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02. Reporter in Gefahr

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Marlene Kemper kennt Benno Marek jetzt schon seit fast vier Jahren. Der kleine Typ mit dem buschigen Schnauzbart arbeitet als Video-Reporter fürs Fernsehen. Es ist mehr als einmal vorgekommen, dass er mit seiner Kamera schon vor der Mordkommission am Schauplatz eines Verbrechens aufgetaucht ist - weil ihn einer seiner Informanten angerufen hat oder Marek wieder einmal illegalerweise den Polizeifunk abgehört hat. Marlene hat bis jetzt immer darüber hinweggesehen, genau wie ihre Kollegen, denn Marek macht stets ruhig und distanziert seine Aufnahmen und stört die Ermittlungen nicht. Gerade deshalb wundert sich die Kommissarin jetzt darüber, dass der Reporter im Moment ziemlich blass an der Wand der Lagerhalle lehnt, in der sich Beamte der Mordkommission um die beiden toten Libanesen kümmern, die hier bei einer Schießerei ums Leben gekommen sind.

»Sie sind wieder einmal einige Minuten vor der ersten Polizeistreife hier gewesen!«, sagt Marlene Kemper tadelnd. »Haben Sie etwa wieder am Polizeifunk gelauscht?«

»Reiner Zufall«, beteuert Marek mit einem schwachen Lächeln. »Ehrlich. Ich war gerade in der Gegend!«

Marlene hat da zwar ihre Zweifel, aber sie lässt die Sache trotzdem auf sich beruhen. Sie bietet Marek ein Pfefferminzbonbon an. Die Hand des Kameramanns zittert ein wenig, als er es sich aus der Schachtel nimmt. Marlene sagt: »Zeugen haben ausgesagt, dass gleich nach der Schießerei eine weibliche Person aus der Halle gestürzt und davongerannt sei. Kurz darauf hat man dann Sie mit Ihrem Kombi vorfahren sehen. Ist Ihnen auf der Zufahrt zur Halle hier eine Frau aufgefallen?«

Marek schüttelt den Kopf. »Nein.« Und sofort erwacht sein Reporterinstinkt: »Halten Sie die Frau für die Mörderin?«

»Sie ist zumindest eine wichtige Zeugin«, meint Marlene Kemper vage, damit Marek sie nicht später zur »gut informierten Quelle« hochstilisiert.

Marek schultert seine Videokamera. »Ich habe meine Bilder im Kasten! Kann ich gehen? Die Redaktion wartet!«

Marlene Kemper sieht dem Reporter nach, wie er in seinen Kombi mit den abgeklebten Seitenscheiben steigt und davonfährt.

Ihr Kollege Nils Krüger kommt aus der Lagerhalle. »Wir haben die Papiere der Toten gefunden. Danach heißen die beiden Ahmed Bahti und Susha Mahrei und kommen aus Beirut. Bloß sehen die Papiere wie Fälschungen aus.«

Gegen Abend haben Marlene Kemper und Nils Krüger schon weitere Ermittlungsergebnisse zusammengetragen. »Die beiden Männer starben durch insgesamt elf Kugeln, die alle aus derselben Waffe abgefeuert wurden!«, sagt Marlene Kemper nachdenklich und blättert im Obduktionsbericht. »Also haben wir es wohl nur mit einem Täter zu tun. Der aber scheinbar sehr erregt war - denn hier steht, dass auf die Opfer auch noch geschossen wurde, als sie bereits tot am Boden lagen.«

Die Fingerabdrücke der Toten sind per Interpol in den Libanon unterwegs, und Krüger sortiert die Informationen, die er von seinen »gut informierten Quellen« in der Unterwelt eingeholt hat. Danach haben die beiden Libanesen in den letzten Tagen überall in der Stadt nach einer Frau namens Leila gefragt. »Allem Anschein nach waren sie wegen einer familiären Sache hinter dieser Frau her!«, fasst er gerade zusammen, als das Telefon klingelt.

Marlene Kemper nimmt ab. »Die Papiere der beiden Libanesen sind in der Tat Fälschungen«, berichtet der Erkennungsdienst. »Inzwischen ist aber auch schon Antwort aus Beirut gekommen; dort hat man die Fingerabdrücke der beiden identifiziert: Kamal und Sagir Moha, zwei Brüder. Auf Nachfrage haben uns die Kollegen im Libanon mitgeteilt, dass die beiden dort zusammen mit ihrem dritten Bruder Mustafa in Drogengeschäfte verwickelt waren. Ihr Bruder Mustafa ist vor drei Monaten von seiner Frau Leila aus Eifersucht erschossen worden. Die Frau ist seitdem verschwunden, und man sagt, dass die beiden Brüder sie nun suchen, um den Mord an Mustafa zu rächen.«

Marlene Kemper notiert sich die Angaben. Nils Krüger hat inzwischen den Fernseher im Büro eingeschaltet. Die Schießerei im Lagerhaus und die beiden Toten sind natürlich der Aufmacher in den regionalen Abendnachrichten. Marlene Kemper sieht die Bilder, die Marek gedreht hat. Dann erklärt der Moderator: »Eine unbeteiligte Zeugin des Vorfalles hat sich bei unserem Reporter Benno Marek gemeldet. Sie möchte anonym bleiben...« Eine unkenntlich gemachte Frauengestalt erscheint auf dem Bildschirm. »Es war schrecklich«, erklärt die Zeugin. »Ich geriet zufällig in die Schießerei. Ein Mann, ganz offensichtlich ein Deutscher, hat wie von Sinnen auf die Libanesen eingeschossen. Selbst als die Brüder schon am Boden lagen hat er noch weitergefeuert.«

Marlene Kemper greift zum Telefon und ruft Benno Marek an. »Marek, ist diese Frau - diese Zeugin - bei Ihnen?«

»Ja«, sagt Marek zögernd. »Ich habe sie in einer Absteige aufgestöbert, nachdem Sie mir von ihr erzählt hatten. Sie sagt, sie sei ganz zufällig am Lagerhaus vorbeigekommen und habe dabei gesehen, wie...«

»Marek«, unterbricht Marlene Kemper ihn. »Diese Frau ist keine unbeteiligte Zeugin, sie ist die Mörderin der beiden Libanesen. Halten Sie sie hin, bis wir bei Ihnen sind, um sie zu verhaften.«

Nils Krüger hat schon seine Dienstwaffe eingesteckt und wartet an der Tür. »Ich verstehe zwar nicht, wie Sie darauf kommen, dass diese Zeugin die Mörderin sein soll, sagt er. »Aber ich vertraue Ihnen mal, Frau Kollegin.«

Was ist Marlene Kemper aufgefallen?

Lösung:

Die angebliche Zeugin sprach im Fernsehinterview von den »beiden Brüdern«, die im Lagerhaus erschossen worden waren - obwohl die beiden Opfer mit falschen Pässen gereist waren und erst kurz zuvor ermittelt worden war, dass es sich bei ihnen um Brüder handelte. Das konnte nur bedeuten, dass die »Zeugin« die beiden Toten kannte - und das traf nur auf die flüchtige Leila zu.

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