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Perspektiven

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Der Akram Weg hat sich vor dem Hintergrund der indischen Tradition geöffnet. Dieses sozusagen geöffnete „Tor“ scheint also zunächst für den Westler besonders eine speziell indische spirituelle Herkunft zu haben, genauso wie sich aus seiner Sicht die Akram Bewegung in Indien in ihrer derzeitigen kulturellen Umgebung einfügt. Nichtsdestotrotz wird er mit Freude feststellen, wenn er als westlicher Besucher zu einer Akram Vignan Zeremonie nach Indien reist, dass der kulturelle Unterschied und der traditionelle Hintergrund für ihn keine Hürde darstellt – weder in der Zeremonie selbst noch im Zusammenspiel mit den Menschen in Satsang und Sangha. Die eigentliche und wunderbare Erkenntnis und Wirkung des Gnan5 verbindet auf einer Ebene die gemeinsame wie individuelle Erfahrung der Menschen. Lediglich die philosophischen Beschreibungen des Akram Weges, die auch die Institution des Gnani Purush und seine Ermächtigung beinhaltet, mögen in den Ohren unseres Kulturkreises eher fremdartig klingen, was sich auch in der angebotenen Lektüre in deutscher Übersetzung niederschlägt. Für den eigentlichen Prozess des Gnan Vidhi aber, egal, ob er in Indien oder in einem westlichen Land geschieht, sind diese Grundlagen von fast nebensächlich zu nennender Bedeutung. Sie haben keine wirklich praktischen Auswirkungen oder Abweichungen der Effekte der Zeremonie zur Folge.

Es mag natürlich den neugierigen Leser interessieren, was darunter zu verstehen ist. Ich möchte es dennoch nur in Kürze anschneiden und stichpunktartig zusammenfassen. Es gibt eine Vielzahl Begriffe, die – in Sanskrit – symbolische Bedeutungen haben, die uns hierzulande nicht geläufig sein mögen. Dazu gehören die verschiedenen Bezeichnungen und Differenzierungen im Verständnis von Karma genauso wie die verschiedenen Namen für die Gnanis und Mahatmas – wir würden hierzulande sagen: Lehrer und Schüler, aber das trifft es nicht ganz, denn weder lehrt noch schenkt der Gnani Erleuchtung bzw. Wege zur Erleuchtung, sondern er ist vor allem eine Qualität, eine Präsenz und eine Verwirklichung, die sich spürbar auswirkt.

Die Zeremonien, die Gebete, Mantras und wörtlichen Formeln, wie z.B. die ausgesprochene „Entschuldigung“, bilden eine breite Palette der – wir würden im Christlichen vielleicht liturgischen dazu sagen – Anwendungen, welche die Präsenz im Alltag unterstützen. Jedoch ist der westliche Nehmer von Gnan mit der Verinnerlichung der 5 essenziellen Agnas6 (Sätze/Prinzipien) bestens bedient und benötigt grundsätzlich kein detaillierteres Wissen der indischen Hintergründe und Kontexte der Zeremonie.

Außerdem erinnert die für uns eher auffällige Ehrerbietung und hoheitliche Anrede der Gnanis vielleicht sogar ein wenig an die Niederwerfungen katholischer Gläubiger, was womöglich sogar abstoßend, bestenfalls antiquiert wirken mag. Insgesamt aber fügen sich diese Gesten und rituellen Handlungen ein in ein Verständnis und in eine Tradition, die damit tiefer und selbstverständlicher verwurzelt ist, als es sich in diesem Rahmen hier beschreiben ließe. Auch sind diese nicht automatisch mit einem hierarchischen Verständnis verbunden, so wie wir es in einer stark individualisierten Kultur des westlichen Ego für schwierig halten könnten. Im Gegenteil, der fernöstliche Adept (Schüler) bezieht sich darin natürlicherweise auf Respektbekundungen, wie sie in seiner Heimat ganz üblich und nützlich sind, wenn er sich der prozessualen Verwirklichung seiner vollzogenen Erhellung im Alltag widmet.

Die momentan verfügbaren Übersetzungen der Broschüren bieten inhaltliche Aussagen über die kulturelle und spirituelle Einbettung des Akram Weges in das Spektrum aller religiösen Erscheinungen der indischen Gegenwart, aber auch weltweit. Dem Leser werden dabei auch auf den ersten Blick etwas unbescheiden wirkende Selbst-Formulierungen des Gnani ins Auge fallen, manche Selbst-Erklärungen werden womöglich sogar moralisch gedeutet oder verstanden. Allerdings ist das aus meiner Sicht eine Frage der sprachlichen Übersetzung, die die feine Differenzierung des fernöstlichen Selbst-Verständnisses nicht ausreichend wiederzugeben vermag. Der Leser mag sich dessen bewusst werden, dass er es darüber hinaus mit einem Problem der fehlenden Verständigung über die Unterschiedlichkeiten der Werte zu tun hat – so, wie es schon immer eine Frage der religiösen Werte gewesen ist. Während sich in unserer Zeit eine Abkehr von der Selbst-Verherrlichung religiöser Oberhäupter vollzieht – im Westen, ist eine solche Bewegung dem Inder eher fremd, denn normalerweise zeigt ein geistiger Meister dort seine Kompetenz mit der natürlichen Würde der Verwirklichung für(!) die Anderen, nicht aber der Ermächtigung über die Anderen.

Unabhängig davon steht – was die Perspektiven der Zukunft betrifft – die Aussicht auf das Ende aller Suche und die Liberation, die Befreiung auf verschiedenen Ebenen an erster Stelle, nämlich Freiheit von …, Freiheit für …, Freiheit zu … und die Freiheit in der persönlichen Erfahrung zu gewinnen.

Eine der bedeutendsten Perspektiven, aus denen diese Art des Erwachens lebt, spricht und sich ausdrückt, ist die Dimension der „Liebe“ – eine universell zu nennende und gleichermaßen verstandene Grundlage aller spirituellen Ausrichtungen. Das ist die gemeinsame Sprache, die die Kompatibilität ausmacht, nicht lediglich Meditationspraxis oder andere formale Gleichheiten. Die Bezogenheit auf die Lebensbejahung der Liebe, auf die verbindliche und unterstützende, respektvolle und zugewandte Seite des Lebens, die nicht anders als mit dem Wort Liebe beschrieben werden kann. Diese global und universal verstandene Größe bildet auch in der Akram Vignan Bewegung – bis in die Sangha (Gemeinschaft) hinein – die wichtigste soziale und emotionale Grundlage des Miteinanders.

Mit der zentralen Rolle der Liebe – in persönlichen und überpersönlichen Aspekten – ist das Glück als Urwunsch der ganzen Schöpfung unmittelbar verknüpft. Die Bemühungen, die Gnade des Erwachens dazu zu nutzen, Liebe tief zu verankern, zu fühlen, zu empfangen und zu verschenken, bilden den Hauptstrang der Ausrichtung, denn – wie in vielen anderen Schulen auch – wird hier das Ego nicht als maßgeblicher Aspekt des Seins oder der Seele angesehen und daher überwunden.

Befreiung durch Gnade

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