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Kapitel 2 – Lady Clearwaters Liste potenzieller Heiratskandidaten

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Als Penny dem Earl nachblickte, der eilig zurück in die Villa marschierte, sank ihr Herz. Unentwegt dachte sie: Du dumme, dumme, dumme Gans! Jetzt hast du ihn davongejagt.

Sie hatte sich vor Lord Lexington wie eine Idiotin benommen! Dazu hatte ihre Mutter sie permanent in Verlegenheit gebracht, sodass es noch schwerer für Penny gewesen war, einfach sie selbst zu sein.

Mutter war ansonsten keine Tratschtante, aber sie hatte überhaupt nicht mehr aufgehört, Peinlichkeiten von sich zu geben. Das ganze Zusammentreffen war ein einziges Fiasko gewesen! Deshalb suchte der Earl nun das Weite. Ja, er schien nicht schnell genug vor ihr fliehen zu können.

Äußerst schade. Sie hätte Lord Lexington gerne besser kennengelernt und ihn davon überzeugt, dass sie für sich selbst sprechen konnte und kein naives Dummchen war. Zwar wollten die meisten Männer eine Frau, die weder zu viel vom Weltgeschehen verstand, noch ihnen widersprach, doch so schätzte sie den Earl nicht ein. Gewiss war er keiner dieser altmodischen Herren, sondern ein moderner Mann. Er sah auch keinen Tag älter aus als dreißig, während einige andere Anwärter beinahe doppelt so alt waren.

Als sie sich von ihrem Kutscher auf den Zweispänner helfen ließen, hörte Mutter gar nicht mehr auf zu schwärmen, weil sich nun auch ein Earl auf ihre Liste mit potenziellen Heiratskandidaten gesellt hatte.

»Deine erste Saison war ein Fiasko«, bemerkte sie liebevoll, während sich Penny neben sie setzte, »aber dieses Jahr ist ein voller Erfolg!« Sie holte ihren Zettel aus dem Retikül und verkündete stolz: »Wir haben einen Marquess, einen Viscount, zwei Baronets und einen Knight. Jetzt möchte dich auch noch ein Earl besuchen! Ach, meine liebe Tochter, ich freue mich sehr.«

»Ich freue mich auch«, murmelte Penny weniger euphorisch und hoffte, Lord Lexington irgendwo zu erblicken. Aber er war wie vom Erdboden verschluckt.

Wenn sie daran dachte, wie er auf sie aufmerksam geworden war, wurde ihr gleich wieder heiß. Sie hatte vor Freude und Übermut gelacht, weil so viele Herren versprochen hatten, sie demnächst zu besuchen – aber das hatte sie dem Lord unmöglich beichten können. Sie wäre vor Scham im Boden versunken, und er hätte geglaubt, sie wäre nur auf sein Geld und ein Luxusleben aus. Dabei wünschte sie sich nichts sehnlicher, als einen liebevollen Mann zu finden, der ihre Gefühle erwiderte, um mit ihm eine Familie zu gründen. Er müsste auch nicht dem Hochadel angehören, doch da würden ihr ihre Eltern wohl einen Strich durch die Rechnung machen. Mama hatte es weniger gut gefunden, dass auch ein junger Knight und zwei Baronets um sie geworben hatten. Dabei war gerade der Knight Sir Simon Robertson derjenige, der ihr am besten gefiel.

Sie war schon neunzehn Jahre alt. Herrje, ihre innere Uhr tickte jeden Tag lauter. Ihr ganzes Leben war sie vorbereitet worden, Ehefrau und Mutter zu werden, und sie wollte dieses Ziel endlich erreichen.

Nach dem Fiasko im letzten Jahr war sie todtraurig gewesen und hatte gedacht, nie einen Mann zu finden. Sie hatte ohnehin ein Jahr später als die meisten jungen Frauen debütiert, da sie mit siebzehn noch ausgesehen hatte wie ein halbes Kind und ihre Eltern beschlossen hatten, noch ein Jahr zu warten. Aus dem Küken war leider erst spät ein Schwan geworden.

Aber nun hatten ihr gleich fünf Herren Hoffnungen gemacht, darunter eben auch jener junge Knight, der passabel aussah und sie unentwegt angegrinst hatte. Das bedeutete wohl, er hatte ernsthaftes Interesse an ihr.

Penny hatte sich von ihrer besten Seite gezeigt, in Wahrheit jedoch meistens den Mann heimlich beobachtet, der angeregt mit einigen Gästen gesprochen hatte – Lord Lexington, wie sie nun wusste. Doch er hatte nie in ihre Richtung gesehen. Womöglich hatte er sie zwischen all den Herren auch gar nicht bemerkt. Und dann hatte er plötzlich vor ihr gestanden und sie sich absolut daneben benommen. Er würde sie sicher nicht besuchen kommen, höchstens aus reiner Höflichkeit.

Sie hatte sich auf den ersten Blick in ihn verguckt, obwohl er für sie ein Fremder gewesen war. Doch jetzt, da sie seinen Namen kannte, kratzte sie in ihrem Kopf alles zusammen, was sie über ihn in den letzten Jahren aufgeschnappt hatte – was nicht viel war. Im Grunde wusste sie nur, dass ihn sowohl die ledigen als auch die verheirateten Frauen anhimmelten. Das war aber auch schon alles.

Ob er eine Mätresse hatte?

»Mama«, sagte Penny und unterbrach ihre Mutter mitten im Redeschwall. »Was kannst du mir über Lord Lexington erzählen?«

Ihre Mutter starrte sie entgeistert an, während sie durch die schwach beleuchteten Straßen fuhren. »Du hast mir ja gar nicht zugehört, Liebes.«

»Es tut mir leid. Ich bin furchtbar aufgeregt.«

»Ich wollte gerade mit dir besprechen, wer wohl das Rennen machen wird.«

»Mama, das sind keine Pferde, sondern Menschen.«

»Ich sehe da keinen großen Unterschied. Wir sollten den edelsten Hengst im Stall bevorzugen.«

»Mama!«, rief Penny empört und hoffte, dass der Kutscher nicht lauschte. Zum Glück klackerten die Hufe der Tiere auf dem Kopfsteinpflaster. Zudem hörte der alte John nicht mehr so gut.

»Also, dann noch einmal.« Ihre Mutter seufzte schwerfällig. »Wir sollten die zwei Baronets streichen, den Knight sowieso.«

»Was hast du denn gegen Sir Simon?« Sie fand den jungen Mann, der ihr schöne Augen gemacht hatte, sehr sympathisch.

»Er ist ein Knight! Er hat zwar ein passables Auskommen, aber du solltest nicht unter deinem Rang heiraten«, mahnte sie ihre Mutter. »Darum fallen auch die Baronets weg. Zum Glück haben wir noch den Viscount …«

»Mama, Lord Hexham ist uralt!«

Ihre Mutter seufzte resigniert. »Du hast recht. Er wird mir wohl keine Enkelkinder schenken können.«

»Mama!« Langsam kam sich Penny wie eine Zuchtstute vor.

»Es bleiben also nur noch der Marquess of Brancaster und Lord Lexington übrig, wobei der Marquess über dem Earl rangiert und sehr vermögend ist.«

»Habgier hat schon die eine oder andere Frau ins Eheunglück gestürzt«, murmelte Penny.

»Ich kenne die Geschichten, mein Schatz, doch der Marquess ist gutherzig. Außerdem kam er auf dich zu, und ich will dich gut versorgt wissen. Lord Lexington wäre auch interessant. Leider habe ich über ihn so gut wie keine Informationen!«

Das fand Penny äußerst dubios. Normalerweise verbreiteten sich Klatsch und Tratsch unter dem ton wie ein Lauffeuer. Es mussten doch Geschichten über den Earl im Umlauf sein! Andererseits sprach es für ihn, dass es nichts zu erzählen gab. Er lebte wohl zurückgezogen, oder er war kein Aufschneider. Penny mochte diese Herren ohnehin nicht, die ständig mit nichtigen Taten angaben, um sich zu profilieren. Sie wollte einen mutigen, klugen Mann und keinen Prahler. Und da sich Lord Lexington mit dem türkischen Ambassador sehr angeregt unterhalten und mit ihm gelacht hatte, schien er ein freundlicher Mann zu sein.

Himmel, dieses Lachen! Immer, wenn sie es gehört hatte, war ihr Herz wild herumgesprungen und sie hatte nicht den Blick von seinem attraktiven Gesicht abwenden können.

Ihre Mutter klebte wegen der Dunkelheit beinahe mit der Nase an ihrer Liste, als würde sie hoffen, noch einen Kandidaten darauf zu entdecken. »Vielleicht hätten wir doch länger auf Lady Billingtons Feier bleiben sollen, um noch mehr Kandidaten zu sammeln.«

Penny sagte nichts dazu. Sie war mit der Männerschar überfordert gewesen und nun froh, dem Trubel um ihre Person entfliehen zu können. Sie war es nicht gewohnt, umschwärmt zu werden, auch wenn es ihr gefallen hatte.

Immer wieder kehrten ihre Gedanken zu Lord Lexington zurück. Ihr Lachen hatte ihn auf sie aufmerksam gemacht. Bestimmt war er ein humorvoller Mann, mit dem sie Spaß haben konnte, und kein biederer Mensch. Und sie dumme Kuh hatte ihm das Gefühl vermittelt, eine Langweilerin zu sein.

Seufzend ließ ihre Mutter den Zettel sinken. »Der Marquess hat nach dem Tod seiner Frau – Gott habe Elisabeth selig – drei Jahre um sie getrauert. Er ist eine treue Seele, und wir kennen ihn gut. Er ist schließlich ein Bekannter unserer Familie. Er würde gut für dich sorgen.«

»Er ist fast wie ein Onkel für mich, Mama.« Penny schüttelte sich. Sie konnte sich absolut nicht vorstellen, mit dem Marquess eine Familie zu gründen. Er war zwar noch keine vierzig, doch er entsprach absolut nicht ihrem Geschmack. Außerdem war er ein Langweiler.

Dann passt er ja zu mir, dachte sie sarkastisch.

Sie sollte nicht zu wählerisch sein, denn sonst würde sie als alte Jungfer enden. Doch tief in ihrem Herzen hoffte sie, dass Lord Lexington sie besuchen würde und um ihre Hand anhielt. Er kam ihr allerdings wie der unerreichbare Märchenprinz vor. Wahrscheinlich hatte sie nicht den Hauch einer Chance bei ihm – und das hatte sie sich selbst zuzuschreiben.

Ein Lord auf geheimer Mission

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