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Kapitel 4

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Pünktlich stand Malino vor der Wiese. Er trug seine dickste Jacke. Die Mütze hatte er sich tief in die Stirn geschoben und die Handschuhe, die seine Mutter ihm gestrickt hatte, übergezogen. Wo blieb Kalea denn? Vor Kälte tapste er mit den Füßen auf der Stelle. Die Arme hatte er fest um seinen Körper geschlungen. Was war das? Er spürte einen Schlag, anschließend etwas Nasses in seinem Nacken. Hatte ihn jemand mit einem Schneeball beworfen? Unvermittelt drehte er sich um und sah Kalea, wie sie gerade den nächsten Ball in seine Richtung warf. Darauf hatte er absolut keine Lust. Rasch sprang er zur Seite, rutschte aus und landete im Schnee. Wütend rappelte er sich auf und klopfte den Schnee von seiner Kleidung.

»Musste das sein?«, verärgert schaute er das Mädchen an.

Kalea schlenderte amüsiert zu ihm hin. »Was ist los, magst du keinen Schnee? Jeder mag doch Schnee!«

»Ich nicht, lass uns zu mir nach Hause gehen. Dort kannst du mir alles über dich erzählen.«

Malino drehte sich genervt um und ging los, ohne auf Kalea zu achten.

»Dann warte wenigstens!«, schrie sie ihm hinterher. Murrend blieb er stehen.

Ein wunderbarer Duft stieg in Malinos und Kaleas Nase, als sie zusammen das Haus betraten.

»Habe ich es mir doch gedacht, dass ihr nicht lange fortbleibt. Kommt in die Stube, ich habe Kakao gekocht! Ein paar Plätzchen sind auch noch da«, rief Malinos Mutter den beiden entgegen. Dies brauchte man ihnen nicht zweimal zu sagen. Der Kakao war einfach köstlich, ganz zu schweigen von den Plätzchen. Fast hätten sie vergessen, weswegen sie sich eigentlich getroffen hatten.

Kurz darauf stiegen sie die steilen Treppen zu Malinos Zimmer hinauf. Kaum, dass sie in dem Raum waren, schüttelte das Mädchen sich.

»Fühlst du das auch?«, fragte sie Malino.

»Was soll ich fühlen außer, dass es kalt ist?« Der Junge sah in Richtung Kalea, die vor dem Kleiderschrank stehen geblieben war. Sein Blick fiel über ihre Schulter auf das Foto mit der weißen Rose.

Die Fotografie lag damals, nach Malinos Reise in die vergessene Märchenwelt, vor der Haustür. Sein Vater hatte das Foto gefunden und es ihm am nächsten Morgen während des Frühstücks überreicht. Er war in dem Glauben gewesen, dass Malino die Aufnahme verloren hätte, aber dem war nicht so. Wo das Foto mit der weißen Rose auf einmal herkam, wusste der Junge auch nicht. Da die Blume genauso aussah wie die, die ihn damals nach Hause gebracht hatte, hing sie wie die anderen Aufnahmen am Kleiderschrank.

»Schau, das kann nicht sein! Die weiße Rose! Sie verändert sich!« Aufgeregt eilte der Junge zum Schrank und löste behutsam das Foto ab.

Beide blickten wie gebannt auf die Rose. Langsam nahm diese eine andere Farbe an.

Die Blütenblätter färbten sich zunehmend schwarz. »Was hat das zu bedeuten?« Malino war schockiert von dem Anblick.

»Ich glaube, da braucht irgendjemand Hilfe. Nein, mein Bauchgefühl sagt mir, dass Dreihorn Hilfe braucht. Wir müssen nach Vermär!« Überschwänglich griff Kalea nach ihrer Kette und öffnete das Fläschchen, bevor der Junge reagieren konnte. Einen Augenblick später tröpfelte sie eine bunte Träne auf ihren Finger und rieb sich diese hinter ihr Ohr - so wie es seine Mutter immer machte, wenn sie ihr Parfüm benutzte. Malino war vollkommen durcheinander. Kalea hatte sich in Luft aufgelöst. Alles, was von ihr übrigblieb, war die Halskette mit dem Fläschchen, die vor seinen Füßen auf dem Boden lag. Reflexartig hob er die kleine Flasche auf und steckte sie samt Kette in die Hosentasche. Er sah zurück auf das Foto in seiner Hand. Die Rose war mittlerweile komplett schwarz.

Sie sah jetzt aus wie jene Blume, die ihn vor langer Zeit nach Vermär gebracht hatte. In der Mitte strahlte der Stern. Silberner Blütenstaub funkelte nach und nach auf den Blättern.

Kurz darauf löste die Blume der Dunkelheit sich aus dem Bild. Sie schwebte jetzt vor dem Knaben. Sein Körper fing an zu kribbeln. Er hörte die Stimme von Kalea, als sie ihn aufforderte, zu ihr zu kommen. In dem Moment verschwand der Stern, und ihr Gesicht erschien im Kern der Blume. Der Junge wusste sofort, was er zu tun hatte. Wie damals berührte er vorsichtig den Blütenstaub. Nebel zog im Zimmer auf. Als er die Hand vor Augen nicht mehr erkennen konnte, lichtete sich die Nebelwand.

Malinos Reise in die vergessene Märchenwelt

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