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2.6.5 Ehrgeiz
ОглавлениеEhrgeiz ist das Streben des Menschen, andere an Geltung, Ehre oder Macht zu übertreffen. Ein normaler Ehrgeiz ist meistens mit einem Bedürfnis nach Anerkennung verbunden und wird als Antrieb in pädagogischer Sicht überwiegend positiv beurteilt. Es gibt aber auch den krankhaften Ehrgeiz: „In gruppenpsychologischer Sicht sind Ehrgeizlinge Streber, die mit ihrem extremen Ehrgeiz der Gruppe schaden können.“* „Das große Wunschpotenzial des Ehrgeizlings ist seine Karriere.“* Dazu passt die Feststellung: „Karriere: Der Ehrgeiz auf der Leiter“ (M. Hinrich). Oder anders gesehen: „Ehrgeiz ist die Unbescheidenheit des Geistes“ (W. Davenant). Wenn die Hierarchie neue Möglichkeiten des Aufstiegs eröffnet, dann strebt er sein Weiterkommen mit oft nicht mehr vertretbaren Mitteln an. Er neigt auch zum Perfektionismus. Der Ehrgeizling merkt mitunter nicht mehr, dass sein Verhalten im Team als abstoßend empfunden wird.208 Auch Ehrgeiz hat zwei Seiten.
► Ein normaler Ehrgeiz gehört als Triebkraft209 zum Leben: „Wer aufhört, besser werden zu wollen, hört auf, gut zu sein“ (M. von Ebner-Eschenbach). Aber Achtung: „Nur Ehrgeiz, durch den keine Eitelkeit schimmert, hat Zukunft“ (S. Prudhomme). Wir wissen: „Ehrgeiz kann man nicht trainieren“ (E. Zabel). Er muss dem Menschen gegeben sein. Und zum Nachdenken: „Chancen kennen keine Regeln“ (C.K. Rath). Den ehrgeizigen Menschen erkennt man relativ schnell: „Ehrgeiz kann sich nicht verbergen“ (Deutsches Sprichwort). Es gibt nach W. Shakespeare auch einen Bezug des Ehrgeizes zum Stolz: „Stolz ging voraus, der Ehrgeiz folgt ihm nach.“ Auch mit Sieg und Niederlage wird der Ehrgeiz konfrontiert: „Eine Niederlage, die deinen Ehrgeiz weckt, nutzt dir mehr als ein Sieg, der dich überheblich macht“ (K.H. Karius).
► Demgegenüber ist krankhafter Ehrgeiz dem Menschen abträglich: „Eifersucht, Wollust und Ehrgeiz richten den Menschen zugrunde“ (Talmud). Und: „Das schändlichste Laster ist der Ehrgeiz“ (M. Luther). Der Ehrgeizling geht voran und versucht mitunter, mit Ellenbogen sein Ziel zu erreichen: „Ehrgeiz schaut nicht zurück“ (B. Jonson). Das Geltungsbedürfnis des Ehrgeizlings beflügelt ihn: „Geltungssucht treibt den Ehrgeiz auf den höchsten Gipfel (M.M. Jung). Ähnlich sieht es B. de Spinoza: „Ehrgeiz ist unmäßige Begierde nach Ehre.“ Mitunter entsteht er auch durch Niederlagen: „Ehrgeiz ist die letzte Zuflucht des Misserfolgs“ (O. Wilde). Er hat auch etwas mit Misstrauen bzw. mit Neid zu tun: „Die Ehrgeizigen haben mehr Neigung zum Neid, als die, welche vom Ehrgeiz frei sind“ (Aristoteles). Und: „Heftigen Ehrgeiz und Misstrauen habe ich noch allemal beisammen gesehen“ (G.C. Lichtenberg). Die Folgen des Ehrgeizes sind offensichtlich: „Ach, du unseliger Ehrgeiz, er ist ein Gift für alle Freuden“ (H. von Kleist). Krankhafter Ehrgeiz kann sogar zu Burnout-Falle werden: Mit einem Selbsterforschungsfragebogen lässt sich die Ausprägung des persönliche Ehrgeizes ermitteln.210 Manche Menschen haben zu wenig Ehrgeiz, trauen sich zu wenig zu und scheitern im Leben. Sie sollten beachten: „Wenn du meinst zu klein zu sein, um etwas zu bewegen, dann hattest du noch nie eine Mücke im Bett“ (aus Indien).
► Wie bewerten wir den Ehrgeiz? „Wer alle seine Ziele erreicht hat, hat sie sich als zu niedrig ausgewählt“ (H. von Karajan). „Ganz ohne Ehrgeiz schaffen wir das Leben nicht.“* Welcher Mensch ist eher anfällig für den Ehrgeiz? „Der Ehrgeiz befällt kleine Seelen leichter als große, wie Strohhütten leichter Feuer fangen als Paläste“ (N. Chamfort). Auch gilt: „Wer Großes versucht, ist bewundernswert, auch wenn er fällt“ (Seneca). Und: Ehrgeiz ja, aber nicht um jeden Preis: „Profilneurose kann eine schlimme Krankheit sein“ (H. Lahm).
„Mit falschem Ehrgeiz lässt sich das Schicksal auf die Dauer nicht befriedigen“
(W. Vogel)
Krankhafter Ehrgeiz ist vor allem für Kleingeister schädlich: „Das schlimmste Übel ist, wenn das Schicksal einem mit geringem Talent und großem Ehrgeiz ausstattet“ (L. de Vauvenargues). „Man sollte Ehrgeiz besitzen, ohne von ihm besessen zu sein“ (J. Huston). „Es scheint, dass der Ehrgeiz immer erst dort beginnt, wo er enden wollte“ (E. Wertheimer). „Die Freude beginnt dort, wo der Ehrgeiz endet“ (aus England). Vor allem gilt: „Wenn man glücklich ist, soll man nicht noch glücklicher sein wollen“ (Th. Fontane). Und zum Schluss: „Wer sich selbst erhöht, wird von Gott erniedrigt werden, wer sich gering achtet, wird erhöht werden“ (Bibel: Matthäus 23,12).