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ELF SCHÖNE JAHRE BEI PSV EINDHOVEN
Gegen Ende der Saison 1974/75 fragte mich Fortuna, ob ich bleiben wolle. Das wollte ich durchaus, aber nur mit einem deutlich verbesserten Vertrag. 100 Gulden mehr im Monat wollten sie mir zahlen. Ein lächerliches Angebot. Ich habe daraufhin der Tageszeitung De Limburger ein Interview gegeben und gesagt, dass Fortuna viel für wenig Geld haben möchte. Das hat für ziemlichen Wirbel gesorgt. Fortuna war stocksauer auf Theo Vaessen, den Journalisten, der mit mir das Interview geführt hatte. Der Präsident Cas de Quay wollte Theo sogar aus der Vereinsstätte rauswerfen. Ich bin dann dazwischengegangen und habe gesagt, dass ich das alles genauso gesagt hätte. Damit war die Sache beendet.
Genau während dieser Zeit rief mich meine Mutter bei Rosita an, wo ich damals gearbeitet habe, und erzählte mir, dass ich an einem Probetraining bei einem Verein aus Eindhoven mitmachen könnte. „Das Telegramm hat ein van Gelder geschrieben“, sagte meine Mutter noch. Damit konnte es sich nur um die PSV Eindhoven handeln, denn dort war van Gelder Manager.
Ich habe noch gedacht: „Hoffentlich krieg ich hier keinen Ärger“, denn der Firmenbesitzer von Rosita war der Vizepräsident von Fortuna. Ich habe mich dann krankgemeldet und bin zum Probetraining gegangen. Cor Brom hat mich begleitet. Ich war leicht verletzt und habe das auch Kees Rijvers, dem damaligen Trainer von PSV, gesagt. Er hat mich daraufhin gefragt, ob das nicht eine Ausrede sei. Aber es war keine Ausrede, es stimmte wirklich. Ich sagte ihm, dass ich mir nicht sicher sei, ob ich das Training körperlich durchhalten könnte. Zum Glück verlief es dann aber gut. Die PSV suchte damals einen Nachfolger für Björn Nordqvist, den schwedischen Verteidiger.
Ich weiß noch genau, wer damals alles dort gespielt hat. Jan van Beveren, die Gebrüder van de Kerkhof, Harry Lubse, Adrie van Kraaij und Bertus Quaars. Nick Deacy absolvierte am selben Tag ebenfalls ein Probetraining. Ich musste in der Manndeckung gegen Deacy spielen, ein starker Stürmer, das waren Zweikämpfe, die hatten eine ziemliche Wucht. Nach dem Training sagte mir van Beveren, wir würden uns bald wiedersehen. „Mann, das sieht gut aus“, habe ich da gedacht. Deacy und ich konnten tatsächlich beide bleiben.
Mir wurde klar, dass es Adrie van Kraaij gewesen war, der mich Rijvers empfohlen hatte. Schließlich hatte ich so manches Spiel mit Adrie in der U18 gespielt. Lustig war, dass Fortuna kurz bevor ich das Telegramm erhielt, ein Freundschaftsspiel gegen einen schwedischen Verein hatte. Die Schweden Björn Nordqvist, Peter Dahlqvist und Ralf Edström, alle von PSV, saßen dort als Zuschauer.
Nach dem Spiel saß ich beim Bankett neben Edström und sagte ihm, er solle Adrie Grüße von mir ausrichten. „Kennt ihr euch?“, hat Ralf mich gefragt. Ich erzählte ihm, dass wir oft zusammen gespielt haben. Am nächsten Tag richtete Ralf Adrie meine Grüße aus, der sich gleich erkundigt haben soll, was Ralf von mir hält. Das brachte den Stein ins Rollen. Scouts gab es damals noch nicht. Talente wurden eher zufällig entdeckt, sie mussten dann ein Probetraining absolvieren.
Cor Brom hat mich zu den Vertragsverhandlungen mit Eindhoven begleitet. Das brachte mir noch ziemlich viel Kritik ein, mir war das aber egal. Er hat mir einfach nur geholfen, und er wollte auch kein Geld dafür. Ich war sowieso schnell zufrieden, denn ich wollte natürlich unbedingt zur PSV. Und ich wollte einen Zweijahresvertrag. Ich hatte das Gefühl, dass ich so viel Zeit brauchen würde, um mich zu beweisen. Ich glaube, beim ersten Vertrag sollte ich 25.000 Gulden im Jahr verdienen.
Wenn ich innerhalb eines Jahres heiraten würde, sollte ich zudem noch einen Bonus von 10.000 Gulden bekommen. Denn Rijvers wollte, dass die Spieler möglichst schnell unter die Haube kamen, damit Ruhe herrschte. Toos und ich haben dann am 9. Juni 1976 geheiratet und uns schon bald darauf in Eindhoven niedergelassen, in der Jasonstraat. Dort wohnten noch ein paar andere Spieler von der PSV. Zuvor habe ich in Eindhoven noch zur Untermiete bei Frau Ter Voorde gewohnt.
Fortuna hat noch versucht, das Letzte herauszuholen, und bekam schließlich von Eindhoven eine Ablösesumme von 80.000 Gulden [gut 37.000 Euro, bn]. Das war natürlich kein Spitzenpreis, doch für einen Spieler der zweiten Liga wirklich nicht übel. Im Nachhinein betrachtet war es für die PSV ein super Geschäft, denn ich habe ihnen elf Jahre viel Freude bereitet.
Anfangs hatte ich es bei Eindhoven nicht leicht. Rijvers sagte mir nach einem halben Jahr, dass ich es wahrscheinlich nicht packen würde, weil ich nicht schnell genug sei, um auf der Mittellinie zu verteidigen. Vielleicht hat er das nur zu mir gesagt, um mich anzustacheln. Jedenfalls habe ich danach zusätzlich noch in der zweiten Mannschaft trainiert. Somit hatte ich dreimal täglich Training. Das hat sehr geholfen. Ich habe gemerkt, dass es immer besser lief. Am 7. März 1976 gab ich dann mein Debüt in der ersten Mannschaft gegen den FC Den Haag. Pleun Strik war verletzt, mein Gegenspieler war Henk van Leeuwen. Wir haben 2:0 gewonnen, und ich habe sogar ein Tor geschossen, mein erster Treffer in der ersten Mannschaft.
Kurz darauf haben wir im Viertelfinale im Europapokal der Landesmeister, der heutigen Champions League, gegen Hajduk Split gespielt. Mein Gegenspieler war Ivica Šurjak, ein feiner und sehr schneller Fußballer. Das Auswärtsspiel hatten wir 0:2 verloren, im Rückspiel gewannen wir aber 3:0. Damit waren wir im Halbfinale, in dem wir dann jedoch Saint-Étienne unterlagen und so das Finale verpassten.
Kurz vor dem entscheidenden Spiel um die Meisterschaft 1976 gegen unseren Rivalen Feyenoord brach ich mir im Training das Wadenbein. Ich führte eine Grätsche aus, blieb stecken und stürzte über meine eigene Wade. Ich hatte zwar Schmerzen, dachte aber, es sei nicht so schlimm. Auf Anraten des Masseurs Jacques van de Ven bin ich zur Sicherheit dann doch mit dem Auto ins Krankenhaus gefahren, um das Bein röntgen zu lassen. Zu meiner großen Überraschung war es gebrochen. Sechs Wochen steckte mein Bein dann in einem Gipsverband. Ich bin sogar am 9. Juni auf meiner Hochzeit noch mit einem Gips am Bein herumgelaufen. Danach brauchte ich lange, um wieder in meinen Rhythmus zurückzufinden.
In der folgenden Saison hatte ich erst im Oktober wieder meine alte Spielstärke erreicht und habe kurz darauf wieder in der Liga gespielt. Damals noch oft als rechter Außenverteidiger, weil Kees Krijgh verletzt war. Später dann häufig als offensiver Mittelfeldspieler. Am liebsten spielte ich aber als Sechser im zentralen Mittelfeld. Mir lag es eher, meinen Gegenspieler auszuschalten. Dann habe ich möglichst schnell den Ball einem Spieler zugespielt, der mehr damit anstellen konnte als ich, meistens war das Willy van der Kuijlen. Deshalb hat Willy auch gerne mit mir zusammengespielt, und zudem war das auch zum Vorteil für die Mannschaft.
In der niederländischen Nationalmannschaft spielte ich in einigen Partien im offensiven Mittelfeld mit Ruud Krol und Michel van de Korput hinter mir. Der Gegner ließ mich dann möglichst oft an den Ball, denn sie wussten, dass ich damit nicht so viel anstellen konnte wie die Spieler, die die Fähigkeit hatten, ein Spiel zu eröffnen und zu lenken.
Ich war ein sehr nützlicher Mannschaftsspieler. Meinen Gegnern war ich nicht gerade angenehm, aber meine Mitspieler und meine Trainer waren sehr glücklich, dass ich dabei war. Ich hatte einen ziemlich guten Schuss, aber den letzten Pass, den hatte ich nicht drauf. Von zehn Pässen, die ich weiter als 50 Meter spielte, kamen vielleicht vier an, bei Willy van der Kuijlen waren es neun. Ich habe ihm sozusagen den Rücken frei gehalten. Wenn jemand Willy einen Tritt versetzte, dann kam er mir besser nicht zu nahe, denn sonst hätte er schnell zu spüren bekommen, dass ich für Willy da war.
Dass ich auf verschiedenen Positionen gespielt habe, sogar als linker Außenverteidiger, habe ich niemals als Nachteil für meine Entwicklung empfunden, im Gegenteil. Besonders als Trainer konnte ich später von diesen unterschiedlichen Erfahrungen profitieren. Ich wusste zum Beispiel genau, was man zu tun hatte, wenn man im Mittelfeld spielte.
Der Höhepunkt meiner elf Jahre bei der PSV war natürlich der Gewinn des UEFA-Pokals 1978, der heutigen Europa League, mit zwei Finalspielen gegen den SC Bastia aus Frankreich. Auswärts ging es 0:0 aus, und das Rückspiel in Eindhoven haben wir mit 3:0 gewonnen. Wir wurden noch zwei weitere Male niederländischer Meister, insgesamt dreimal.
Während meiner Zeit bei Eindhoven habe ich noch fünf oder sechs Jahre im Autohaus Van de Ven in Hapert gearbeitet und mich dort ums Leasing gekümmert. Ich wollte immer noch ein weiteres Standbein haben und nicht ganz aus dem normalen Leben raus sein. Falls nichts aus meiner Fußballerkarriere würde, wollte ich in irgendeinem Betrieb arbeiten. Wenn ich nicht bei der PSV war, habe ich in meiner freien Zeit bei Van de Ven gearbeitet. Ich bin dann ab mittags gegen ein Uhr bis nachmittags um vier zu den Kunden gegangen. Die Arbeit hat mir sehr gefallen. Sie war für mich auch eine Art Ablenkung vom Fußballerleben. Meine Trainer aus dieser Zeit haben das auch sehr befürwortet.
Während meiner Anfangszeit in Eindhoven hatte ich einen besonders guten Draht zu Ralf Edström. Wir haben uns auch privat angefreundet, und ich habe noch heute Kontakt zu ihm. Die anderen aus dem Team, wie Adrie van Kraaij, Harry Lubse und Willy van der Kuijlen, sieht man immer wieder mal, aber Ralf leider nicht, da er zurück in Schweden ist.
Ich weiß noch genau, wie Ralf beim Training einmal zu mir sagte, er würde mich tunneln. Ich habe geantwortet: „Geht in Ordnung, aber dann liegst du nachher auf der Trage.“ Aber er hat mich dennoch dreimal getunnelt … Der Kerl hatte es dermaßen drauf, und mit seinen langen Gräten war er überall. Er war ein außergewöhnlicher Fußballspieler und auch ein ganz besonderer Mensch. Im Zentrum habe ich meistens mit Adrie van Kraaij gespielt, der dann als aufrückender Libero fungierte und ich als Manndecker. Manchmal habe ich mit Ernie Brandts gespielt, ein ähnlicher Typ wie ich. Dann waren wir defensiv stärker, fußballerisch aber schwächer. Adrie und ich ergänzten uns ausgezeichnet. Während meiner letzten Jahre bei Eindhoven habe ich noch mit Ruud Gullit als Libero gespielt. Ruud drang dann oft ins Mittelfeld vor und hat viele Tore geschossen.
Ab 1979 lief es bei der PSV nicht mehr so gut. 1980 wurde Thijs Libregts Trainer, aber zwischen ihm und dem Team hat es nicht funktioniert. Ich hatte keine Probleme mit Thijs, viele andere Spieler aber schon. Van Kraaij kam zum Beispiel überhaupt nicht mit Libregts zurecht. Doch wenn Thijs und ich uns heute über den Weg laufen, haben wir uns immer etwas zu erzählen. Das ist richtig schön. Als ich in Saloniki gearbeitet habe, da hat er mich dort besucht.
Es lag an Thijs, dass einige, insbesondere jüngere, Spieler den Verein verließen, was den Altersdurchschnitt zunehmend angehoben hat. Er hatte auch Teddy Maybank für eine Million Gulden zum Verein geholt, ein englischer Stürmer, der aber offenbar ein kaputtes Knie hatte. Das alles hatten wir Thijs zu verdanken.
Ich weiß noch, wie wir mit Thijs eine Reise nach Mexiko unternommen haben, um dort gegen ein paar einheimische Mannschaften zu spielen. Wir haben aber letztlich nur ein einziges Spiel absolviert, das wir 1:0 gewannen. Danach war das Publikum dermaßen enttäuscht, dass es alles Mögliche aufs Feld geworfen hat und wir nicht mehr vom Platz heruntergekommen sind. Nach dem ganzen Tumult fanden keine weiteren Spiele mehr statt. Wir hockten in Guadalajara und haben sieben Tage nichts anderes gemacht, als mit Piña Colada am Pool zu liegen. Das war natürlich eine wunderbare Zeit, und unseren Urlaub hatten wir auch noch vor uns. Wir haben viele schöne Reisen unternommen. Nach Saisonende waren wir zweimal in Südkorea. Ein atemberaubendes Land. Wir waren dort drei Wochen. Aber wir mussten auch was leisten, denn drei Wochen jeden Abend ausgehen, das war nicht drin. Zudem mussten wir auch ein bisschen Reklame für Philips machen.
Jan Reker habe ich in Eindhoven zweimal als Trainer erlebt. Einmal als Interimstrainer nach Rijvers’ Weggang im Januar 1980 und dann nach Libregts’ Abschied. Ich bin gut mit ihm ausgekommen, ein ganz normaler Kerl, der Trainer geworden ist. Ich war für ihn eine Art Berater. Er hatte noch nicht so viel Trainererfahrung.
Schwierigkeiten hatte ich allerdings mit Arie Haan, der 1983 zur PSV kam. Arie befand sich eigentlich schon im Herbst seiner Karriere, wollte uns aber noch kurz die Show stehlen. Er gab ein Tempo vor, bei dem man einfach nicht mithalten konnte. Irgendwann sollten wir im Training eins gegen eins spielen, mein Gegner war Haan. Ich habe kurzerhand ein hartes Tackling eingesetzt, so bin ich nun mal. Ich spielte, wie ich trainierte, und andersherum. Also wollte ich auch Arie besiegen und habe ihm einen harten Stoß versetzt. Er wirkte danach beim Spiel gehemmt und hat nie wieder sein altes Niveau erreicht. Ehrlich gesagt habe ich das noch nicht einmal bedauert, aber ich habe ihn bestimmt nicht extra verletzt.
Auch beim Spiel 1981 gegen AZ Alkmaar habe ich mal jemandem einen fiesen Tritt verpasst, und zwar Pier Tol. AZ Alkmaar spielte eine wunderbare Saison und wurde sogar Meister. Wir haben das Spiel in Eindhoven mit 0:3 verloren. Irgendwann zog Pier Tol an einigen Spielern vorbei und hielt provozierend an der Torlinie an, bevor er den Ball im Tor versenkte. Ich habe mich schwarz geärgert, wurde wahnsinnig wütend und habe ihm einen Tritt in den Hintern verpasst. Das macht man natürlich eigentlich nicht.
Ich habe noch nicht einmal eine Gelbe Karte bekommen, gar nichts. Damals gab es viel weniger Kameras als heute, sonst hätte ich bestimmt eine Sperre aufgebrummt bekommen. Der Tritt hat aber doch für einigen Wirbel gesorgt und viel Empörung hervorgerufen. Das war auch wirklich nicht in Ordnung von mir, ich schämte mich deswegen, aber Pier war nicht verletzt. Am Abend habe ich ihn angerufen und mich bei ihm entschuldigt. Er hat es sportlich genommen. Ansonsten habe ich mir während der elf Jahre in Eindhoven kaum etwas zuschulden kommen lassen. Ich war hart, habe mich für mein Team eingesetzt, habe aber immer versucht, respektvoll zu sein. Nur ein einziges Mal habe ich eine Rote Karte gesehen, das war 1982 nach einem Streit mit David Loggie, einem beinharten Stürmer von Sparta Rotterdam. Und ich glaube, ich habe auch mal zwei Gelbe Karten bekommen. Über elf Jahre verteilt geht das ja wirklich noch.
Manchmal konnte ich mich nur schwer beherrschen, zum Beispiel bei Jesper Olsen. Der hat während des Spiels die ganze Zeit an mir geklebt, richtig unangenehm war das. Er wollte eine Rote Karte provozieren, zudem war er ein richtig fieser Kerl. Tscheu La Ling konnte einem auch ziemlich lästig werden, aber er machte das auf eine andere Art.
Wirklich schwierige Gegenspieler waren auch Dick Nanninga und Leo van Veen. Gegen Dick musste man sich richtig abkämpfen. Wenn der hochsprang, dann kam man nicht mehr an den Ball heran. Leo war sehr gerissen. Und dann war da noch der damals 17-jährige René Eijkelkamp. Der war einem mit seinen langen Beinen immer einen Schritt voraus. Nicht auszuhalten! Ich habe lieber gegen Spieler wie Ruud Geels und Cees van Kooten gespielt.
Jan van Beveren hatte immer Angst vor Nico Jansen. Eines Tages mussten wir wieder gegen Feyenoord Rotterdam antreten, und ich habe zu Jan gesagt: „Heute brauchst du dir wegen Jansen mal keine Gedanken zu machen!“ Das Spiel hatte gerade erst angefangen, und schon verpasste ich Nico einen Stoß, begleitet von den Worten: „Jansen, heute machst du mal keine Probleme, sonst kriegst du es mit mir zu tun!“ Und siehe da, Nico verhielt sich ruhig.
Manchmal ist es angebracht, den anderen einzuschüchtern. Das klappt nicht bei jedem. Man versucht sie zu provozieren, lässt Bemerkungen über ihre Mutter oder ihre Frau fallen. Früher war das ganz normal. Ich glaube, heute sind die Spieler sozialer geworden. Aber gut, da haben wir es wieder: Ich wollte um alles in der Welt gewinnen. Mein Gegner durfte einfach keinen Sieg nach Hause tragen.
Ruud Geels reagierte ziemlich empfindlich auf Provokationen, Dick Nanninga hingegen überhaupt nicht. 1978 habe ich im UEFA-Pokal auch gegen Cruyff gespielt. Er war damals bei Barcelona, und es war einfach wunderbar. Das Heimspiel haben wir 3:0 gewonnen. In Barcelona verwandelte Johan zwei Elfmeter, und das Spiel endete 3:1. Wir waren also weiter.
Jan Poortvliet hat direkt gegen Johan gespielt, ich musste hinter Jan absichern. Wenn Johan an Jan vorbeikam, war ich gefordert, Johan zu bremsen. Wir gerieten dann manchmal aneinander, aber ich muss sagen, dass er ausgesprochen gelassen damit umgegangen ist. Genauso gut steckte er auch eine Niederlage weg. Johan lief auf dem Feld, als sei nichts passiert, obwohl er es doch hasste, zu verlieren. Er ließ sich das nie anmerken. Diese Gabe hatte ich nicht. Wenn wir verloren hatten, war ich ungenießbar, auch zuhause. Wenn der Gegner uns stark überlegen war, fiel es mir leichter, aber auch dann habe ich immer versucht, das Beste aus der Truppe herauszuholen, um irgendwie doch noch zu gewinnen.
Die Spiele gegen Barcelona sind ein gutes Beispiel dafür. Barcelona hatte eine unglaublich gute Mannschaft, und wir befanden uns immerhin im Halbfinale des UEFA-Pokals. Ich erinnere mich noch gut daran, wie sauer Rijvers auf mich war, weil ich in Barcelona nicht die Klappe halten konnte und über die Spanier geschimpft habe. Die Zweikämpfe zwischen dem Bär Migueli und Deacy waren wirklich eine Wucht, einfach unglaublich!
Als sehr unangenehm habe ich die Drohbriefe empfunden, die ich 1985 irgendwann bekam. Mein Sohn Maikel war noch im Kindergartenalter, und ich erhielt Briefe, in denen stand, dass sie ihm etwas antun würden, wenn wir ein bestimmtes Spiel gewinnen würden. Auch andere Spieler haben solche Drohbriefe bekommen. Unser Haus stand deswegen ein paar Tage unter Polizeischutz. Wir haben da nicht viel von mitbekommen, man konnte nur den Polizeiwagen vor unserer Tür sehen. Allerdings habe ich deswegen ein paar Nächte kaum geschlafen, aber man muss da einfach durch. Das Spiel haben wir übrigens gewonnen, und es ist zum Glück nichts passiert.
Als ich Trainer bei Roda Kerkrade war, habe ich etwas Ähnliches erlebt, nachdem wir Ende 1994 3:0 gegen die PSV gewonnen hatten. Als wir am Morgen nach dem Spiel ins Erdgeschoss unseres Hauses kamen, sahen wir, dass die Vorhänge sich bewegten. Offenbar hatte jemand einen Backstein ins Fenster geworfen. Wir hatten davon in der Nacht nichts mitbekommen. Wir konnten den Backstein zunächst auch nicht finden, aber dann haben wir ihn doch noch in einem Blumenkasten entdeckt. Auch bei Schalke wurde ich einmal bedroht, das war in der Zeit, als es mit dem Verein nicht so gut lief. Die Vereinsleitung bekam sogar Morddrohungen. Damals haben wir dann mit kugelsicheren Westen auf der Trainerbank gesessen. Als ich bei Hertha war, hatten wir auch einmal Polizeischutz bei uns zuhause. Ich konnte damit recht gut umgehen, anderen fiel das nicht so leicht.
In meiner letzten Saison in Eindhoven bekam ich Probleme mit Hans Kraay sr., dem Chef von Jan Reker bei der PSV. Zum Saisonstart wurde ich noch nicht einmal aufgestellt. Kraay wollte Willy van de Kerkhof und Ernie Brandts in der Zentrale im Mittelfeld haben. So sah seine Wahl aus, aber ich wusste, dass das nicht funktionieren würde. Sie harmonierten nicht, lenkten nicht. Das hab ich auch zu Kraay gesagt.
Das dritte Spiel haben wir mit 1:2 gegen den FC Den Bosch verloren, und ich saß wieder auf der Bank. Das war an einem Mittwoch. Am Samstag mussten wir zuhause gegen Fortuna spielen. Nach der Niederlage gegen Den Bosch saßen wir auf der Rückfahrt im Bus und spielten gerade Karten, als Reker zu uns kam. Er sagte, dass Kraay mich kurz sprechen wolle. Ich habe ihm geantwortet, Kraay solle doch bitte schön selbst nach hinten kommen, denn ich war noch immer stocksauer.
Jan sagte, ich solle am nächsten Abend in der zweiten Mannschaft spielen. Ich erwiderte: „Und am Sonntag soll ich dann bei den Amateuren mitspielen.“ „Ach, hör doch auf!“, sagte Jan da, aber ich ahnte nichts Gutes.
Als wir in Eindhoven angekommen waren, stiegen wir aus dem Bus. Die Auswechselspieler sollten die Taschen tragen, aber ich dachte nicht daran. Als ich zu meinem Auto kam, stand dort Hans Kraay. Er teilte mir mit, dass ich am nächsten Morgen zu ihm kommen solle. „Und was soll ich da?“, fragte ich ihn. „Ich soll morgen Abend doch in der zweiten Mannschaft spielen!“ Ich sollte bei der Nachbesprechung des Spiels gegen Den Bosch dabei sein, obwohl ich gar nicht mitgespielt hatte. Aber egal, ich bin also dahin, und in der Nachbesprechung ging es fast die ganze Zeit um mich: Welche Mentalität ich hätte, dass ich gut coachen würde, dass die anderen nie den Mund aufmachten und solche Sachen.
Nach der Besprechung habe ich im Vereinslokal bei Harry van Kemenade einen Kaffee getrunken und Zeitung gelesen. Plötzlich stand Kraay wieder neben mir und sagte, er würde sich das Spiel der zweiten Mannschaft anschauen. Ich solle im Spiel nicht übertreiben, den Ball laufen lassen, keine Risiken eingehen und wieder einen Rhythmus finden. Es könne durchaus vorkommen, dass ich irgendwann wieder „back in town“ sei, meinte er. Zum Spaß erwiderte ich: „Aber ich habe die Stadt doch gar nicht verlassen!“ Im Spiel der zweiten Mannschaft habe ich zwei Tore geschossen und gab drei Vorlagen. Ich sollte ja schließlich nicht übertreiben. Ein echter Witz!
Samstag haben wir dann gegen Fortuna gespielt. Die hatten John Linford als Stürmer. Meine Position war wieder im zentralen Mittelfeld. Wir gerieten mit 0:1 in Rückstand. Kraay ging daraufhin auf Risiko, wollte stärker angreifen und wechselte mich aus, um einen zusätzlichen Offensivspieler zu bringen. Ich bin in die Umkleide gegangen, um zu duschen, da kam Kraay plötzlich herein. „Bravo“, sagte er. „So möchte ich dich auch in den nächsten Spielen sehen.“ Nach meiner Auswechslung haben wir tatsächlich gewonnen, aber gut, was soll’s.
Das nächste Spiel war ein Auswärtsspiel gegen Ajax, das wir mit 4:2 gewonnen haben. Auch diesmal war ich dabei. Am nächsten Tag bekam ich die Nachricht, dass ich wieder in der niederländischen Nationalmannschaft spielen sollte. Und das nach nur zwei Spielen in der Liga! So verrückt kann Fußball manchmal sein!
Es war ein schönes letztes Jahr bei der PSV. Wir wurden mit acht Punkten Vorsprung vor Ajax Meister. Es gab auch immer viel zu lachen, besonders mit René van der Gijp. Eines Tages geriet René mit Kraay beim Training aneinander und wurde rausgeschickt. René ging zur Umkleide, und Kraay sprintete ihm hinterher. Aber die Tür war bereits zugeschlagen, und Kraay knallte voll dagegen. Ziemlich lustig!
Wenn jemand Geburtstag hatte, dann spendierte er eine Runde Windbeutel. Einmal war es wieder so weit, und René hatte den Windbeutel von Kraay mit Rasierschaum gefüllt. Wir konnten uns vor Lachen nicht mehr halten. Ich kam gut mit René aus.
Im Verlauf der Saison habe ich mich mehrmals verletzt, und Adick Koot sprang oft als Vorstopper ein. Ich wurde sogar am Fuß operiert, weil ein Knochen sich gelockert hatte. Beim letzten Spiel der Saison, am 10. Mai 1986, einem Heimspiel gegen Go Ahead Eagles, das wir 8:2 gewannen, ließ Kraay mich während das ganzen Spiels auf der Bank. Typisch Kraay.
Ich hatte den Entschluss gefasst, aufzuhören, auch wegen der Erfahrungen mit Kraay. Zudem hatte ich ein Angebot von der PSV bekommen, Jugendkoordinator zu werden. In meinem letzten Jahr als Fußballer hatte ich bereits die C-Jugend trainiert, was mir sehr gefiel. Andere Vereine waren ebenfalls an mir interessiert, allerdings als Spieler, darunter der MVV Maastricht und FC Twente Enschede, wo Rijvers damals der technische Leiter war. Das kam für mich aber nicht in Frage, auch weil ich nicht mehr in Topform war. Ich war 32 und spürte inzwischen mein Alter. Zudem hätte ich Erwartungen zu erfüllen gehabt, wenn ich zu einem anderen Verein gewechselt wäre. Das habe ich dann lieber sein lassen.
Während meiner Jahre als Fußballspieler bei Eindhoven war Jacques van de Ven der Mannschaftsbetreuer. Für mich war er eine PSV-Ikone. Jacques hat mir sehr oft ganz wunderbar geholfen. Wir treffen uns manchmal noch auf dem Golfplatz. Harry van Kemenade war auch ein ganz besonderer Mensch. Er hat all die Jahre die Vereinsgaststätte geführt. Passte ihm etwas nicht, dann hat er das auch gleich gesagt. Ein ausgesprochen netter Mann, der viel zu früh gestorben ist. Seine Kinder haben das Lokal dann weitergeführt. Ich war bestimmt noch zwei Jahre Stand-by-Spieler bei der PSV. Am Morgen habe ich beim ersten Training mitgemacht, und den Rest des Tages war ich dann Jugendkoordinator.