Читать книгу So sah ich. Mein Leben. Mein Österreich. Die Welt - Drei Bände. Life is a story - story.one - Hugo Portisch - Страница 16
Pyramiden und Panzer
Оглавление1956 verstaatlicht der ägyptische Präsident Gamal Abdel Nasser die Suezkanal-Gesellschaft und brüskiert damit den Westen und Israel. Noch dazu, wo Nasser mit der Sowjetunion zusammenarbeitet und kommunistische Berater ins Land holt. Davon kann sich Hugo Portisch, der 1956 zum ersten Mal nach Ägypten reist, persönlich überzeugen. Nach der Besichtigung des Suezkanals will er auf der Post in Kairo ein Telegramm an die „Kurier“-Redaktion in Wien aufgeben, doch zunächst wird er dort von zwei Herren in weißen ägyptischen Uniformen in einen Nebenraum gebeten:
Die sprechen Sächsisch. Jetzt war mir natürlich schlagartig klar, die sind aus der DDR, die stehen in ägyptischen Diensten hier und sind die Deutsch-Zensoren. Sie haben mich verhörmäßig befragt, warum und wie ich zum Suezkanal gekommen bin.
Ein Oppositioneller namens Munir lädt Hugo zu einem Segelflug ein.
Wir sind in das Segelflugzeug, einen Doppelsitzer, eingestiegen. Ein Jeep hat uns gezogen und hochgeschleudert und wir sind über den Stadtrand von Kairo geflogen und hinaus in Richtung Pyramiden. Das einzige Mal in meinem Leben, dass ich die Pyramiden gesehen habe. Nachher nie wieder. Dann über die Wüste. Dort deutet der Munir nach unten und zeigt mir eine Unzahl von Panzern, die in der Wüste stehen. Ich konnte sie nicht zählen, aber es waren Dutzende, viele, hundert vielleicht. Das waren T34, sowjetische Panzer. Ich bin außer mir! Das ist eine sowjetische Bewaffnung Ägyptens. Es geht nicht nur um den Suezkanal. Nasser hat eine Bereitschaft zu kämpfen. Entweder für die Verteidigung Ägyptens oder sogar in einem Krieg gegen Israel.
Am nächsten Tag werde ich aufgeweckt, sehr zeitig, so um sechs Uhr. Es ist Munir, der sagt: „Sie müssen sofort mit mir kommen! Nehmen Sie alles mit, Sie verlassen Ägypten.“ Sage ich: „Ich habe noch …“ – „Nichts. Sie haben gar nichts! Sie kommen jetzt mit mir. Sie verlassen Ägypten.“
Ich steige in ein Auto ein, das fährt auf den Flugplatz, direkt aufs Flugfeld. Das Auto bleibt bei einer TWA (Trans World Airlines)-Maschine stehen. Ich gehe durch keine Kontrolle, besteige das Flugzeug. Eine Viertelstunde später hebt es ab und bringt mich über Rom nach Wien.
Später habe ich erfahren, die wollten mich holen, die Herren aus Sachsen. Die wollten mich dann ordentlich verhören dort. Der Munir hat das als kundiger Oppositioneller gewusst und hat mich aus dem Verkehr gezogen. Munir hat das für mich geschafft, und zwar mit voller Absicht, damit die Welt weiß, was mit dem Nasser los ist. Und die Welt hat es von mir erfahren. Denn ich kam nach Wien und habe natürlich das alles brühwarm geschrieben, auch die Panzer, die ich gesehen habe. Wo habe ich damit Schlagzeilen gemacht? In Israel natürlich. Die israelischen Zeitungen haben aufgemacht mit dem Panzer in der Wüste, auch die britischen Zeitungen. So wurde ich eigentlich ziemlich heftig in den Nahostkonflikt eingeschaltet und habe von da an immer eine gute Position gehabt.