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6.

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Leo war immer noch wütend, woran auch die laute Musik der Stones nichts änderte. Als er zuhause ankam, wurde er bereits von seiner Vermieterin und Ersatzmutter Tante Gerda erwartet. Sie hatte vor dem Haus liebevoll gedeckt. Der Hofhund Felix wedelte nur mit dem Schwanz, als Leo auf ihn zukam. Felix saß auf der Bank und hatte nur die Leckereien im Auge, von denen er hoffte, ein Stück abzubekommen.

„Was ist passiert?“, fragte Tante Gerda, als sie Leos Gesichtsausdruck bemerkte.

Leo setzte sich und erzählte ausführlich. Von Minute zu Minute ging es im besser.

„Du bist traurig, dass Werner geht?“

„Ja, das bin ich. Ich kann ihn ja irgendwie verstehen, aber trotzdem möchte ich, dass er bleibt.“

„So ist der Lauf des Lebens, mein lieber Leo. Du solltest dich für Werner freuen. Er nimmt eine neue Stelle an, die sicher nicht leicht für ihn werden wird. Denkst du wirklich, er geht gerne von hier fort? Er ist in Mühldorf geboren und aufgewachsen. Nicht zu vergessen, dass seine Eltern hier leben. Außerdem sind seine Kollegen auch seine Freunde. Glaub mir, Werners Wehmut kommt noch früh genug. Ich bin auch traurig, trotzdem freue ich mich für ihn. Und das solltest du auch tun, Leo, sei fair ihm gegenüber.“

„Ja, du hast ja Recht. Ich habe mich blöd benommen und kläre das morgen. Jetzt lass uns essen, es duftet köstlich. – Nein, Felix, du bekommst nichts ab.“

Tante Gerda konnte nicht anders und steckte ihm das eine oder andere Stück zu, das Felix gerne annahm.

„Hör auf damit, Tante Gerda! Siehst du nicht, dass Felix immer dicker wird?“

„Nein, er ist nicht dick. Das ist nur das Fell, das trägt auf.“

Das sagte Tante Gerda immer, wenn man sie auf das Gewicht des Hundes ansprach. Sie sah in ihm immer noch den verwahrlosten, misshandelten kleinen Kerl, der er vor vier Jahren gewesen war. Dass er inzwischen dick und faul geworden war, wollte sie nicht hören, dafür verwöhnte sie ihn zu gerne. Sie konnte diesen lieben, braunen Augen einfach nicht widerstehen.

Leo langte kräftig zu. Er war pappsatt und lehnte sich stöhnend zurück.

„Vielen Dank, Tante Gerda, das war phantastisch. Was meinst du, Felix? Drehen wir eine Runde? Ein kleiner Spaziergang würde uns beiden guttun.“

Felix legte die Ohren an und legte sich unter die Bank. Tante Gerda musste laut lachen.

„Der Kleine hat jedes Wort verstanden.“

„Blödsinn! Hunde können das nicht verstehen.“ Es folgte eine Diskussion über Hunde und deren Beziehung zu Menschen. Sie kamen auf keinen gemeinsamen Nenner, denn für Tante Gerda waren Hunde die besseren Menschen, während Leo es ablehnte, dass man Hunde vermenschlichte, obwohl auch er Felix sehr liebte.

Sie brachten das Geschirr in die Küche und setzten sich noch auf ein Glas Wein vors Haus. Es war zwar schon Anfang Oktober, aber trotzdem hatten sie dieses Jahr großes Glück mit dem Wetter, denn es war immer noch angenehm warm. Wie lange es dauern würde, bis der Herbst erbarmungslos zuschlug? Darüber dachten sie nicht nach, sondern genossen die Wärme. Sie unterhielten sich, bis Tante Gerdas Fernsehserie begann und sie ins Haus ging. Leo blieb noch und schenkte sich ein weiteres Glas ein. Die Stille und Ruhe des einsam gelegenen, ehemaligen Bauernhofes taten ihm gut. Gleich morgen früh musste er sich bei Werner entschuldigen, dann war alles wieder im Lot. Er schämte sich, dass er sich so dämlich benommen hatte. Er trank einen Schluck Wein auf den neuen Job des Kollegen, mit dem er sich innerlich längst versöhnt hatte.

Er lehnte sich zurück und betrachtete den Sternenhimmel. Diese Ruhe war einfach phantastisch. So sah für ihn das Paradies aus – allerdings fehlte seine Verlobte Sabine an seiner Seite. Morgen Abend war es so weit, dann war sie endlich wieder hier und blieb übers Wochenende. Der Wetterbericht versprach gleichbleibende Temperaturen für die nächsten Tage. Ob sie in die Berge fahren sollten? Ein Ausflug an den Chiemsee wäre auch nicht schlecht. Als er sich Gedanken darüber machte, was sie unternehmen könnten, fiel ein Schuss. - Das Weinglas zersprang in tausend Scherben. Ein Wagen fuhr mit hohem Tempo davon. Dann war alles wieder ruhig.

Carter Waves zitterte am ganzen Körper. Er musste aufpassen und konzentriert fahren, was ihm nicht leichtfiel. Er war immer noch völlig aufgelöst und konnte nicht glauben, dass er es geschafft hatte. Er hatte tatsächlich einen Menschen erschossen! Lange hatte er vor dem Bauernhaus auf eine günstige Gelegenheit gewartet. Als Schwartz endlich allein war und abgelenkt schien, hatte er einfach abgedrückt. Hätte er nachsehen sollen, ob er ihn wirklich tödlich getroffen hatte? Nein, das war zu gefährlich. Die alte Frau war im Haus und die Gefahr, von ihr gesehen zu werden, war zu groß. Außerdem war er sich sicher, dass er ihn getroffen hatte. Leo Schwartz war Geschichte, den konnte er getrost von seiner Liste streichen. Jetzt führte ihn der Weg nach Ulm. Ob er die Frau heute noch töten konnte? Warum nicht…

Die Todesliste

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