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Mitte April 2016 - Dubai: in den Straßen nahe der Kanzlei - Gehässige Bemerkungen

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Den ersten Dämpfer hatte Kasib bekommen, als er feststellte, dass Claudia nach Feierabend keineswegs alleine am Aufzug auf ihn wartete. Er hatte auf ein romantisches Date zu zweit gehofft. Stattdessen standen noch zwei weitere Kollegen – ein Mann und eine Frau bei ihr. Er schalt sich einen Narren, dass er davon ausgegangen war, sie für sich alleine zu haben. Es half nicht, er konnte jetzt nur eines tun: Das Beste daraus machen und mitspielen, so als wäre ihm diese Planung von Anfang an klar gewesen. Er hatte im Kampftraining gelernt, seinem Gegner niemals seine wahren Emotionen zu zeigen und dieses Pokerface half ihm nun. Es war eigentlich reichlich übertrieben, einen Abend mit seinen Kollegen mit seinem Training zu vergleichen, aber als unten in der eleganten Eingangshalle noch vier weitere Personen auf sie warteten, spürte Kasib einen Hauch von Panik. Der Pulk von sieben Menschen, von denen er vier überhaupt nicht kannte und mit dem Rest lediglich einige Floskeln ausgetauscht hatte, drohte ihn zu überfordern. Was sollte er mit diesen Menschen reden? Er war nicht dumm und wusste, dass ihre bisherigen Leben verschiedener hätten kaum sein können. Diese Stadtmenschen würden seine Hingabe zu seinem Stamm, die strikten Regeln als Krieger, nach denen er bisher gelebt hatte und seine absolute Loyalität zu seinem Herrn wohl kaum verstehen können. Mehr als alles andere wurde ihm klar, dass er nicht hierher gehörte. Er verfluchte bereits sein Hochgefühl, das ihn zu diesem Abenteuer verleitet hatte. Aber Kasib war kein Feigling und so kam kneifen für ihn nicht in Frage. „Du hast dir das eingebrockt, also musst du da jetzt durch“, sagte er sich und stöhnte innerlich, als just in diesem Moment eine der beiden Frauen in die Gruppe fragte: „Du Claudia, kann dein neuer Kollege auch sprechen?“, was die anwesenden Männer zu einem gehässigen Lachen verleitete.

Kasib horchte auf, denn er war erfahren genug im Abschätzen von Menschen, dass ihn die Reaktion eher überraschte, als dass er sich ärgerte. Offenbar sehen diese ihn als Konkurrenten. Woran mochte das liegen? Der junge Tarmane war sich nicht bewusst, dass sein gutes Aussehen und sein durchtrainierter Körper in den Augen der Damenwelt die Tatsache überwogen, dass er für einen Mann mit einem Meter zweiundsiebzig nicht gerade groß war. Zudem empfanden sie sein schweigsames Wesen als geheimnisvoll – was ihn für sie interessant machte.

Allerdings bekam Kasib rote Ohren, als Claudia ihn sofort verteidigte: „Lasst Kasib in Ruhe, er ist noch nicht lange in der Stadt und muss sich erst noch eingewöhnen.“ Ihren Eifer in allen Ehren, aber als Krieger hatte er es nicht nötig, dass eine Frau für ihn sprach. Wenn das seine Stammesbrüder mitbekämen! Andererseits wäre es dann doch spätestens jetzt an ihm gewesen, das Wort zu ergreifen. Aber genau das war sein Problem: Er hatte keine Ahnung was er sagen sollte. Also schwieg er. Und rang innerlich mit sich selbst. Wieder einmal wurde ihm schmerzlich bewusst, dass sein Leben als Kämpfer ein für alle Mal vorbei war! Es war ihm verboten, Waffen zu tragen – er war aufgrund seines eigenen Versagens ausgestoßen worden. Energisch verbot sich Kasib nun depressiv zu werden. Er hatte sich seine Lage selbst zuzuschreiben. „Reiß‘ dich gefälligst zusammen und beiß‘ dich da durch!“, feuerte er sich an.

Und erntete prompt einen weiteren Kommentar: „Jetzt guckt er noch finsterer drein als vorher, nehmt euch in Acht!“, lästerte das gleiche Mädchen wie zuvor. Instinktiv wusste Kasib, dass sie nur deshalb so kess war, weil sie dadurch seine Aufmerksamkeit erregen wollte, doch hätte er gerne darauf verzichtet. Was wollte sie von ihm?

„Ach was, schaut ihn euch doch an, der Kerl ist so unsicher, der hat doch vor seinem eigenen Schatten Angst“, versetzte einer der Männer gehässig. Jetzt wurde Kasib doch langsam ernsthaft wütend! Was bildete der Kerl sich ein? Einem Krieger Furcht vorzuwerfen, war so ziemlich die schlimmste Beleidigung, die man sich vorstellen konnte. Also warf Kasib ihm einen warnenden Blick zu, der seine Wirkung nicht verfehlte. Schnell beeilte der Fremde sich, an die Spitze ihrer kleinen Truppe zu kommen.

Kasib war froh, dass sie in diesem Moment den Eingang des Clubs erreicht hatten. Die Musik dröhnte bis auf die Straße, sodass im Innern mit Sicherheit keine normale Kommunikation möglich war. Somit war er dann auch nicht mehr länger irgendwelchen beschämenden Bemerkungen ausgesetzt.

Rayan - Im Licht der Rache

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