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Jede Häuslfrau bei der Partei

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Schon längst ist Hugo Portisch der breiten Öffentlichkeit ein Begriff und nimmt im Radio und Fernsehen für den „Kurier“ regelmäßig an der „Runde der Chefredakteure“ teil, gemeinsam mit den Chefs der anderen wichtigen Tageszeitungen des Landes.

Wenn die Runde getagt hat, waren alle vor den Fernsehschirmen, weil es das einzig wirklich unkontrollierte, unzensierte Forum war, wo Dinge offen ausgesprochen worden sind und wo man ganz hart diskutiert hat. Ich hatte es, gebe ich zu, am leichtesten, weil der „Kurier“ wirklich vollkommen unabhängig war.

… im Unterschied zum damaligen ORF, den die Regierungsparteien ÖVP und SPÖ unter sich aufgeteilt hatten, so wie praktisch ganz Österreich. Proporz nennt man das – er lähmt das Land und erbittert viele Menschen.

Die Leute hatten den Proporz überall satt. Überall! Eine Häuslfrau in Wien konnte nur bestellt werden, wenn sie Parteimitglied war. Wo Stadt, Land und Regierung und Bund was zu reden hatten, musste man der Partei beitreten und der Partei nahestehen, damit man diese und jene Position bekommt. In der verstaatlichten Industrie sowieso.

Im Radio und Fernsehen war’s aber besonders arg. Wenn ein Autobahnstück eröffnet worden ist, dann sind dort der Bautenminister und der Wirtschaftsminister erschienen. Da war ausgemacht: Der wird 16 Sekunden gezeigt und der andere wird auch 16 Sekunden gezeigt. Beide wollen nichts reden. Rede wird nicht gehalten. Die Minister waren teilweise auch gar nicht herzeigbar.

Dann hieß es: So, jetzt ist es Zeit, dass der Herr Bundeskanzler der Bevölkerung etwas mitteilt oder der Herr Wirtschaftsminister oder der Finanzminister. Ruft den Rundfunk an, die sollen ein Team herschicken! Darauf hat der Pressemann oder der Sekretär vom Kanzler fünf Fragen vorbereitet. Der Minister hatte die Antworten vor sich auf dem Schreibtisch liegen. Der Reporter fragte und der Minister hat vor der Kamera das Blatt genommen und die Antwort runtergelesen. Die Geschickteren haben es dann vom Schreibtisch gelesen oder vielleicht vorher intus gehabt, aber selten. Freie Antworten hat es so gut wie nicht gegeben. Das ist schon seit vielen Jahrzehnten unvorstellbar. Es wurde im Fernsehen und im Radio nur gesendet, was die Parteien abgesegnet haben – eine totale Zensur. Selbst in der Unterhaltung war es schwierig. Ein Programm wie der „Watschenmann“, der das Leben in der Republik kritisch beobachtet hat, wurde sofort eingestellt.

Gemeinsam mit über 50 Zeitungen und Zeitschriften startet der „Kurier“ unter Hugo Portisch 1964 das erste Plebiszit in Österreich, das „Rundfunkvolksbegehren“. Es wird ein Riesenerfolg. Obwohl die Regierungsparteien es trotz 832.000 Unterschriften gerne in der Schublade verschwinden lassen würden, wird 1966 unter der ÖVP-Alleinregierung von Josef Klaus mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ der unabhängige öffentlich-rechtliche ORF geschaffen.

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