“, tadelte Suki sie mit einem kleinen Lächeln um die Lippen. „Also wirklich“, frotzelte die rotblonde junge Frau mit einem gespielt empörten Gesichtsausdruck zurück. Sophie betrachte ihre Freundinnen kopfschüttelnd, sagte aber Nichts. „Nun erzähl schon“, forderte Onta sie mit Nachdruck auf und blieb stehen. Mit großen Augen und einem ernsten Gesicht schaute Sophie ihre Freundinnen an. Unbehaglich trippelte Sophie von einem Fuß auf den anderen. „Sophie!“, ermahnte Onta sie streng. „Also gut, ich erzähl es euch“, gab sich Sophie geschlagen. Leise erklärte sie den beiden, was ihre Aufgabe im Informatikunterricht sein würde. Ohne Unterbrechung ihrer Ausführung erreichten sie die Umkleide. „Und das ist tatsächlich zulässig?“, fragte Suki zweifelnd, als sie ihre Kendoausrüstung anlegte. Bevor Sophie antworten konnte, warf Onta ein: „Die Frage ist eher, ob die Sturmvoll davon weiß.“ Und rieb sich mit der Hand über ihren Unterarm.

Dies war in der Tat ein neuer Gedanke, auf den Sophie noch gar nicht gekommen war. Was, wenn Herr Suse sein eigenes Süppchen kochte, um Direktor Grün aus der Patsche zu helfen? Mit einem „Uff“, setzte sie sich ihren Kopfschutz auf und ließ die Fragen unbeantwortet.

„Mann war das anstrengend!“, keuchte Onta nach der Stunde in der Umkleidekabine. „Aber gut“, kommentierte Sophie rotgesichtig das Stöhnen ihrer Freundin. Der anstrengende Kendo-Unterricht hatte ihre ganze Konzentration erfordert, und sie ganz vergessen lassen, welche Überraschung sie jetzt erwarten würde. „Du musst mir nachher alles erzählen, ja?“, bat Onta Sophie, als sie sich zu dem zweiten Unterrichtsteil des Nachmittags verabschiedeten. Sophie nickte mit dem Kopf und ging nachdenklich Richtung Studierzimmer, während Onta fröhlich pfeifend zum Sprachlabor eilte.

Mit leicht zittrigen Händen betrat Sophie den Gang, der zum Studierzimmer führte. Die Tür war offen, das Licht der herbstlichen Nachmittagsonne erhellte den Gang. Vorsichtig lugt Sophie in den Raum. Sie konnte niemanden entdecken. „Da bist du ja!“, hörte sie plötzlich eine Stimme neben sich flüstern. Erschrocken drehte sich Sophie um. Tobias stand mit einem frechen Grinsen neben ihr. „Du bist mein Partner?“, ungläubig schaute sie den jungen Mann an. „Ja genau und jetzt rate Mal, wer unser Mentor ist?“, feixte Tobias zurück, während sein Grinsen breiter wurde. Gemeinsam gingen sie zu den Arbeitstischen. „Lass mich raten! Kristian Sorokin!“, stöhnte Sophie. „Erraten!“, tönte die tiefe Stimme desselbigen von der Tür. Sophie schwante Übles. Der Hacker der Klasse und das momentane IT-Genie der Schule in einer Gruppe!? Und sie mit dabei, ihr wurde schwummerig.

„Du bist mit wem ihn der Gruppe?“, wollte Onta abermals wissen und verschüttet mit einer weitläufigen Handbewegung das Mehl großzügig in der Backstube. Mit einem Seufzer bückte sich Sophie und nahm den weißen Staub mit einem feuchten Tuch auf. Ontas Tante sah es gar nicht gerne, wenn ihre Konditorei aussah wie ein Schlachtfeld. „Mit Tobias und Sorokin“, erklärte Sophie mit einem Stoßseufzer. Onta fing an zu giggeln. Mit ihrer bemehlten Hand versuchte sie ihr Lachen zu unterdrücken, doch gelang es ihr nicht vollständig. „Weißt du, wen das Maßlos ärgern wird? Dass ausgerechnet du und nicht ihre Freundin mit ihm arbeitet?“, japste sie schwer atmend. Sophie runzelte die Stirn. „Du meinst Natalia?“, erwiderte sie langsam und schaute ihre Freundin grinsend an. Ja, da wird sie tatsächlich ärgern, gestand sie sich ein. Wahrscheinlich sogar zwei: Natalia und Claudia. Sophie und Onta sahen sich an und dabei wurde ihr Grinsen immer breiter. „Vielleicht … “, sinnierte Sophie. „ … vielleicht ist es doch nicht so schlecht mit den beiden ein Projekt zu haben“, beendete Onta ihren Satz schnell und nahm ihre Arbeit wieder auf. „Vielleicht sollte ich mich auch für Informatik interessieren“, sinnierte Onta laut und blickte in Sophies Richtung. Sophie blickte langsam von ihrer Buttercrememasse auf. „Ich glaube du hast mit deinem Spanischlehrer genug um die Ohren“, frotzelte sie zurück, woraufhin Onta die Farbe einer Kirsche annahm und sich schnell wieder ihrer Biskuitmasse zuwandte. Stillschweigend arbeiteten die beiden weiter. Selbst als Ontas Tante kurz hereinschaute und Sophie bat eine Mokkacreme vorzubereiten kam kein Wort über ihre Lippen. Sophie überdachte noch mal das, was Sorokin und Tobias ihr erklärt hatten. Es war illegal, für ihre Zukunft riskant und eine geistige Herausforderung. Doch, wenn sie es schafften, in das System der Bank einzubrechen und sie die Datensätze vergleichen konnten, die von Direktor Grüns Rechner und bei der Bank getätigt worden waren, konnte es vielleicht helfen seine Unschuld zu beweisen, hatten Tobias und Sorokin argumentiert. Sophies hatte zwar ihre Bedenken geäußert, dass ihre Hypothese nicht richtig sein könnte und das Direktor Grün seine Transaktionen vielleicht gar nicht von seinem Schulrechner getätigt haben könnte, sondern von Zuhause aus, doch war dies von beiden jungen Männern kopfschüttelnd abgelehnt worden. „Weißt du Sophie, wir beide haben den Schulrechner schon vor einem Jahr gehackt und alle Datensätze gesichtet“, erklärte Tobias und schaute zu Sorokin, der nickte. „Und nachdem wir beide die Datensätze durchforstet haben, können wir sagen, dass alle Anweisungen an die Bank über seinen Rechner gingen“, erläuterte Sorokin und schaute Sophie fest in die Augen. In Sophies Kopf hatte es nur noch gerattert. Beide hatten den Schulrechner gehackt. „Und die Sicherheitsmaßnahmen von Suse?“, hatte sie ungläubig zurückgefragt. Sorokin und Tobias richteten ihre Oberkörper auf. „Ach, Suses Sicherheitsmaßnahmen sind zwar gut, doch nicht unüberwindbar“, hatte Tobias gemeint und mit einem verschwörerischen Grinsen in Richtung Sorokin geschaut. „Weißt du, Sophie wir haben ein Gentlemen-Argreement mit Suse: Wir dürfen uns alles anschauen, wenn wir in die Systeme kommen - dürfen aber nichts verändern. Er lernt von uns und wir von ihm, so einfach ist das.“

Das Törtchen-Team packt die Koffer

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