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Kunaxa
ОглавлениеMit zirka 13.000 griechischen Söldnern – Hopliten im Kern, dazu Leichtbewaffnete und anderen Spezialisten wie Bogenschützen aus Kreta – und einer wahrscheinlich ähnlich großen Zahl von einheimischen Kriegern aus seinem Amtsbereich in Kleinasien – marschiert Kyros nach Osten. Die Armee des Großkönigs, durch Falschmeldungen verzögert, stellt sich ihm erst im Tiefland des Irak, bei Kunaxa, einem Ort etwas nördlich von Babylon am Euphrat. Xenophons Schilderung der Schlacht ist die ausführlichste, allerdings gibt es berechtigte Zweifel an seiner Version der Ereignisse. Laut seiner Darstellung bilden die Griechen den rechten Flügel der Rebellenarmee. Ihre Flanke ist durch den Euphrat gedeckt. Als die Schlacht beginnt, weichen die ihnen gegenüberstehenden persischen Truppen schon zurück, als die Phalanx auf sie losstürmt. Ihre Leichtbewaffneten sind durch die Reiterei des Großkönigs von der Phalanx abgedrängt worden, also machen sich die schwer gepanzerten Hopliten selbst an die Verfolgung der Feinde, entfernen sich dabei weit vom Kampfgeschehen. Inzwischen kämpft der linke Flügel, der aus den einheimischen Kriegern des Kyros besteht, gegen eine feindliche Übermacht, die – wenn auch vielleicht nicht so gewaltig, wie von Xenophon überliefert – doch groß genug gewesen sein muss, um die Schlachtordnung der rebellischen Prinzen an dieser Seite deutlich zu überflügeln. Kyros selbst startet im Zentrum einen Reiterangriff auf die Standarte seines Bruders, kämpft sich heldenhaft an der Spitze seiner Leibwache durch das Zentrum des feindlichen Heeres und wird – ebenso dramatisch wie tragisch – kurz vor dem Ziel durch einen Speer verwundet, überwältigt und getötet. Während der Prinz und seine Träume in den Staub sinken, stehen seine griechischen Söldner unbesiegt auf dem Schlachtfeld. Xenophon gibt Klearchos als Oberkommandierenden der Griechen die Schuld am Tod des Kyros. Nach dem Befehl des Prinzen hätte er nach dem Sieg über den gegnerischen linken Flügel einschwenken und das Zentrum angreifen sollen, auf das Kyros seinen wagemutigen Sturmangriff führte. Klearchos indes fürchtet, durch diesen Schwenk seine Flanke – immer die Schwachstelle einer Phalanx – angreifbar zu machen und verweigert diesen Befehl. Söldner sind sich halt vor allem selbst die Nächsten. Möglicherweise hatte Klearchos aber auch erkannt, dass der persische Flügel, der vor den schwerfälligen Hopliten so rasch zurückgewichen war, ja noch intakt im Feld stand. Der Schwenk wäre tatsächlich selbstmörderisch gewesen. Das wiederum eröffnet die Möglichkeit, dass sein Gegner auf der anderen Seite, der Perser Tissaphernes, bewusst vor dem gefürchteten Ansturm der Phalanx zurückgewichen war – nachdem er vorsorglich die leichten Truppen des Gegners durch Reiterei von den Hopliten getrennt hatte. Ein vorgetäuschter Rückzug also und ein Hinweis darauf, dass die Perser die Stärken und Schwächen ihrer griechischen Gegner achtzig Jahre nach Marathon gut genug kannten. Einem direkten Ansturm einer Phalanx in geschlossener Formation war tatsächlich kein östliches Heer gewachsen. Die leichtere Panzerung, schwächere Schilde, kürzere Speere und die Wirkungslosigkeit der bevorzugten Waffe der Perser, des Bogens, gegen die Hopliten wirkten sich hier zu ihren Ungunsten aus. Doch gleichzeitig waren die Truppen des Großkönigs beweglicher und nicht minder diszipliniert, hätten ein solches Manöver also durchaus hinkriegen können. Das auffälligste Indiz, dass die Griechen einer Finte aufgesessen waren, ist, dass sie nur einen einzigen Mann verloren, aber auch nirgends berichtet wird, dass sie auch nur einen Gegner töteten! Noch verdächtiger ist der Umstand, dass die von der Phalanx abgedrängten Leichtbewaffneten ebenfalls nicht angegriffen wurden. Was hatte der Perser Tissaphernes, ein alter Konkurrent des Kyros, vor? Hatte er ein Interesse daran, die Söldnertruppe intakt und aus der Schlacht herauszuhalten? Gab es weitergehende Abmachungen? Wie auch immer die Schlacht von Kunaxa tatsächlich abgelaufen ist, die siegreichen Loyalisten sehen sich nun dem Problem gegenüber, dass eine weitgehend intakte Söldnerarmee mitten im Reichsgebiet steht. Gefährlicher noch als gut bezahlte Söldner sind unbezahlte! Die Frage, was mit den 10.000 aber nun geschehen soll, ist der eigentliche Inhalt von Xenophons Abenteuergeschichte.