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KAPITEL 5

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»Adam«, begrüßte Colton danach meinen ehemaligen Nachbarn freundlich und klopfte ihm kumpelhaft gegen die Schulter. Offensichtlich hatte nur Madison etwas gegen Adam. Ich war ihm sehr dankbar, dass er sich einen Kommentar a là »Testest du das Frischfleisch« sparte, den ich von einem Verbindungspräsidenten erwartet hatte. Vielleicht war meine Vorstellung von Studentenverbindungen aber auch durch zahlreiche Teeniefilme ein wenig klischeebehaftet.

»Ich habe noch ein paar Umzugskartons im Auto«, sagte er stattdessen zu Adam. »Hilfst du mir tragen?«

Adam sah mich an. »Aber nur, wenn Haley verspricht, mich nachher wieder in die Wohnung zu lassen«, sagte er mit einem Zwinkern.

Ich wiederum warf Madison einen Blick zu. »Ich glaube, ich bin dein geringstes Problem«, antwortete ich ihm mit einem Schmunzeln.

Verlegen rieb Adam sich über den Nacken. »Tja, mein Ruf eilt mir wohl leider auch voraus«, murmelte er, stellte seinen Kaffeebecher neben meinem ab und verließ dann gemeinsam mit Colton unsere Studentenbude.

Ich ging zu meinem Kaffeebecher und nippte daran. Madison folgte mir und betrachtete mich nachdenklich. »Sorry wegen vorhin«, entschuldigte sie sich. »Ich bin wohl etwas übers Ziel hinausgeschossen.«

»Du warst wie so ein kleiner kläffender Chihuahua. Ich mochte das irgendwie. Hat mich an mich selbst erinnert.« Über den Rand des Bechers grinste ich sie an.

»Ich habe einfach rotgesehen, als ich Adam erkannt habe.«

»Du … du warst aber nicht mit ihm zusammen, oder?«

Sofort schüttelte sie den Kopf. »Gott bewahre. Nein. Einfach nein.«

»Du wirst mir immer sympathischer«, sagte ich.

»Wieso? Weil ich ihm mein Höschen nicht an den Kopf werfe?«, murmelte sie.

Ich prustete laut los. »Genau deshalb.«

»Adam schreit doch förmlich nach Ärger. Ich meine, sieh ihn dir nur mal an.« Das tat ich. Viel zu oft. Adam war wirklich attraktiv. Das wusste er. Das wusste ich. Und vermutlich war es auch der Mehrheit der College-Studentinnen bewusst. Was die allerdings nicht wissen konnten, war, dass Adam auch noch nach Ärger roch. Im Gegensatz zu Colton, der irgendwie … nahbarer wirkte.

Trotzdem kam ich aus dem Lachen gar nicht mehr raus. »Dir ist aber schon aufgefallen, dass Colton und Adam sich irgendwie ähnlich sehen?«

»Du … Was? Nimm das zurück.« Sie wirkte beinahe so, als würde sie jede Sekunde einen fernsehträchtigen Zusammenbruch erleiden.

»Kann ich nicht. Beide haben blaue Augen. Dann dazu diese Bad-Boy-Ausstrahlung wegen der vielen Tattoos. Muss man in dieser Verbindung, in der die beiden sind, tätowiert sein?«, fragte ich nach.

Madison verdrehte die Augen. »Nein, muss man nicht. Und vielleicht haben sie den gleichen Stil und sehen sich entfernt ähnlich, aber Colton ist ganz anders. Denn mein Freund ist kein elender Aufreißer wie Adam.«

Madison machte einen Schritt auf mich zu und legte ihre Hand auf meine. »Ich wollte dich nur beschützen«, sagte sie. »Hier auf dem Campus gab es wegen Adam bereits einige gebrochene Herzen.«

Es freute mich, dass Madison sich solche Sorgen um mich machte, obwohl wir uns kaum kannten. Ich stellte meinen Kaffee ab und umarmte sie spontan, ließ sie aber nach fünf Sekunden auch schon wieder los. »Mach dir keine Sorgen. Ich kenne Adam bereits mein ganzes Leben, und ich habe Dinge miterlebt, die jegliche sexuelle Anziehung zwischen uns unmöglich machen.«

»Also, für peinliche Geschichten bin ich immer zu haben.«

Leider wählten die Jungs genau diesen Moment, um wieder aufzutauchen. Ich hätte ihr gern von Adams Badehosen-Unfall zu Middle-School-Zeiten erzählt. Madisons Blick schwenkte von ihrem Freund zu Adam und dann wieder zurück. Vermutlich verglich sie die beiden gerade miteinander. Aber mal ernsthaft, es gab wirklich eine Ähnlichkeit zwischen ihnen. Mal abgesehen von Haar- und Augenfarbe sickerte quasi Selbstbewusstsein aus jeder ihrer Poren. Und vor allem in Bezug auf Adam tat mir folgende Erkenntnis besonders weh: Beide waren wirklich heiß.

Colton stellte die Kartons ab, ging auf Madison zu und legte ihr einen Arm um die Schulter. Adam folgte ihm und stellte sich dicht neben mich. Seinen Arm ließ er zum Glück, wo er war.

»Und?«, fragte ich Colton. »Adam und du kennt euch?«

Er grinste. »Seit dem Moment, in dem wir uns im ersten Semester zufällig nebeneinandergesetzt haben.«

»Ein Wunder, dass er nicht gleich davongelaufen ist«, murmelte ich.

»Was soll ich sagen?« Adam sah mich arrogant an. »Ich kann eben sehr überzeugend sein, wenn ich will.«

»Ja, daran erinnere ich mich.« Und es waren keine guten Erinnerungen. Mein Blick wanderte zum Boden, und erst jetzt fiel mir auf, dass ich immer noch in meinem Pyjama herumstand. »O mein Gott«, jammerte ich. »Ich muss mich anziehen.«

Ohne auf eine Antwort zu warten, lief ich in mein Zimmer und schloss die Tür mit klopfendem Herzen. Ich brauchte ganz kurz eine Auszeit, um die Geschehnisse dieses Morgens zu verdauen. Nachdem ich die Tür hinter mir geschlossen hatte, atmete ich einige Mal tief durch und suchte mir danach Jeansshorts, die mir nicht drei Nummern zu klein waren, und ein T-Shirt aus dem Schrank, da es heute immer noch so abnormal heiß wie gestern war, und zog mich um.

Meine Gedanken schweiften dabei immer wieder zu Adam, der einfach unangemeldet aufgetaucht und immer noch unglaublich nett zu mir war. Doch Madisons Abneigung gegenüber ihm verunsicherte mich. Andererseits war ihr Freund offensichtlich mit Adam befreundet, er konnte also nicht ganz so übel sein. Wobei … East war ja auch jahrelang gut mit Adam ausgekommen, und das, obwohl Adam mich damals ignoriert hatte. Sosehr ich mir auch den Kopf zerbrach: Ich würde vermutlich heute zu keinem Ergebnis kommen, sondern einfach abwarten müssen, wie sich die Freundschaft zwischen Adam und mir entwickelte.

Als ich mein Zimmer wieder verließ, stand niemand mehr im Vorzimmer, aber ich hörte Stimmen aus Madisons Reich. Ich ging darauf zu, blieb im Türrahmen stehen und beobachtete Colton und sie dabei, wie sie den ersten Karton ausräumten.

Ich räusperte mich laut, um die beiden auf mich aufmerksam zu machen. »Ist Adam weg?« Das unausgesprochene Ohne sich zu verabschieden? schwang deutlich in meiner Stimme mit.

»Ja, er hatte es plötzlich sehr eilig.«

Colton warf mir einen mitfühlenden Blick zu. »So ist er eben.« Vermutlich hielt er mich für ein weiteres Dummchen, das mit Adam im Bett gelandet war.

Ich nickte nur, stellte die Situation aber auch nicht klar. Madison würde ihm bestimmt erklären, dass es anders war, als es aussah.


Zwei Stunden später saßen Colton, Madison und ich mit Pizza auf ihrem Bett. »Wir brauchen einen Fernseher«, stellte meine neue Mitbewohnerin fest.

Wir teilten uns die Pizza und balancierten die Schachtel gemeinsam auf jeweils einem unserer Beine. »Zu so einer Kalorienbombe braucht man einfach Unterhaltung in Form eines Teeniedramas.«

Colton lachte laut auf. »Ich sehe schon, ihr beide werdet euch gut verstehen. Musstet ihr bei der Bewerbung fürs Wohnheim den Perfekte-Mitbewohnerinnen-Fragebogen ausfüllen, oder wurdet ihr rein zufällig in ein Zimmer gematcht?«

Madison murmelte etwas mit vollem Mund, was weder er noch ich verstanden. »Wie bitte?«, fragte ich belustigt nach.

Sie kaute. Und kaute. Und kaute. Schlussendlich schaffte sie es endlich, runterzuschlucken. »Schicksal«, wiederholte sie. Der liebevolle Blick, den Colton seiner Freundin zuwarf, machte mir bewusst, wie sehr ich es vermisste, meinen Ex-Freund um mich herum zu haben. Wir hatten bis zu unserer Trennung sehr viel Zeit miteinander verbracht und waren nicht im Streit auseinandergegangen. Vielleicht sollte ich ihn später mal anrufen und fragen, ob er schon in Harvard angekommen war und wie es ihm dort gefiel. »So wie mit uns, Baby?«, fragte Colton sie.

»Genau. Ich glaube, alles, was geschieht, passiert aus einem bestimmten Zweck. Es ist kein Zufall, dass wir hier zusammen in diesem Apartment sitzen.«

Colton wuschelte Madison mit den Fingern durchs Haar. »Mads hat gerade ihre spirituell angehauchten fünf Minuten.«

»Finde ich gut.«

Colton grinste. »Ich auch.«

Madison rammte ihrem Freund den Ellbogen in die Seite. »Und jetzt nimmt deine Pizza-Finger aus meinem Haar. Du machst es noch ganz fettig.«

Er zog die Hand zurück und leckte sich demonstrativ über jeden einzelnen Finger, bevor er sich ihrem Kopf wieder annäherte. Madison quietschte laut, schob die Pizzaschachtel schnell auf meinen Schoß und sprang auf. »Wenn du das tust, bohre ich dir nachts mit einem feuchten Finger ins Ohr. Oder … oder …«

Ihr Freund streckte die Arme in die Luft und tat so, als würde er sich ergeben. »Wenn du mit solchen Foltermethoden kommst, gebe ich natürlich gleich auf.« Die beiden miteinander zu beobachten war eigenartig. Auf eine schöne Weise. Es war, als würde über ihren Köpfen eine Reklametafel mit der Aufschrift best couple ever schweifen.

»Warum wolltest du noch mal nicht im Verbindungshaus wohnen?«, fragte ich Madison.

Sie hielt inne, nahm dann vor dem Bett auf dem Boden Platz und schnappte sich ein weiteres Stück Pizza. »Zu laut. Zu viele Menschen. Zu wenig Bäder.«

»Damit hat sie leider recht«, sagte Colton. »Aber sie ist trotzdem jederzeit im Verbindungshaus willkommen. Und in meinem Bett.«

Ich erstickte beinahe an dem Stück Pizza, an dem ich knabberte. »Whooooooa. Und als ich dich kennengelernt habe, dachte ich noch, dass du kein Paradebeispiel für Verbindungsklischees bist. Und dann haust du so einen Satz raus.«

»Natürlich muss ich solche Sätze raushauen. Ich bin der Präsident. Das steht quasi in der Stellenbeschreibung, hin und wieder dumme Kommentare zu machen.«

»Er übertreibt. Die Jungs bei Rho Kappa Eta sind alle großartig.« Sie tätschelte ihm das Knie. »Wenn ich mir die anderen Fraternities und Sororities auf dem Campus so ansehe, ist unsere Verbindung doch ein Paradebeispiel für Gleichberechtigung.«

»Sind die Crossbones die einzige gemischtgeschlechtliche Verbindung am Campus?«, fragte ich. »Sorry, aber ich habe immer noch dieses Bild von den Bruder- und Schwesternschaften im Kopf, die gemeinsam Partys feiern.«

Colton warf einen fragenden Blick zu Madison.

Die zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Wir sind auf jeden Fall die größte. Und coolste. Bei uns ist jeder willkommen.«

»Jeder?«

»Jeder!«, bestätigte Colton.

»Egal, ob Mann, Frau oder genderqueer?«

»Natürlich«, sagten Madison und Colton gleichzeitig und schlugen ein. »Uns ist es auch egal, wer mit wem schläft«, stellte Colton klar.

»Außer es geht um Adam Carter«, murmelte Madison leise.

Colton zwickte seine Freundin leicht in die Nase. »Verurteile Adam nicht, nur weil er gern Sex hat.«

Nun wurde sie tatsächlich rot. »Ich hab auch gern Sex. Nur nicht ständig mit jemand anderem.« Langsam bekam ich das Gefühl, dass das mit Madison und Adam etwas Persönliches war. »Aber ich versuche, netter zu sein.«

Coltons Blick wanderte wieder zu mir. »Also, bist du dabei?«

Bei Sex mit Adam? Niemals.

»Wie, dabei?«

»Willst du unserer Verbindung beitreten?«

Abwehrend streckte ich die Hände in die Luft. »Oh, wow. Danke für das Angebot, aber ich glaube, ich bin nicht so der Verbindungstyp. Oder generell der Gruppenmensch. Ich stehe mehr auf … ähm … Kleingruppen? Zwei bis sechs Personen sind für mein persönliches Wohlbefinden völlig ausreichend.« Damit brachte ich sowohl Madison als auch Colton zum Lachen.

»Ich mag dich«, ließ er mich wissen. »Falls du deine Meinung irgendwann änderst: Ich bring dir das Antragsformular zum Ausfüllen mit.«

Geschockt sah ich ihn an. »Ein Formular? Ich hatte jetzt eher auf ein gruseliges Ritual in einem Keller spekuliert. Inklusive gespielter Entführung und Sack über dem Kopf.«

»Hallo?«, sagte Colton. »Wir leben im 21. Jahrhundert. Überall gibt es Kameras. Niemand möchte wegen einer gestellten Entführung ins Gefängnis.«

»Aber wenn du magst, kann ich Cocktails mischen, während du das Formular ausfüllst«, bot Madison an. »Nur damit es sich ein wenig … zeremonieller anfühlt.«

»Ja zu den Cocktails. Nein zum Formular.«

»Ich mag, wie du denkst«, sagte sie und stürzte sich trotz Pizzaschachtel auf dem Schoß auf mich. Gott, an die Sache mit den Umarmungen musste ich mich wirklich noch gewöhnen.

Bullshit-Bingo

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