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Kapitel 12 – In Besitz genommen
ОглавлениеKyrian behagte es nicht, nur durch eine Mauer getrennt neben Jenna zu schlafen. Er hörte, wie sie Badewasser einlaufen ließ und stellte sich unentwegt vor, wie sie nackt in der Wanne lag. Jetzt kannte er ihren Körper, wusste, wie er sich anfühlte, wie sie roch, wenn sie erregt war. Wenn er wollte, könnte er sich für den Bruchteil einer Sekunde ins Badezimmer translozieren, um einen Blick auf sie zu erhaschen, aber das Risiko war zu groß. Er hatte sich ohnehin nur mühsam zurückhalten können, nicht von einem Dorf ins andere zu portieren, um die Einwohner nach Mr. Fairchild zu befragen, denn dann hätten sie längst am Ziel sein können. Oder er.
Seltsamerweise befiel ihn, seit Jenna in der Nähe war, ständig der Drang, sich zu translozieren. So oft wie heute hatte er das seit Monaten nicht mehr gemacht. Er musste aufpassen, damit seine Tarnung nicht aufflog.
Nachdem er einmal schwer verwundet worden war und Myra ihn heimlich gesund pflegte, hatte er Dante gefragt, wie das mit dem Translozieren funktionierte. Niemals wieder wollte er sich halb totschlagen lassen, denn dann könnte er Myra nicht mehr beschützen. Dante erklärte, dass man es sich lediglich vorstellen und dabei blinzeln musste.
Nach seiner Genesung hatte er es so lange probiert, bis es geklappt hatte. Leider war die Königsfestung sicher. Niemand konnte sich hinein- oder heraustranslozieren, auch nicht der König und sein Sohn. Ansonsten hätte er Myra schon lange von dort fortgeschafft.
Über eine Ferienwohnungsvermittlung hatte ihnen Jenna ein Cottage in der Nähe von Bridlington gesucht. Kyrian war dankbar, nicht in einem Hotel nächtigen zu müssen, wo er womöglich anderen Magiern über den Weg gelaufen wäre. Jenna hatte bewusst ein Haus über eine nicht-magische Agentur gebucht, da ihr Vater das auch getan hatte. Als ob er seine Spuren hatte verwischen wollen. In Kyr schrie alles danach, dass Mr. Fairchild etwas Wichtiges vertuschen wollte. Auch wenn Rechnungen seine Anwesenheit in diesem Ort belegten, hatte er nicht immer seinen richtigen Namen angegeben. Menschen mit einfachen Zaubern zu täuschen war leicht, weshalb er sich womöglich auch deshalb für konventionelle Unterkünfte entschieden hatte.
Das ebenerdige Haus lag abseits der Hauptverkehrsstraße, eingebettet zwischen zwei Hügeln. Es gab zwei Schlafzimmer, einen Wohnraum und eine Küche. Innen war es nach den neuesten Standards modernisiert. Daher warf sich Kyrian aufs Bett und schaltete den Flachbildfernseher ein, um sich von den verlockenden Geräuschen aus dem Nebenraum abzulenken. Das Badezimmer war von beiden Schlafräumen begehbar, aber Jenna hatte von innen verriegelt.
Gute Nacht, schlaf gut, hatte sie gesagt, als sie im Flur auseinandergegangen waren. Als ob er jemals gut schlafen würde und besonders jetzt, wo ihn die Worte der Nymphen nicht verließen. Er hatte ein deutliches Bild vor Augen gehabt, als die letzte Nymphe ihm zurief, er solle seine Gefühle zulassen. Hieß das, er sollte Jenna ficken? Sexuelle Gefühle waren die einzigen, die er für sie hatte. Immer wieder grübelte er jedoch über einen anderen Satz: »Sie ist deinem Feind näher, als dir lieb ist.«
Seinem Feind … hatten die Najaden die Lichtelfen gemeint?
Verdammt, er hatte so viele Feinde. Die Dunkelelfen gehörten genauso dazu, obwohl er für sie arbeitete, weil er gezwungen wurde, ebenso wie Magier und Gargoyles. Wenn sie wüssten, wer er war und was er hier suchte …
Zurück zu Jenna. Er musste wissen, ob sie sein Ticket in die Freiheit war. Sie ist dein Licht im Dunkel … Fuck, man konnte alles in diese Worte hineininterpretieren.
Er hatte ganz kurz spitze Ohren an Jenna gesehen, wie nur Elfen sie besaßen. War das eine Illusion oder ein Hinweis der Nymphen? War Jenna eine Lichtelfe oder stammte von einer ab? Von Isla? Deutlich hatte er ihre Elfenmagie gespürt, als er nach der Operation aufgewacht war. Oder hatte er das nur geträumt? Überhaupt hatten sich seine Träume verändert, seit er Jenna zum ersten Mal erblickt hatte, auf dem Foto in Noirs Büro. Seitdem tauchte die Ärztin immer wieder in seinen Albträumen auf und verwandelte sie in lustvolle Fantasien. Sie bot sich ihm an, streckte ihm ihr nacktes Hinterteil entgegen, fast so wie in der Höhle. In anderen Träumen lag er nackt in einem Krankenbett und Jenna untersuchte ihn – mit ihrer Zunge. Ließ sie über seine Brust gleiten, den Bauch, tiefer …
Fuck, er konnte an nichts anderes denken, als mit ihr zu schlafen. Sein Schwanz war immer noch halb steif, seit er sie mit der Hand befriedigt hatte.
Irgendwie lief nichts wie geplant. Wohin würde ihn die Reise nur führen?