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Der Praktiker und das Umweltamt

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Im Zuge der Eingemeindung von Dörfern und Ortsteilen in die Großstadt wurden die Verwaltungsorgane zunehmend mit landwirtschaftlichen Problemen konfrontiert.

Neben der Feldwirtschaft und der Mutterkuhhaltung betrieb das Gut noch eine Rindermast. In dem Ort, der nun zum Stadtteil geworden war, befand sich ein Kälber- und Bullenmaststall.

Es dauerte auch nicht lange und es erschienen zwei Damen vom Umweltamt mit dem Auftrag, die Ställe und Gülleanlagen zu kontrollieren.

Sie wiesen sich aus und erklärten mir, dass sie sich die Kuhställe ansehen wollen und prüfen müssen, ob die Auflagen vom Umweltschutz eingehalten werden. Ein besonderer Schwerpunkt dabei ist die Lagerung von Gülle.

Schon hier erläuterte ich noch freundlich dass wir keine Kühe halten und bei uns auch keine Gülle anfällt. Wir haben nur Mastbullen und die stehen auf Stroh, da fällt nur Festmist an.

Für die Frauen waren schlechthin alle Rinder Kühe und Gülle gehörte einfach dazu.

Wir beließen es dabei und begannen mit der Besichtigung.

Im Bullenmaststall standen 250 Bullen, die in Laufboxen auf Stroh gehalten wurden. Aus den Boxen wurde täglich mit einem Frontlader der Dung auf die betonierte Mistplatte hinter dem Stall geschoben. Eine umweltfreundliche Haltungsmethode mit jahrhunderte alter Tradition.

Gülle fällt dabei nicht an, nur Jauche. Das ist der Sickersaft, der aus dem Dungstapel austritt. Bei Regen vermischt sich das Regenwasser von der Betonplatte mit dem Sickersaft aus dem Stallmist zu einer dunklen dünnen Brühe, der sogenannten Mistjauche. Die wird in einer abflusslosen Grube aufgefangen und von dort aus zur Düngung auf die Felder gebracht.

Die Damen vom Umweltamt sahen sich alles an und waren ganz zufrieden. Einen groben Mangel entdeckten sie jedoch. Um die Jauchengrube zu entleeren, wurde rückwärts mit dem Güllefass HTS 100 herangefahren und der Saugschlauch angekoppelt. Der Platz auf dem der HTS stand war bei uns nur geschottert. Laut Gesetz musste dort aber Beton sein mit einem Abfluss zu Grube. Wir erhielten eine entsprechende Auflage zur Veränderung.

Nun regte sich bei mir doch der Widerspruch. Ich wollte eine Erklärung für diese Auflage. Die Antwort war, dass bei dem Abkoppeln des Saugschlauches einige Tropfen heraus laufen könnten und in das Erdreich versickern. Das ist eine Umweltverschmutzung und deshalb verboten. Ich muss die Frauen sehr ungläubig angeschaut haben uns stellte eine weitere Frage. Die gesamte Anlage ist von einer Grünfläche umgeben. Wenn ich das Grünland einzäune und die Bullen darauf weiden lasse ist das eine natürliche Haltungsform. Die Tiere setzen aber unkontrolliert ihren Kot und Urin ab, der in den Boden eindringt. Die Antwort: „Das können sie machen, Natur ist Natur.“ Als Praktiker verschlägt es einem da regelrecht die Sprache.

Um des lieben Friedens willen haben wir die paar Quadratmeter vor der Grube betoniert.


Der Güllewagen HTS 100

Kurzgeschichten vom Land aus Vergangenheit und Gegenwart

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