Читать книгу Zaubermaus - Ingo Schorler - Страница 12

Оглавление

*

6

Schon am nächsten Tag bekam ich einen außergewöhnlichen Auftrag, der wieder nicht ganz einfach werden sollte. Ich saß ganz einsam an einen Schreibtisch, auf dem ein Schild stand: Pfeife des Tages. Na toll, das fing ja gut an. Ich schaute in einen kleinen Spiegel und sah mich in einer Polizeiuniform. Ich öffnete meine Bürotür und was ich sah, war gar nicht lustig. Ich sah Polizisten, die allesamt auf Tischen tanzten, laut grölten, Bier und Schnaps tranken und einen Witz nach dem anderen rissen.

Bis einer rief: „Schaut mal, da steht unser sogenannter neuer Polizeichef! Hahaha! Der will uns Manieren beibringen. Diese Witzfigur!“

Oh man, wo hatte mich mein Boss nur heute wieder hingeschickt. Doch es half alles nichts. Ich brüllte, so laut ich konnte: „Jetzt ist es aber gut! Das geht so nicht!“

„Wie niedlich. Der kann ja sogar brüllen. Oh, oh, uns zittern schon die Knie“, tönte mir entgegen.

Ich musste wohl etwas deutlicher werden, ich brüllte nun noch lauter und energischer. Endlich hatte ich die Aufmerksamkeit der Polizisten. Ich rief: „Ab heute ist hier Schluss mit dem Gammeln!“ Doch wieder fingen die anderen Polizisten an, mich auszulachen. Ich musste hier etwas härter werden. Es wurde nun sehr dunkel im Raum und ein eisigkalter Wind zog durch das ganze Polizeigebäude.

„Habt ihr das gesehen?“, rief einer erschrocken.

„Nein, was denn?“, erwiderte ein anderer Polizeibeamter, der sichtlich angetrunken war.

„Da war ein riesiges Wesen mit funkelnden Augen!“, antwortete der erste.

„Ja, schon klar“, kam sofort spöttisch zurück, „was für Drogen hast du denn heute so genommen?“

Dann meldete ich mich wieder zu Wort: „Hab ich jetzt eure Aufmerksamkeit?“

„Aber, Chef, haben Sie das gerade nicht gesehen?“

„Was soll ich gesehen haben? Ich sehe hier nur Polizisten, die einen Witz nach dem anderen reißen und sich die Kante geben! Und da draußen tobt seit Monaten ein Krieg der Unterwelt. Doch jetzt weht hier ein anderer Wind! Sollte ich noch einen sehen, der hier Witze reißt oder Drogen nimmt, der bekommt es mit mir zu tun! Dass das klar ist! Also, wir sehen uns morgen um 6:00 Uhr wieder, und zwar nüchtern und in Dienstkleidung, verstanden?!“

Alle schauten mich mit riesigen Augen an und nickten nur. Nun dachte ich eigentlich, dass es alle begriffen hätten. Doch wie üblich war wieder einer dabei, der es nicht begriffen hatte. Es war der jüngste Beamte meines Reviers, der sich doch tatsächlich an nächsten Tag in einer der Ausnüchterungszellen mit einer Frau vergnügte. Das konnte ja wohl nicht wahr sein!

Strafe musste sein, das war klar, also versuchte ich, ihn zu erschrecken. Es klappte auch und er rannte, so schnell er konnte, raus aus der Zelle. Denn aus der süßen, jungen Frau, die ihn gerade beglückt hatte, war wie von Zauberhand eine alte 90-Jährige ohne Zähne geworden. Wer würde da nicht wegrennen. Ich musste innerlich lachen. Manchmal war es ja doch gut, wenn man über magische Kräfte verfügte!

Am nächsten Morgen traten alle pünktlich zum Dienst an, sauber und vor allen Dingen nüchtern. Doch so richtig konnte ich nicht glauben, dass sich alles so plötzlich verändert hatte. Außerdem konnte ich ihre Gedanken hören, eine Gabe, die ich nicht immer hatte, denn sonst wäre mir sicherlich schon so manches Unglück nicht widerfahren. Nun hörte ich aber Sätze wie: „Der bleibt eh nicht lang hier.“ Oder: „Wir machen so oder so das, was wir wollen! Der kann uns mal.“

Tja, zum Glück wussten sie ja nicht, dass ich das alles mitgehört hatte. Was für ein Pech aber auch. Aber wie hatte es hier überhaupt so weit kommen können? Hatten diese Polizisten denn noch nie Anstand und Sitte besessen? Ich suchte nach der Ursache des ganzen Übels und fand bald heraus, dass es hier vor Jahren schon mal so abgegangen war. Weiter fand ich heraus, dass der erste Polizeichef hier in diesem Gebäude erschossen worden war, seine Leiche aber nie aufgefunden worden war. Sie war seit Jahren spurlos verschwunden. Seitdem ging das Gerücht um, sein Geist würde hier herumspuken. Immer drei Tage am Stück, dann wäre er wieder für eine Zeit verschwunden. Ich musste mir etwas einfallen lassen und den Geist irgendwie vertreiben.

Bis zum Abend gab es an diesem Tag jedoch keine neuen Vorkommnisse mehr und meine Untergebenen verhielten sich sehr entspannt. Bis auf einmal einer der Polizisten anfing, zu tanzen und Lieder zu singen. Seine Augen leuchten grün. Ich befahl den anderen, stillzubleiben und nichts zu machen. Nun zog sich der Polizist auch noch nackt aus! Seine Kollegen lachten und klatschten. „Zugabe, Zugabe!“, riefen sie nun lauthals.

Doch mir war nicht zum Lachen, ich musste den Sauhaufen wieder zur Raison bringen. Außerdem musste ich mit ansehen, wie der Geist immer in einen anderen Körper hüpfte und laut dabei lachte. Und dann versuchte dieser Geist doch tatsächlich, auch in meinen Körper zu gelangen. Ihr könnt euch sicher vorstellen, dass ihm das nicht gerade gut bekam.

Er schrie: „Hilfe, Hilfe!“ Das Gruselige dabei war, dass man eine Stimme hört, aber eben niemanden sehen konnte. Das war bei Geistern eben so. Die Polizisten waren geschockt, als sie sahen, was vor sich ging. Natürlich wusste jeder von ihnen um den toten Polizeichef und seine Spukattacken.

Da hatte ich eine Idee, dem Ganzen hier für immer ein Ende zu setzen. Ich ließ das Gesicht des toten Polizeichefs hell aufleuchten. Genau in dem Moment, in dem das passierte, rief der Geist: „Ich vergebe euch!“ Dann verschwand er.

Langsam wurde mir klar, dass die eigenen Kollegen ihn auf dem Gewissen hatten, doch leider konnte man es ihnen nie beweisen, auch ich nicht. Das Einzige, was gut war: Der Tote hatte allen verziehen und konnte nun endlich seine Ruhe finden.

Nach kurzer Zeit wurde ich durch einen andern Polizeichef abgelöst. Ich war glücklich, dass ich endlich hier rauskam. Ich machte mich also wieder auf, eine neue Aufgabe zu lösen. Als ich endlich vor der Polizeiwache stand, spürte ich wieder einmal, dass mich irgendeiner verfolgt. Doch sehen konnte ich niemanden ...

Zaubermaus

Подняться наверх