Читать книгу Die gesellige Hausfrau 1892 - Isa von der Lütt - Страница 7
Japanischen Tees (Chanoyou)
Оглавлениеhelfen zu können. Wahrlich für unser nach Osten blickendes Jahrhundert eine sehr zeitgemäße Idee!
Zahlreiche Geschenke, meiner Freundin von ihrem aus Japan heimgekehrten Schwager mitgebracht, welche sie ihren Bekannten zeigen sollte und wollte, gaben hierzu den Anlaß.
Die nötigste Belehrung entnahmen wir Büchern, insonderheit dem prächtigen, illustrierten Werke: „Japanischer Humor“ von Cetto und Wagner.
Dessen Ausführungen nach sind die Chanoyou (=Teegesellschaften) in Japan im 15. und 16. Jahrhundert eingeführt worden: „Zur Milderung der Kriegssitten und zum Geschmackerregen nach geistiger Beschäftigung“. Daß dabei bedeutsame, wohl politische Gespräche wesentlich gewesen seien, läßt sich aus dem „eigenhändigen Bedienen“ des Hausherrn und dem sehr niederen, Unberufene ausschließenden Eingang zu dem sehr kleinen Raume annehmen. Die angestrebte geistige Beschäftigung zu verwirklichen, zeigte der Gastgeber einen alten Sinnspruch von einem berühmten Weisen in Riesen-Tuschzeichnung. Ferner überreichte der Hausherr jedem der Gäste ein „Surimono“, ein ebenfalls von ihm selbst verfaßtes und von einem Maler illustriertes Gedicht in sauberer Reproduktion. Außerdem bringt einer der Gäste irgend ein seltenes Kunstwerk zum vorzeigen.“
Alles dies wurde von der Hausfrau so viel als möglich, aber ohne jede ängstliche Pedanterie: „wenn’s nur stilvoll wirkt“, ausgeführt. Ein befreundeter Künstler – übrigens malen ja jetzt fast alle Damen, und japanische Vorlagen für derlei sind jetzt in hundert Büchern und Zeitschriften zu haben – malte nach japanischem Muster eine Karte, auf welcher zum Chanoyou eingeladen war. Junge Freundinnen der Hausfrau reproduzierten sie in der nötigen Anzahl.
Zur Ausschmückung der Räume, zum Ersatz des europäischen Hausrats wurde alles zusammengetragen, was das eigne Haus und gute Freunde Japanisches besaßen. Fehlendes liehen Geschäfte.
Zum eigentlichen Teezimmer wurde der Hausfrau kleines Boudoir gewählt. Japanische Stoffe bildeten den verlangten niederen Eingang, durch welchen man von dem anstoßenden großen Salon aus nur gebückt gelangen konnte. Selbstverständlich war auch dieser Salon, sowie der Vorplatz japanisch dekoriert. Mächtige Chrysanthemen-Sträuße waren überall zu sehen, der mächtigste neben dem Teewinkel der Hausfrau.
Das eigenhändige Bedienen durch den Hausherrn hatte meine Freundin in das durch die Hausfrau variiert, da sie ihrem Mann ihre kostbaren japanischen Tassen nicht anvertrauen zu können behauptete.
Daß sie die ganze Tracht einer „vornehmen Japanerin“, in der sie ihre Gäste empfing, ganz entzückend zierlich und anmutig kleidete (sonst wählten wir Frauen doch kein solches Fest!), ist selbstverständlich. Diese Tracht genauer zu beschreiben, hieße, nachdem man sie in Zeitschriften und Modezeitungen allenthalben reichlich vorgeführt sah, Eulen nach Athen tragen.
Alle anwesenden Damen waren ebenfalls in Japanerinnen verwandelt; auch einzelne Herren, die übrigen nahmen japanische, in der Garderobe bereit gehaltene Kopfbedeckungen, einige nur scherzhafte Mützen aus japanischem Papier.
Auch die verlangte Riesen-Tuschzeichnung hatte ein befreundeter Künstler geschaffen. Sie trug – der Hausherr hatte den Einfall gehabt, dieselbe als Standarte aufzupflanzen – den japanischen Spruch: Feiert das Fest, solange die Blüten duften.1)
Die Surimono waren ganz besonders reizend ausgefallen. Jedes Blatt, natürlich auf japanischem Papier, trug auf der einen Seite die kulturhistorische Erklärung der Chanoyou, auf der andern einen japanischen Sinnspruch oder ein japanisches Gedichtchen.2)
Die dritte der Chanoyou-Vorschriften: Das Vorzeigen von Merkwürdigkeiten durch die Gäste selbst, ergab sich teils durch das Vorzeigen einer, einem befreundeten Kunstmäcen gehörigen Skizzenmappe eines japanischen Künstlers, teils auch durch die anfangs genannten reizenden Geschenke, welche den ersten Anlaß zu dem Chanoyou gegeben hatten, und unter welchen sich dann auch niedliche, kleine „Gastgeschenke“ entpuppten. Der Ruhm, welchen sich meine Freundin mit diesem stilisierten Tee erwarb, ist in diesem Moment noch unerreicht. Es ist aber anzunehmen, daß er in diesen Tagen noch weit überholt wird durch den noch viel zeitgemäßeren