Читать книгу Neukirchener Kinderbibel Neukirchener Erzählbibel (ohne Illustrationen) - Irmgard Weth - Страница 33
25. Josef söhnt sich aus
ОглавлениеNach einiger Zeit kamen die Brüder
wieder nach Ägypten,
um Korn zu kaufen.
Diesmal empfing sie Josef
in seinem eigenen Haus.
Er begrüßte sie freundlich:
„Sagt, wie geht es eurem alten Vater?
Lebt er noch?“
Aber plötzlich entdeckte Josef
unter ihnen Benjamin,
seinen jüngsten Bruder.
„Ist das euer jüngster Bruder?“,
rief Josef bewegt.
„Gott sei dir gnädig, mein Sohn!“
Die Tränen schossen ihm in die Augen.
Schnell lief er hinaus,
schloss sich in eine Kammer ein
und weinte.
Als er sich wieder gefasst hatte,
ging er zu seinen Brüdern zurück
und aß mit ihnen.
Was hat dies alles zu bedeuten?,
überlegten die Brüder.
Warum ist der Ägypter plötzlich
so freundlich zu uns?
Und warum bekommt Benjamin
fünfmal so viel zu essen wie wir?
Aber Josef ließ sich nichts anmerken.
Nach dem Essen befahl er
heimlich seinem Verwalter:
„Fülle den Männern
die Säcke mit Korn
und leg das Geld wieder hinein,
das sie gezahlt haben!
Aber bei Benjamin leg noch
meinen silbernen Becher hinzu!“
Die Brüder aber ahnten nicht,
was mit ihren Säcken geschah.
Am nächsten Morgen
standen sie früh auf,
luden die Säcke auf ihre Esel
und zogen fröhlich davon.
Aber kaum hatten sie sich
von der Stadt entfernt,
sprengte plötzlich von hinten
ein Reiter heran.
Es war Josefs Verwalter.
„Halt!“, rief er streng.
„Bleibt stehen, ihr Diebe!
Was fällt euch ein?
Ihr habt meinem Herrn
den silbernen Becher gestohlen.“
„Das ist nicht wahr!“,
riefen die Brüder empört.
„Wir sind keine Diebe.
Wir haben den Becher nicht.
Schau selbst in unseren Säcken nach!
Wenn du den Becher dort findest,
wollen wir euch als Sklaven dienen.“
„Recht so!“, rief der Verwalter.
„Mein Herr wird den Dieb
zum Sklaven machen.
Die anderen aber sind frei.“
Da luden die Brüder
ihre Säcke von den Eseln,
banden sie auf
und zeigten sie dem Verwalter.
Der aber durchsuchte alle Säcke,
auch Benjamins Kornsack.
Und tatsächlich!
Aus seinem Sack
zog er den silbernen Becher hervor.
Die Brüder waren sprachlos.
Wie kam der Becher nur
in Benjamins Kornsack?
Was würde nun aus Benjamin?
Schnell luden sie wieder
die Säcke auf ihre Esel
und zogen mit Benjamin
zu Josef zurück,
warfen sich vor ihm auf die Erde
und stammelten:
„Wir alle sind schuldig.
Mach uns alle zu deinen Sklaven!“
„Aber nein!“,
fiel ihnen Josef ins Wort.
„Nur der soll mein Sklave sein,
der den Becher gestohlen hat.“
Da stand Juda auf und bat:
„Ach Herr, erlaube mir eine Bitte!
Mach mich zum Sklaven
an Benjamins Stelle!
Wenn Benjamin nicht mehr heimkommt,
dann stirbt unser Vater vor Kummer.
Er hat schon einen Sohn
auf diese Weise verloren.“
Als Josef das hörte,
hielt er sich nicht länger zurück.
Schnell schickte er
alle seine Diener zur Tür hinaus.
„Seht her!“, rief er.
„Seht, wer vor euch steht!
Ich bin Josef, euer Bruder,
den ihr als Sklaven verkauft habt.
Sagt mir: Wie geht es unserem Vater?
Lebt er wirklich noch?“
Die Brüder aber
starrten Josef entsetzt an.
Sie brachten vor Schreck
kein einziges Wort heraus.
Der mächtige Ägypter,
vor dem alle zitterten,
der war ihr Bruder?
Derselbe Bruder, den sie einst
als Sklaven verkauft hatten!
Nun war es um sie geschehen.
Sie waren in Josefs Hand.
Er konnte mit ihnen machen,
was er wollte.
Aber Josef redete ihnen gut zu:
„Steht auf! Kommt näher!
Seht mich an!
Ich bin wirklich Josef.
Habt keine Angst vor mir!
Ich bin nicht euer Feind.
Ihr habt es zwar
böse mit mir gemeint.
Aber Gott hat es gut
mit uns allen gemeint.
Er hat mich nach Ägypten geschickt,
damit ihr nicht hungern müsst.
Darum geht schnell
zu unserem Vater zurück!
Grüßt ihn von mir
und richtet ihm aus:
,Komm nach Ägypten!
Dort will ich dich
und deine Familie versorgen,
solange die Hungersnot anhält.‘“
Aber die Brüder waren
immer noch starr vor Schreck.
Da ging Josef auf sie zu,
fiel ihnen um den Hals,
küsste sie und weinte vor Freude.
Nun kam auf einmal Leben
in seine Brüder.
Sie lachten.
Sie umarmten sich.
Und sie erzählten Josef
von ihrem Vater Jakob,
der immer noch
um seinen Sohn trauerte.
Als aber der König hörte,
wer zu Josef gekommen war,
ließ er den Brüdern sagen:
„Kommt mit eurem Vater hierher
und wohnt bei uns!
Das ganze Land steht euch offen.“
Da zögerten die Brüder nicht lange.
Sogleich brachen sie auf
und machten sich auf den Heimweg,
um ihrem Vater
die gute Nachricht zu bringen:
„Josef, dein Sohn, lebt!“
1. Mose 43–45