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Wie wir (fast) bei unseren Vätern ins Auto stiegen

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Die dunkle Seite meines Lebens plätscherte leicht gelangweilt vor sich hin, als sich eines Tages etwas Außergewöhnliches ereignete. Ich muss gestehen, dass mich dieses Erlebnis, zumindest an diesem vorgerückten Abend, tatsächlich fast aus der Bahn geworfen hat.

Also, ich schlendere den Kopf voll von unanständigen Gedanken – ein klein wenig mit den Hüften schwingend – die nur schwach beleuchtete Straße entlang, als ein alter Borgward mit quietschenden Bremsen neben mir hielt. Der Fahrer beugte sich zum Seitenfenster und kurbelte es herunter. Von wegen Quatschen am Fenster! Kommt gar nicht in die Tüte. Ich wollte schon die Tür aufreißen und mich wie üblich ins Auto schwingen, als ich einer Intuition folgend noch schnell einen Blick auf das rückwärtige Nummernschild werfe. Meine Augen werden groß wie Wagenräder: Natürlich ist es das Auto meines Erzeugers! Und wer sitzt wohl am Steuer ...?!! In meinem ganzen Leben habe ich mich noch nie so schnell in die Büsche geschlagen, wie an diesem Abend! Zu meinem großen Glück befanden sich ein paar Büsche und Bäume am Straßenrand, die mir das Verstecken leichter machten. Auf der Straße Funkstille. Das Auto stand noch. Wahrscheinlich wusste mein Vater dieses Intermezzo nicht einzuordnen und dachte vielleicht, es sei seine eigene Sekretärin gewesen, die ein bisschen Ähnlichkeit mit mir hat, die ihm da über den Weg gelaufen war. Auf einmal hörte ich das Geräusch von quietschenden Reifen. Ich schlängelte mich etwas aus meinem Versteck und erkannte an den Schlusslichtern das davonfahrende Auto meines ehrenwerten Herrn Papa. Aus meinem dunklen Versteck heraus hatte ich alles gut im Visier. Mein Herz klopfte wie wild. Hatte mich mein Vater erkannt? Wie gut kennen Väter ihre halbwüchsigen Töchter von hinten?

An diesem fortgeschrittenen Abend jedenfalls war meine Nachtschicht schnell beendet. Ich tippelte in mein Stammcafé, wo ich mir erst einmal einen Doppelstöckigen hinter die Binde kippte. Ich saß noch traumverloren da, als meine Freundin Iris auf der Bildfläche erschien. Sie war vollkommen erschlagen und hatte Trouble mit einem miesen Freier gehabt. Manchmal war es ein Fehler, wenn man sich zu arrogant gibt, seiner Schönheit zu sehr bewusst! Denn Iris war eine ausgesprochene Schönheit, wo ich nicht mithalten konnte. Ich war zwar bestimmt nicht hässlich, aber Iris war ein Bild von einer Frau. Sie hatte eine atemberaubende Figur und war genauso klein wie ich. Beide trugen wir unser Haar kurz und ganz hellblond gefärbt. Sah etwas verwegen aus! Hach, und schon bin ich kleine Quasseltante wieder vom eigentlichen Thema abgekommen. Wo war ich stehen geblieben?

Ach ja, Iris kam gerade ziemlich erbost in das Café gestöckelt. Ihr Blick war wie die Nacht finster. Hatte Ärger mit einem Freier. Wenn sie da etwas diplomatischer vorgegangen wäre, wäre es gar nicht so weit gekommen. Sehr wichtig in diesem Gewerbe ist Einfühlungsvermögen! Das habe ich sehr schnell gelernt. Jedenfalls hellte sich Iris’ Miene auf, als sie meiner ansichtig wurde – und die meine erst! In diesem Gewerbe gingst du ohne einen Menschen zum Ausquatschen sowieso vor die Hunde und bleibst auf der Strecke!

„Stell dir mal vor, wer mir gerade über den Weg gelaufen ist?“; tönte es Iris schon an der Tür entgegen. Schnell halte ich mir die Hand vor den Mund, immerhin muss nicht das halbe Café von meinen Erlebnissen erfahren. Leise tuschelnd erzählte ich Iris von meiner Begegnung. Die hielt sich den Bauch vor Lachen, nach meiner Erzählung hatte sie ihren Humor schnell wieder gefunden. Sie lachte so sehr, dass ihr die Tränen die Backen herunterliefen: nichts ahnend, dass ihr einige Wochen später das gleiche Missgeschick mit ihrem alten Herrn passieren sollte!

Mein Vater ließ sich mir gegenüber nichts anmerken, falls er etwas gemerkt haben sollte. Aber ich glaube es nicht. Mir hatte er so etwas in meiner Dämlichkeit bestimmt am allerwenigsten zugetraut. Und ich glaube sagen zu dürfen, dass der Vater von Iris noch um einiges naiver war als mein eigener.

Wie schon angedeutet, kam auch für Iris der Tag: Sie ist glattweg bei ihrem alten Herrn ins Auto gestiegen! Schuld daran war ihre Kurzsichtigkeit. Klar doch, dass sie nicht mit Brille zum Anschaffen gehen konnte! Sie erkannte ihren Vater im Halbdunkel des Autos auch nur an seiner Stimme. Fatalerweise erkannte er seine eigene Tochter, die sich mordsmäßig aufgedonnert hatte, auch nicht sofort. In dem Moment, als er zu sprechen anfing – „Na, schöne Frau, wohin so eilig des Weges?“ – standen Iris vor Schreck erst einmal kurz die Haare zu Berge! Zum Glück fasste sie sich schnell, um der Peinlichkeit den Riegel vorzuschieben.

„Mensch Papa, wie gut, dass du mir über den Weg läufst! Ich hatte gerade gewaltigen Stunk mit einem alten Freund, der hat mich doch einfach aus dem Auto geworfen! Und ausgerechnet in dieser Straße. Du kommst wirklich wie gerufen! Aber sag mal, was hat ausgerechnet dich in diese Gegend geführt? Deine Werkstatt liegt doch in der entgegengesetzten Gegend, genau wie deine Stammkneipe. Und nach deinem Kneipenbesuch fährst du doch immer gleich nach Hause. Oder hast du vielleicht mein heimliches Rufen gehört?“

Iris konnte es sich einfach nicht verkneifen, ihren Vater ein bisschen in die Enge zu treiben. Und ihre Taktik war eine gute, wie sich herausstellte. „Sag bitte nichts der Mama, dass wir uns heute Nacht zufällig getroffen haben“, flüsterte er abschließend nur, als sie nach Mitternacht leise die Wohnung betraten. So, wie es sich gehörte, schlief die Mutter bereits fest. In dieser Nacht verzichtete Iris auf das heimliche Umziehen im Keller. Es hätte irgendwie nicht so recht in den unfreiwilligen Ausklang des Abends gepasst.

Über diese beiden sehr unfreiwilligen Begegnungen waren Iris und ich so geschockt, dass wir einen Versuch starteten, in etwas unkenntlicherem Aussehen auf Kundenfang zu gehen. Na, da hätten wir auch gleich als Putzweiber auftreten können! Keinen einzigen Bock konnten wir an diesen beiden Abenden, wo wir in unserer lustigen Maskerade auf die Pirsch gingen, erlegen. Nicht einen einzigen! Und das, obwohl wir unsere tollen Figuren unübersehbar in unserer Kleidung zum Ausdruck brachten. Wir trugen beide schwarze, enge Röcke, hohe schwarze Stöckelschuhe und schwarze Strümpfe mit Naht. Das sah sehr aufreizend aus. Dazu trugen wir einen schwarzen, engen Pulli, der unsere wohlgeformten Brüste deutlich betonte. Iris und ich waren auch an diesem Abend optisch eine Augenweide. Unsere weißblond gefärbten Haare hatten wir jedoch sehr dekorativ unter einem schwarzen Kopftuch versteckt. Zu allem Überfluss trugen wir riesige, sehr dunkel getönte Sonnenbrillen. So schwankelten wir gemeinsam an zwei Abenden unsere Sündenmeile, die wendig frequentiert wurde, auf und ab. Die Autofahrer bekamen zwar Glupschaugen, aber nicht ein einziger hielt diesmal an. Manchmal wurde man zuvor auch von Fußgängern angesprochen, die sich ein Schäferstündchen wünschten. Mit denen ging man dann in ein Hotel. Natürlich fuhr man da mit einem Taxi in das Liebesnest. Doch obwohl auch viele alleinstehende Männer unterwegs waren (manche schlenderten suchend dahin), quatschte uns in dieser neuen „Tracht“ nicht ein einziger an! Geglotzt haben sie allerdings schon. Und wie. Nun war es aber so, dass wir beide grundsätzlich niemals Fußgänger anmachten.

Wenn ich heute so zurückdenke, muss ich in Erinnerung an diese zwei Abende, wo wir zum allerersten Mal vergeblich auf die Pirsch gingen, herzlich lachen. Die Autofahrer müssen gedacht haben, da sind zwei Mafioso-Bräute unterwegs, oder vielleicht zwei trauernde Witwen. Oder vielleicht zwei knallharte Dominas, die auf bieder machten und in ihren großen, schwarzen Handtaschen ihr Werkzeug mit sich herumtrugen. Es war schon außergewöhnlich, dass tatsächlich nicht ein einziger Autofahrer angehalten hat, wo wir beide so ein sexy Outfit zur Schau trugen. Gehupt haben sie allerdings schon. So ließen wir es bei den zwei vergeblichen Versuchen bewenden und kleideten uns wieder normal sexy – in der Hoffnung, von niemand Bekanntem gesichtet zu werden. Das Glück war uns die all Jahre tatsächlich mehr als hold!

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