Читать книгу Im Visier der Mächtigen - Irene Dorfner - Страница 11
6.
ОглавлениеFriedrich Fuchs hatte alle Beweise auf dem Tisch des Besprechungszimmers ausgebreitet. Als Leo eintraf, waren Fuchs, Diana und der Chef anwesend und versuchten, die Beweise zu sichten, was nicht leicht war. Sie waren auf die Erklärungen des Kollegen Fuchs angewiesen, der aber auf Leo warten wollte, um nicht noch einmal alles erklären zu müssen.
Fuchs holte weit aus und untermalte seine Ausführungen vor allem mit Röntgenbildern und Testergebnissen, die die anderen nur sehr schwer verstanden. Als Fuchs endlich mit einfachen Worten nochmals alles zusammenfasste, verstanden alle, was er meinte.
„Sie wollen uns allen Ernstes sagen, dass das Geschoss fehlt? Das ist doch nicht möglich!“, sagte Diana, die vom Chef aus dem Tiefschlaf geweckt worden war, was man ihr aber nicht im geringsten ansah. „Ich habe die frische Schusswunde selbst gesehen. Es gab keine Austrittswunde, also muss das Geschoss im Körper des Toten sein.“
„Das war auch meine Annahme, Frau Nußbaumer. Der Leiche wurde die Kugel entnommen – und das kann nur auf dem Weg nach München passiert sein“, sagte Fuchs, der seine Unterlagen wieder an sich nahm, nachdem die Kollegen alles gesehen und gelesen hatten.
„Wer hat die Leiche nach München gebracht?“
„Der Kollege Dornhobel.“ Fuchs hatte das mehrfach überprüft.
„Marcel Dornhobel? Wo ist er? Wir müssen mit ihm sprechen.“
„Ich habe ihn hergebeten, er wartet bereits vor der Tür.“
Der dreißigjährige Dornhobel hatte keine Ahnung, warum er mitten in der Nacht auf dem Präsidium erscheinen musste. Er gähnte herzhaft, als Leo ihn hereinbat.
Als Dornhobel in die Runde blickte, erschrak er. Was war hier los?
„Sie haben die Leiche des Unbekannten vom Stadtplatz nach München gebracht?“
„Selbstverständlich, Herr Schwartz, Sie haben mich selbst darum gebeten.“
„Ist unterwegs irgendetwas vorgefallen, das Sie uns bisher verschwiegen haben?“
Dornhobel erschrak. Woher wussten die Kollegen davon? Er entschied, die Wahrheit zu sagen, da er Schwartz kannte: Der würde nicht aufgeben, bis er Antworten auf all seine Fragen hatte.
„Eine Frau hatte auf dem Parkplatz bei Hohenlinden eine Panne und ich wollte ihr helfen. Als ich in den Motorraum blickte, wurde ich niedergeschlagen.“
„Warum haben Sie kein Wort darüber verloren?“ Leo war enttäuscht von dem Mann, von dem er bisher sehr viel hielt.
„Geld und Handy waren da, auch die Leiche war an ihrem Platz. Ich sah keine Veranlassung, den Vorfall zu melden und habe daher die Fahrt fortgesetzt. Darf ich erfahren, worum es hier geht? Was ist passiert?“
Fuchs legte ihm einige Seiten vor, die er aufmerksam las, aber nicht verstand. Fragend sah er Leo an.
„Das tödliche Geschoss wurde entfernt.“
„Wie bitte?“
„Nach Ihrer Aussage wissen wir jetzt, wo und wann das geschehen ist. Allerdings noch nicht, von wem. Können Sie die Frau beschreiben?“
„Sie war jung und sehr hübsch.“
„Das kann ich mir vorstellen“, maulte Krohmer. „Nehmen Sie Dornhobel mit, Herr Fuchs, vielleicht bekommen wir ein vernünftiges Phantombild.“
„Machen wir uns gleich an die Arbeit. Wenn ich bitten darf?“, wandte sich Fuchs an Dornhobel.
„Was für eine kuriose Nacht! Erst dieser Mord an Brunhilde, dann auch noch das hier.“
„Brunhilde?“
„Eine Zuchtsau. Vorhin hatte ich ein kompliziertes Gespräch mit einem Landwirt. Er war hier wegen dem Mord an seiner Brunhilde.“
„Wo ist der Mann?“, rief Leo aufgebracht.
„Hoffentlich zuhause. Was ist los mit Ihnen?“
„Das ist doch kein Zufall!“
„Ihr Bauchgefühl?“
Leo nickte. Auch wenn sich alle immer wieder über sein Bauchgefühl lustig machten, konnte er sich oft darauf verlassen.
„Sie meinen, unser Fall könnte mit Brunhilde zusammenhängen?“ Krohmer hielt das für sehr weit hergeholt und hatte keine Ahnung, wie das passen sollte.
„Wir müssen die Sau sofort sicherstellen. Vielleicht finden wir Spuren, die uns zum Täter führen.“
„Machen Sie, was Sie für richtig halten. Ich finde das schwachsinnig!“, sagte Krohmer und sah seinen Kollegen hinterher. „Aber ich bin hier ja nur der Chef, was weiß ich denn schon?“
Leo und Diana machten sich sofort auf den Weg, nachdem sie von Hintergruber die Adresse erhalten hatten. Nur zwanzig Minuten später standen sie auf dem Fagl-Hof.
„Sie wollen was? Die Brunhilde beschlagnahmen?“ Fagl verstand kein Wort.
„Richtig. Wir müssen Beweise sichern.“
„Dafür ist es zu spät. Kommen Sie mit.“ Leo und Diana folgten dem Mann und standen vor einem riesigen Tisch, auf dem fein säuberlich aufgereiht jede Menge Fleisch lag.
„Sie haben die Sau geschlachtet?“
„Hätte ich sie verkommen lassen sollen? Lange hätte ich nicht mehr warten können, dann wäre das Fleisch verdorben gewesen. Wäre ja echt schade darum.“
„Wo ist das Geschoss?“
„Welches Geschoss?“
„Mit dem die Brunhilde erschossen wurde.“
„Zefix! Daran habe ich nicht gedacht. Gefunden habe ich nichts, aber vielleicht ist es in den größeren Bratenstücken. Dafür kommen nur die drei Stücke in Frage.“
„Sicher?“
„Selbstverständlich. Die Brunhilde wurde hier getroffen und das sind die dazugehörigen Fleischstücke.“
„Die nehmen wir mit, die sind beschlagnahmt.“
„Wie Sie wollen – aber ich will sie zurück haben. Das ist bestes Biofleisch!“
Leo rief Fuchs an, Fagl hörte aufmerksam zu.
„Die Spurensicherung kommt tatsächlich?“
„Ja. Wo wurde die Brunhilde erschossen?“
„Kommen Sie mit.“ Fagl führte Leo und Diana in einen angrenzenden Stall, in dem mehrere Schweine untergebracht waren. Sofort schlug ihnen ein ekelhafter Geruch entgegen, der Leo die Luft nahm. Er hatte mal wieder nicht an Gummistiefel gedacht und watete jetzt mit seinen Cowboystiefeln durch den ganzen Dreck. Diana hatte das richtige Schuhwerk, das zu ihrem Outfit passte, auch wenn sie mit ihrem dunkelgrünen Kostüm nicht in einen Schweinestall gehörte.
„Das war Brunhildes Stall, sie war allein untergebracht. Das hat sie sich als mehrfach preisgekrönte Zuchtsau redlich verdient.“
Leo sah sich um, während er versuchte, so wenig wie möglich zu atmen. Einige Minuten später kamen Fuchs und seine Mitarbeiter. Endlich konnten er und Diana wieder an die frische Luft.
„Na toll, meine Stiefel sind ruiniert!“, schimpfte Leo, der Sorge hatte, dass die Kleidung den Geruch des Stalles angenommen hatte.
„Das ist nur Dreck. Nehmen Sie“, sagte Fagl und gab ihm eine grobe Bürste, mit der der Dreck tatsächlich leicht zu entfernen war.
„Wie halten Sie den Geruch nur aus?“, fragte Diana, der Tränen in den Augen standen. Sie sehnte sich nach einer Dusche und frischer Kleidung.
„Welcher Geruch?“ Fagl schüttelte den Kopf und ging davon.
Leo und Diana blieben, bis die Spurensicherung fertig war.
„Nichts“, sagte Fuchs enttäuscht. „Nicht die kleinste Spur. Für heute ist Feierabend, den haben wir uns redlich verdient. Was mache ich mit dem Fleisch?“
„Legen Sie es in den Kühlschrank“