Читать книгу Die Todesliste - Irene Dorfner - Страница 3
1.
ОглавлениеDIE TODESLISTE
Leo Schwartz…
…und die Rache aus London
IRENE DORFNER
Anmerkung:
Die Personen und Namen in diesem Buch sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
Der Inhalt des Buches ist reine Phantasie der Autorin. Auch hier sind Ähnlichkeiten rein zufällig.
Die Örtlichkeiten wurden den Handlungen angepasst.
Ich wünsche allen Lesern spannende Unterhaltung mit
Leos 28. Fall!!
Irene Dorfner
Copyright © 2018 Irene Dorfner
All rights reserved
Lektorat: FTD-Script, D-84503 Altötting
1.
Carter Waves verließ das Flugzeug am Münchner Flughafen wie ein ganz gewöhnlicher Passagier. Niemand ahnte, dass er in einer tödlichen Mission von London nach München gekommen war. Vor drei Wochen hatte er die erste Nachricht von seinem Bruder erhalten, die ihm dessen Anwalt Bloomberg zukommen ließ. Darauf folgten zwei weitere, die deutlich machten, was sein Bruder von ihm verlangte. Johns Festnahme und die Enthüllungen über den Anschlag in London Heathrow, die Bombe und die Forschungseinrichtung Porton Down schlug immer noch in ganz Großbritannien hohe Wellen. Die Zeitungen waren voll davon und die Nachrichten im Fernsehen und Radio begannen immer zuerst mit den neuesten Informationen über den Fall Waves. Die britische Regierung war um Schadensbegrenzung bemüht, womit sie sich aber oft keinen Gefallen tat. Wenn Informationen absichtlich zurückgehalten wurden und das publik wurde, wurde das von der Bevölkerung sehr übelgenommen. Es wurden Stimmen über Neuwahlen laut, aber davon wollte die Regierung nichts hören. Die vorübergehende Festnahme des Aktivisten Damian Lynch, der immer mehr Sympathisanten fand, wurde scharf kritisiert. Vor allem die Opposition fand darin genug Futter, um die aktuelle Regierung permanent angreifen zu können und goss zusätzlich immer wieder Öl ins Feuer. Für den nächsten Tag war erneut ein Demonstrationszug durch London angesetzt, mit dem man die Rehabilitierung Lynchs und die totale Offenlegung der Arbeiten im Forschungslabor Porton Down forderte. Ersteres war für die Regierung nicht schwer, das mit Lynch würden sie, wenn auch zähneknirschend, durchwinken können. Die Sache mit Porton Down ging auf keinen Fall. Große Teile der Forschungseinrichtung, die dem Verteidigungsministerium unterlagen, waren streng geheim und das sollte auch so bleiben, darin war man sich einig.
Das alles interessierte Carter Waves nicht. Sein Bruder John bat ihn um Hilfe und wie könnte er ihm diese verweigern? Er fühlte sich für das, was mit seinem Bruder geschah, mitverantwortlich. John hatte sich auf ihn verlassen und er hatte sich Fehler erlaubt, die nicht hätten passieren dürfen. Carter hatte ein schlechtes Gewissen, auch wenn er persönlich nicht für die Fehler verantwortlich war. Das war jetzt alles nicht wichtig. John brauchte seine Hilfe und er war selbstverständlich für ihn da. Die letzte Nachricht traf vorgestern ein und ab diesem Zeitpunkt hatte er eine konkrete Vorstellung davon, was sein Bruder von ihm verlangte: Rache an denjenigen, die ihm die Tour vermasselten und dafür verantwortlich waren, dass er festgenommen und dabei auch noch schwer verletzt wurde. Die Wunden waren längst verheilt, aber es blieben Beschwerden zurück, unter denen er tagtäglich litt.
John Waves sehnte sich nach Rache, er dachte an nichts anderes mehr. Mit dem Trubel, den man in der Presse veranstaltete, hatte er nicht die geringste Chance, jemals wieder auf freien Fuß zu kommen, damit hatte er sich abgefunden. Aber die Schuldigen mussten bestraft werden, wofür er seinen Bruder Carter auserkoren hatte. Carter war an dem Attentat am Flughafen London Heathrow und seinem Plan beteiligt und hatte sich währenddessen nicht mit Ruhm beklettert. John gab ihm eine Teilschuld daran, dass alles schiefgelaufen war, denn seine Flucht konnte durch die Unzuverlässigkeit seines Bruders nicht, wie geplant, durchgeführt werden. Natürlich war John klar, dass sein Bruder kein eiskalter Killer war, aber das war ihm egal. An wen hätte er sich sonst wenden sollen? Er war Wissenschaftler und hatte von Verbrechen an sich keine Ahnung. Darüber, wie Carter das Problem lösen würde, machte er sich keine Gedanken. Er wollte nur Rache – und die mit aller Konsequenz.
John war nicht überrascht darüber, dass sich Carter sofort bereiterklärte, den Job, oder besser gesagt, die Jobs, zu übernehmen. Er ließ seinem Bruder durch den Trottel von Anwalt, der ständig in Geldnot zu sein schien, eine größere Summe zukommen. Aber viel wichtiger war die Liste der Namen, an denen sich Carter in seinem Namen rächen sollte. Die Anweisung an seinen Bruder war klar und deutlich: Keiner der Schuldigen durfte am Leben bleiben!
Carter Waves war tatsächlich kein Mörder, trotzdem fühlte er sich dazu verpflichtet, Johns Bitte nachzukommen und die Schuldigen zu töten. Der Plan schien ganz einfach: Einen Namen nach dem anderen auf seiner Liste musste er für immer auslöschen. Es standen zwei Briten und drei Deutsche auf dieser Todesliste. Die Briten wollte er sich für später aufheben. Die beiden Männer, der britische Polizist Kevin Sparks und der pensionierte, ehemalige Geheimdienstchef Oliver Barnes, standen auch nach all den Wochen immer noch im Fokus des öffentlichen Interesses. Es gab kaum einen Tag, an dem man deren Gesichter nicht im Fernsehen oder in einer der vielen Zeitungen erblickte. An die beiden heranzukommen war in der jetzigen Situation viel zu gefährlich, wenn nicht sogar unmöglich. Sobald sich das Interesse gelegt hatte, konnte er sich die beiden vornehmen. Die Deutschen waren zuerst dran, auf die musste er sich jetzt konzentrieren. Das waren Leo Schwartz und Hans Hiebler, beides Polizisten im bayerischen Mühldorf am Inn, wo immer das auch sein mochte. Neben den beiden musste er sich um eine Christine Künstle kümmern, eine Rentnerin aus Ulm. Diesen Ort hatte er bereits irgendwann mal gehört, wusste aber auch nicht, wo sich der befand, was aber momentan nicht wichtig war. Die beiden Polizisten waren der schwierigere Part, die waren zuerst dran. Danach war die Alte an der Reihe, das würde ein Kinderspiel werden. Dass sie es war, die ihren Bruder schwer verletzt hatte, wusste Carter nicht, das wusste niemand - außer John Waves. Christine hatte gebeten, ihren Namen aus der ganzen Sache herauszuhalten, was Dank der Hilfe von Oliver Barnes hervorragend geklappt hatte. Die Vierundsechzigjährige pensionierte Pathologin hasste es, in der Öffentlichkeit zu stehen, das überließ sie lieber anderen. Auch wenn ihr Name nirgends auftauchte - John Waves würde ihn niemals vergessen!
Carter Waves bahnte sich den Weg durch die Menschenmenge, die aus dem Flugzeug drängte. Allen ging es nicht schnell genug, auch ihm nicht. Dass er äußerst rüpelhaft vorging, ärgerte einige, aber das war Waves egal. Er hatte kein Gepäck dabei, ihm reichte eine Sporttasche für das Nötigste, denn er hatte nicht vor, lange in Deutschland zu bleiben. Der Anwalt Bloomberg hatte ihm Informationen über das fremde Land zukommen lassen, die ihn allesamt nicht interessierten. Nur der Hinweis auf den Rechtsverkehr war für ihn interessant. Er war ein guter Fahrer und die Umstellung würde ihm keine großen Probleme bereiten. Da Carter Waves noch niemals zuvor Großbritannien verlassen hatte, wusste er nichts von anderen Ländern und den dort herrschenden Lebensumständen, die ihm völlig gleichgültig waren. Für ihn gab es nur das Leben in seiner Heimat, andere Länder waren ihm egal.
Mit einem Leihwagen fuhr Carter zuerst in die Münchner Innenstadt. Dort wartete ein Kontaktmann auf ihn, von dem er eine Waffe kaufen konnte. Dieser Kontakt wurde ihm von Bloomberg vermittelt, der sich offenbar in diesem Metier gut auszukennen schien. Während der Fahrt in die Münchner Innenstadt dachte Waves über den Anwalt seines Bruders nach. Der dicke, schwammige Kerl hatte etwas an sich, was er nicht mochte. Vor allem die stechenden, kleinen Augen und der Tick, sich immer wieder durchs pomadige Haar zu streifen, waren ihm zuwider. Warum hatte sein Bruder gerade ihn zum Anwalt gewählt?
Der Rechtsverkehr war für Waves tatsächlich kein Problem. Nur ein einziges Mal war er versucht, die linke Spur zu nehmen, erkannte seinen Fehler aber noch rechtzeitig. Warum wollte sich der Kontakt mit ihm mitten in der Innenstadt treffen? War das nicht viel zu gefährlich? Der Treffpunkt in der Nähe vom Karlstor am Stachus war ungewöhnlich, aber daran konnte Carter nichts ändern, der Unbekannte bestand darauf.
Die Verhandlungen mit dem zwielichtigen Mann in der belebten Fußgängerzone waren schwer, denn sie hatten keine gemeinsame Sprache. Trotzdem waren sie sich irgendwann handelseinig und Carter kaufte gleich beide angebotenen Pistolen mit der dazugehörigen Munition. Dass der Typ ihn mit dem Preis über den Tisch zog, war ihm klar. Aber was hätte er machen sollen? Er brauchte die Waffen dringend und war froh, dass er jetzt bewaffnet war. Am liebsten hätte er beide erst ausprobiert, aber das war nicht möglich. Das Geschäft war getätigt, als er das Geld übergab. Der Ort war ihm suspekt, denn inmitten der vielen Menschen war ein Waffenkauf zwar keine schlechte Idee, trotzdem war die Gefahr, entdeckt zu werden, sehr groß. Aber alles war glattgelaufen. Niemand achtete auf die beiden, alle schienen mit sich selbst beschäftigt zu sein. Carter gefiel es nicht, dass der Mann, der schnell in der Menschenmenge untergetaucht war, sein Gesicht kannte. Außerdem wusste er nicht, wo die beiden Waffen herstammten und wo sie bereits zum Einsatz gekommen waren. Das musste er hinnehmen, daran konnte er nichts mehr ändern.
Er wühlte sich durch die Menschenmengen und bahnte sich auch hier den Weg durch rücksichtslose, meist schlecht gelaunte Passanten, zu denen er auch gehörte. Dabei achtete er weder auf das schöne Karlstor, noch auf den berühmten Stachus, schließlich war er kein Tourist und die Sehenswürdigkeiten waren ihm scheißegal. Endlich war er wieder an seinem Wagen, an dem ein Strafzettel hing. Der interessierte ihn herzlich wenig. Er zerknüllte ihn und warf ihn achtlos weg. Der dichte Verkehr machte ihm nichts aus, da war er mit dem Londoner Verkehr andere Maßstäbe gewöhnt. Der Waffenkauf ging ihm lange nicht mehr aus dem Kopf. Nur ein einziger hätte das sehen und sofort die Polizei rufen können. Was für ein irres Risiko!
Erst, als er seinen Wagen Richtung Mühldorf am Inn lenkte und die Umgebung immer ländlicher wurde, beruhigte er sich langsam. Der Deal war abgehakt und er durfte jetzt keinen Gedanken mehr daran verschwenden. Jetzt galt es, sich auf die nächste Aufgabe zu konzentrieren. Leo Schwartz und Hans Hiebler waren die ersten auf seiner Liste.
Die beiden Polizisten hatten nicht mehr lange zu leben.