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Kapitel 4 – Annäherung
ОглавлениеAuch wenn sich Ashton angeregt mit den Gästen unterhielt und sich keineswegs langweilte, ließ er seine Zukünftige nur selten aus den Augen. Es gefiel ihm, wenn sie lachte, sich abwesend mit zwei Fingern über ihren eleganten Hals fuhr, wenn sie über etwas nachzudenken schien, oder ihre Augen fröhlich funkelten. Gerade lächelte sie verhalten und errötete sanft. Worüber sprach sie mit ihrer Freundin so angeregt? Was ging in Penelopes hübschem Kopf vor?
Zu seiner eigenen Verwunderung wollte er sie besser kennenlernen, was leider gar nicht so einfach war. Sie hing beinahe den ganzen Abend an Izzy, sofern diese nicht tanzte. Natürlich hatte ihm Penelope auch schon zwei Tänze geschenkt. Doch diese hatten es nicht zugelassen, sich privat zu unterhalten. Sobald die Musik verstummte, war sie immer regelrecht zu ihrer Freundin geflohen.
Es ärgerte ihn ein bisschen, dass ihn Penelope anscheinend weniger interessant fand als Isabella Norwood. Hatte Penelope nur Ja zu ihm gesagt, weil er ein wohlhabender Earl war? Er hatte geglaubt, bei ihr ehrliches Interesse an seiner Person zu spüren.
Pah, was machte er sich darüber Gedanken? Es sollte ihn freuen, dass sie einer Zweckehe zustimmte, schließlich würde ihm das sehr gelegen kommen. Doch es kratzte an seinem Ego, dass er weniger anziehend auf sie wirkte als die »verrückte Isabella« oder »die Hosenlady«, wie Lord Trentons Tochter von den meisten hinter vorgehaltener Hand genannt wurde.
Penelope und sie verband eine fast lebenslange Freundschaft, wie unschwer an der Vertrautheit zwischen den beiden zu erkennen war. Nur schienen die zwei Frauen grundverschieden zu sein. Isabella Norwood benahm sich in einigen Belangen eher wie ein Mann. Sie trug für gewöhnlich Hosen, verwaltete Trenton House und beschäftigte das Dienstpersonal – sehr zum Ärger ihrer Stiefmutter, die seit der Heirat mit Lord Trenton die eigentliche Dame des Hauses war. Außerdem kümmerte sich Izzy um das Wohlergehen der Pächter und die Instandhaltung des Anwesens.
Penelope, hingegen, war ganz die Tochter eines Barons, wohlerzogen und mit den besten Manieren gesegnet. Ihre Hauptbeschäftigungen waren wohl eher Sticken und Malen. Leider hatte Ashton bisher nicht herausgefunden, womit sie sich am liebsten die Zeit vertrieb. Ihre Eltern schwärmten ihm nur ständig von ihrer wundervollen Singstimme vor.
Sein Gesangstalent war unterirdisch.
Gegensätze zogen sich oft an, hieß es. War seine Wahl auch deshalb auf Penelope gefallen?
Erstaunlicherweise genoss er ihre Nähe und musste aufpassen, sie nicht zu nah an sich heranzulassen. Der Abend machte Spaß, und er hätte nicht gedacht, sich so gut mit einer Frau zu verstehen. Wenn sie ihn im Bett auch zufriedenstellte, konnte er sich glücklich schätzen. Ashton konnte kaum abwarten, herauszufinden, wie seine Zukünftige unter all dem teuren Stoff aussah. Sein letztes Vergnügen mit einer Dame war schon eine ganze Weile her, und er sehnte sich nach körperlicher Nähe, dem weichen Leib einer Frau, ihren Duft und weiblichen Schenkeln um seinen Hüften.
Als Lord Rutherford zu Isabella zurückkehrte, eilte Ashton sofort zu Penelope und nahm ihre Hand.
»Möchtest du noch einmal tanzen?«, fragte sie sanft lächelnd.
»Eigentlich wollte ich ein wenig frische Luft schnappen.«
»Das klingt gut.« Sie warf einen Blick über ihre Schulter. »Soll ich Mama fragen, ob sie mit uns … Oh, sie tanzt mit Papa.«
Sehr gut, er wollte seine zukünftige Frau dringend allein sprechen. »Du brauchst keine Anstandsdame«, erklärte er ihr, während er sie zwischen den Gästen hindurchmanövrierte. »Wir werden bald heiraten.«
Penelope sah plötzlich aus wie ein in die Ecke getriebenes Tier.
Zwischen Vorhang und Terrassentür blieb er mit ihr stehen, durch den dicken Stoff ein wenig abgeschottet von den anderen, und fragte leise, aber dicht an ihrem Ohr: »Vertraust du mir?«
»Das tue ich, Ashton.« Mutig blickte sie ihm in die Augen. »Deshalb ist meine Wahl auch auf dich gefallen. Du warst mir von all meinen Verehrern der Liebste.«
Sein Herz machte einen Freudensprung, doch gleich danach verkrampfte es sich. Hoffentlich fand sie nie heraus, wie er ihre Nebenbuhler losgeworden war. Ashton kannte die schmutzige Wäsche der meisten Adligen in London. Er hatte den Männern also nur androhen müssen, dass er nicht nur der lieblichen Penelope Clearwater die eine oder andere unschöne Geschichte erzählen würde, sollten sie ihr weiterhin den Hof machen, sondern auch den Klatschblättern. Das hatte gewirkt.
Ja, er hatte unfaire Mittel eingesetzt. Aber was tat Mann nicht alles, um die perfekte Frau zu bekommen?
Penelope hatte dennoch keinen Grund zur Beschwerde, schließlich bewahrte er sie davor, entweder einen Mitgiftjäger, einen Spieler, einen Trunkenbold oder den größten Schwerenöter von ganz London zu ehelichen.
Mit ihm traf sie es hingegen nicht schlecht. Er konnte sich mit ihr aber auch nicht beschweren. Ihre Familie war angesehen, Skandale waren ihm keine bekannt, und ihr Vater war politisch weniger aktiv, weil er sich meistens auf dem Land aufhielt. Ashton hatte dem Baron unauffällig auf den Zahn gefühlt, und dessen Antworten hatten Ashton zufriedengestellt. Außerdem hatte er herausfinden wollen, was Penelopes Vater über ihn gehört hatte und von ihm hielt.
Alles war bestens; er würde der strahlende Schwiegersohn sein. Ashtons hervorragender Ruf lag zum Großteil daran, dass er sich nicht oft in London aufhielt, er kaum einen näher an sich heranließ und deshalb keiner etwas über ihn wusste. Er schloss nur oberflächliche Freundschaften, trank in Gesellschaft nie mehr als ein Glas Alkohol, damit sich bloß nicht seine Zunge lockerte und er vielleicht ungewollt Geheimnisse preisgab. Einzig Captain William Quintrell, den er seit seiner Studienzeit kannte, war sein engster Vertrauter und bester Freund. Gemeinsam hatten sie schon das eine oder andere Abenteuer bestritten. Ashton freute sich darauf, den Haudegen bald wiederzusehen. Er wusste nur noch nicht, wie er Penelope die Änderung seiner Pläne für die Hochzeitsreise beibringen sollte.
Als er mit ihr auf die dunkle Terrasse trat, atmete er auf, weil keine anderen Gäste anwesend waren. Die Nacht war sternenklar, aber kein Mond zu sehen.
Er führte Penelope zu einer Bank, die schwach von dem Licht erhellt wurde, das durch die Vorhänge des Salons fiel. Sie nahmen beide auf der schmalen Sitzfläche Platz, und als sie sich zurücklehnte, schloss sie die Augen und atmete tief ein. »Die frische Luft tut gut. Es ist unglaublich warm im Saal.«
»Allerdings«, erwiderte er, ohne den Blick von ihrem hübschen Gesicht zu nehmen. Auch wenn sie ihre Augen geschlossen hielt, wusste er, dass sie braun waren, genau wie seine, nur etwas heller. Ihre Lippen sahen wie zwei weiche, samtige Kissen aus und besaßen den perfekten Schwung. Ihre Nase war gerade und klein, nicht so riesig wie seine. Gut. Dann kamen sie sich beim Küssen nicht in die Quere.
Als sie die Lider öffnete und ihm das Gesicht zudrehte, lächelte sie. »Warum grinst du? Einen Penny für deine Gedanken.«
»Ich hätte lieber eine Penny.«
Sie lachte. »Die gehört dir bald für immer.« Abrupt blickte sie in eine andere Richtung.
Dachte sie daran, dass in Kürze nicht mehr ihr Vater, sondern er über ihr Leben bestimmte? Wie mochte sich eine Frau fühlen, die kaum eine Entscheidung selbst treffen durfte?
Er hatte bis jetzt nie darüber nachgedacht. Aber Penelope hatte recht. Nach der Hochzeit gehörte sie allein ihm.
Ashton spürte eine kribbelnde Vorfreude. Ob sie ihre unschuldige, leicht schüchterne Art beibehalten würde?
Er grinste in sich hinein. Als seine Ehefrau würde sie nicht lange unschuldig bleiben.
Ashton liebte ihre Unverdorbenheit. Außerdem mochte er es, Penelope zu reizen. Deshalb stellte er seine Schenkel ein wenig auseinander, damit er auf der schmalen Bank ihr Bein berührte. Durch die zahlreichen Stofflagen schien sich ihre Hitze in seine Haut zu brennen.
»Sag mir, wenn dir zu kalt wird«, raunte er. »Dann hänge ich dir meinen Gehrock um.«
»Das ist sehr aufmerksam von dir. Im Moment glühe ich regelrecht, und der Abend ist überraschend mild. Unser Tanz hat mich ganz schön erhitzt.«
Nicht nur sie.
Sie wedelte sich noch einmal Luft zu, bevor sie den Fächer zusammenschob und in einer Tasche ihres Kleides verschwinden ließ. Dann faltete sie die Hände in ihrem Schoß.
»Was machst du den ganzen Tag, wenn du keine Feste besuchst?«, fragte er frei heraus.
Sanft lächelte sie ihn an, als würde sie sich über sein Interesse freuen. »Wenn ich mit meiner Familie in London wohne, gehe ich mit Mama gerne Freunde besuchen oder zum Einkaufen. Es gibt wahnsinnig tolle Modegeschäfte dort.«
Er schmunzelte. »Dann wird es dir in Paris gefallen.«
»Ich kann es kaum erwarten«, gestand sie ihm, und selbst in der Dunkelheit bemerkte er, wie sich ihre Wangen verfärbten.
Nun wollte er zu gerne wissen, was in ihrem Kopf vorging. Ob sie an die bevorstehende Hochzeitsnacht dachte?
Als sie scheu den Blick senkte, fragte er schnell: »Und womit beschäftigst du dich, wenn ihr auf dem Land lebt?«
»Dann bin ich oft bei Izzy oder sie ist bei mir.«
Das hatte er sich fast gedacht. Eigentlich wollte er jetzt nicht über ihre Freundin reden. Doch höflich wie er war, fragte er: »Und wie vertreibt ihr euch die Zeit?«
»Meistens reden wir.«
Als er lediglich eine Braue hob, weil ihn die Themen der beiden interessierten, setzte sie schnell hinzu: »Über … alle möglichen Dinge. Manchmal reite ich mit ihr auch aus, wenn sie einen der Pächter besuchen muss, oder wir gehen spazieren.«
»Nur ihr beide, ganz allein?«
»Papa möchte natürlich, dass wir jemanden mitnehmen. In letzter Zeit bevorzugt Andrew, sofern er nicht am College ist, oder George. Er sagt, meine Brüder sollen ruhig sehen, wie die Pächter leben und was sie alles leisten. Aber meistens fliehen wir vor den Rabauken.«
Ashton schnaubte amüsiert. »Klingt, als wären die beiden eine Plage.«
Sie schmunzelte. »Ich liebe sie, aber sie hecken ständig gemeinsam etwas aus. Dabei liegen sieben Jahre zwischen ihnen. Andrew ist schon fünfzehn und ein junger Mann, George acht. Aber sie benehmen sich fast wie Zwillinge.«
Er wünschte, er hätte auch Geschwister. Doch vielleicht war es ganz gut, dass er allein war. So musste er sich um niemanden sonst kümmern. Und wenn ihn Vaters Verhalten nach Mutters Tod schon derart mitgenommen hatte, wie hätten dann erst andere seiner Familie darauf reagiert?
»Als Kinder haben wir uns auch oft davongeschlichen«, fuhr Penny fort und riss ihn aus seinen Gedanken. »Es gab einen großen Streit, als Papa dahinterkam, und ich hatte einen Monat lang Hausarrest. Seitdem hat er ein wachsames Auge auf uns beide, denn Izzy ist beinahe wie eine Tochter für ihn. Rund um unser Herrenhaus darf ich mich mit ihr alleine aufhalten. Aber wenn wir weiter weg wollen, begleitet uns meist Trish, meine Zofe. Zumindest bis wir außer Sichtweite sind.«
Penelope überraschte ihn. Er hatte nicht erwartet, dass eine Rebellin in ihr steckte. In einigen Punkten waren sie doch nicht so verschieden. »Deine Freundin Isabella hat dich wohl ein wenig mit ihrer unkonventionellen Art angesteckt?«
Sie lächelte verhalten. »Mit Izzy habe ich mich immer unbeschwert gefühlt und konnte den ganzen Benimmregeln für eine Weile entfliehen.«
Sie hatte anscheinend eine strenge Erziehung genossen. Bei ihm musste sie sich nicht perfekt verhalten. In der Tat gefiel es ihm, wenn sie sich weniger steif benahm.
»Doch die wilden Jahre sind vorbei.« Ernst blickte sie ihn an. »Wir sind erwachsen geworden. Izzy hat meist nur noch wenig Zeit, weil sie sich hier um alles kümmert, und ich bin bereit, ein neues Kapitel aufzuschlagen.«
»Klingt poetisch.«
Offen lächelte sie ihn an. »Ich mag Gedichte.«
»Du liest also? Sticken und Malen liegen dir eher weniger?«
»Natürlich besticke ich auch Taschentücher oder Kissenbezüge«, antwortete sie schnell, wobei sie leicht errötete. »Diese Tätigkeit hat etwas Beruhigendes. Aber viel lieber spiele ich Piano, oder ich singe auch sehr gerne.«
»Das habe ich bereits gehört.« Schmunzelnd legte er seine Hand auf ihre, die sie immer noch im Schoß gefaltet hatte. Er wünschte, sie hätten beide nicht diese verdammten Handschuhe an.
Erneut huschte eine sanfte Röte über ihr Gesicht. »Mama wird nicht müde, das zu erwähnen.«
»Dein Vater ebenso«, sagte er grinsend. »Sowie andere Gäste. Sie freuen sich darauf, dich spielen und singen zu hören. Ich übrigens auch.«
»Wirklich?«, flüsterte sie und ergriff seine Hand.
Ashton beugte sich zu ihr und raunte nah an ihrer Wange: »Ich will alle deine Talente kennenlernen.«
Als sie nicht zurückwich, sondern die Augen schloss, traute er sich, seine Lippen sanft an ihren Hals zu drücken. Penelope keuchte leise auf, während er ihren Geruch einsog. Dort duftete ihre Haut besonders intensiv nach Jasmin.
Er drehte sich mit dem ganzen Körper weiter zu ihr und legte die andere Hand seitlich auf ihren Oberschenkel, während er seine Lippen tiefer gleiten ließ. Er küsste ihr Schlüsselbein und hätte gerne an ihrer Schulter geknabbert, doch leider störte das Kleid.
Penelope bebte am ganzen Leib. Sie hielt die Augen immer noch geschlossen und atmete schwerer, ihr Dekolleté hob und senkte sich deutlich. Ashton konnte sich gerade noch zurückhalten, nicht den Stoff nach unten zu ziehen, um ihre Brüste zu küssen.
Bald …, dachte er.
Es waren kaum mehr zwei Wochen bis zur Hochzeitsnacht. So lange musste er sich noch gedulden. Dennoch wollte er unbedingt jetzt schon ein wenig mehr von Penelope erhaschen.
»Gebiete mir Einhalt, wenn ich etwas mache, was dir missfällt«, befahl er mit vor Lust dunkler Stimme und führte ihre Finger an seinen Mund. Durch den Handschuh drückte er ihr einen Kuss auf den Handrücken.
Penelope nickte lediglich, öffnete jedoch die Lider.
Ashton begann, den Handschuh von ihrem Oberarm abzurollen und jedes Stück blasser, seidenzarter Haut, das er freilegte, zu küssen. Mit der anderen Hand streichelte er durch das Kleid ihren Oberschenkel.
Sie biss sich auf die Unterlippe und lehnte sich weiter zurück, während er ihr den Handschuh ganz abzog und jede ihrer Fingerspitzen küsste. Dabei verfolgte er Penelopes Reaktionen genau. Ihr Atem ging immer schwerer.
Verdammt, langsam wurde es eng in seiner Hose.
Zu gerne wollte er seine Lippen auf ihren leicht geöffneten Mund drücken, aber so weit war Penelope noch nicht. Ashton durfte sie nicht überfordern, obgleich er merkte, dass sie sein Tun erregte. Er wusste, welche Wirkung er auf Frauen hatte und kannte alle Tricks, um die Damen unter sich schmelzen zu lassen. Je langsamer er zu Beginn voranschritt, desto mehr wollten sie ihn später.
Wie würde Penelope erst im Bett auf ihn reagieren, wenn er sie nach allen Regeln der Kunst verführte? Er konnte kaum erwarten, das herauszufinden. Ashton wollte sie stöhnen hören, sie sollte sich winden vor Lust und Leidenschaft. Er würde sie in allen möglichen Stellungen nehmen, ja, vielleicht sogar ein paar Figuren aus dem Kamasutra ausprobieren, falls sie experimentierfreudig war.
Selbstverständlich würde er nie etwas gegen ihren Willen tun und genau auf ihre Reaktionen achten. Denn nur wenn sie Spaß an der ganzen Sache hatte, konnte auch Ashton alles in vollen Zügen genießen. Im Moment legte Penelope eine natürliche Hingabe an den Tag, die ihn ungemein anstachelte. Sie schob eine Hand in seinen Nacken und krallte die andere in seinen Unterarm, als müsste sie sich irgendwo festhalten. Ihre leicht geöffneten Lippen schienen ihn geradezu anzuflehen, geküsst zu werden. Doch wenn er das tat, würde er sich nicht mehr beherrschen können.
Damit er sie nicht gleich an Ort und Stelle vernaschte, zog er die Hand weg und half ihr, den Handschuh wieder überzustreifen. »Wir sollten zurückgehen. Die anderen vermissen uns vielleicht schon.«
»Na-natürlich.« Sie blinzelte ihn an, als würde sie gerade aufwachen.
Es freute ihn, dass er ihr eine Welt gezeigt hatte, die sie nicht kannte. Doch er ärgerte sich auch, dass sie beide noch nicht verheiratet und an einem Ort waren, an dem sie keiner stören konnte. Vielleicht fanden sie später mehr Zeit füreinander. Schließlich übernachtete er, solange die Feierlichkeiten dauerten, in dem Herrenhaus von Penelopes Vater. Seine Zukünftige schlief nicht weit von ihm entfernt …
»Was hältst du davon, wenn wir uns in ein paar Stunden noch einmal sehen, nur wir beide?«, fragte er, als er ihr die Hand reichte und mit ihr in Richtung Terrassentür schlenderte – ganz langsam, damit niemand der Gäste mitbekam, wie es um ihn stand. Der aktuelle Tanz war beendet, die Musik verstummt. Bestimmt würden sie nicht mehr lange allein hier draußen sein.
»In ein paar Stunden?« Penelopes glatte Stirn legte sich in Falten. »Dann sind wir längst nicht mehr hier.«
»Allerdings.« Vor der halb geöffneten Terrassentür blieb er stehen und grinste Penelope schief an. In ihrem Gesicht spiegelten sich alle möglichen Emotionen wider, vor allem Unglauben und Entsetzen, aber auch Neugier.
Während sie schwieg, pochte sein Herz wild. Ashton hoffte, nicht zu weit zu gehen, als er sagte: »Ich werde zu dir kommen, wenn alle schlafen.«
Ihr süßer Mund klappte auf und ihre Lider verengten sich. Ein wenig von der Rebellin blitzte hindurch, und er glaubte, sie würde ihn gleich beschimpfen. Doch dann schien sie sich zu fassen und flüsterte ihm vehement zu: »Mein Vater bringt dich um, wenn er dich erwischt!«
»Er wird mich nicht erwischen.« Er war es schließlich gewohnt, wie ein Geist durch Häuser zu schleichen.
Als sie nach Luft schnappte, legte er einen Arm um ihre Taille, um sie an seinen Körper zu ziehen, und raunte ihr ins Ohr: »Keine Sorge, meine Liebe. Ich verspreche dir, nichts zu tun, was dir missfallen könnte. Ich will nur ein wenig Zeit mit dir allein verbringen. Du vertraust mir doch?«
»Das tue ich, Ashton«, wisperte sie, wobei sie die Hände auf seine Brust legte und schon wieder atemlos klang.
»Dann ist es beschlossen.« Erleichtert, dass sie ihm keine Szene gemacht hatte, atmete er durch. »Ich werde drei Mal leise bei dir klopfen.«
Bevor peinliches Schweigen aufkommen konnte und weil er nicht wollte, dass sie sich über später den Kopf zerbrach und womöglich ihre Meinung änderte – er sah, wie es hinter ihrer Stirn ratterte – sagte er schnell: »Jetzt möchte ich gerne noch einmal mit dir tanzen. Würdest du mir diesen Gefallen tun?«
Sämtliche Anspannung schien von ihr zu weichen, und sie lächelte ihn ehrlich an. »Diesen Gefallen tue ich dir gerne.«
Puh, sie war ihm nicht böse. Die streng erzogene Miss Penelope Clearwater überraschte ihn immer wieder. Sie war klug, reizend und mit den besten Manieren ausgestattet. In der Öffentlichkeit eher zurückhaltend, entfaltete sie in seiner Gegenwart nach und nach ihr wahres Ich – das Ashton bisher sehr gut gefiel. In vielen Punkten war sie ganz anders als ihre zwar hübsche, aber anstrengende Freundin, die mit den Herren über Politik und Landwirtschaft diskutierte. Es grenzte an ein Wunder, dass die anwesenden Lords noch nicht die Feier verlassen hatten – sehr zum Ärger von Isabella Norwood, die wohl keinen der Kandidaten heiraten wollte.
Zum Glück hatte Penny sofort eingewilligt, seine Frau zu werden, und ließ es zu, dass er später zu ihr kommen durfte. Es erleichterte ihn ungemein, dass sie ihn anziehend fand und auf seine Annäherungsversuche mit Leidenschaft reagierte. Es könnte nicht besser zwischen ihnen laufen. Ashton konnte es kaum erwarten, sie in ihren privaten Gemächern zu besuchen, um ihre Leidenschaft noch mehr anzufachen. Bis zu ihrer Hochzeitsnacht würde sie glühen vor Lust und sich nach ihm verzehren. Dann würde er ihr zeigen, wozu er wirklich fähig war.