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14. Kunstpfarre am
Michaelerplatz: PFARRKIRCHE ZUM
HL. ERZENGEL MICHAEL
ОглавлениеDie in ihrem Kern spätromanische Kirche beherbergt nicht nur bedeutende Kunstschätze, sondern ist auch die Wiener Pfarre der Künstler. Alljährlich feiern sie hier ihren Aschermittwoch mit Lesungen und Musik. Der Aschermittwoch der Künstler wurde früher sogar im Fernsehen übertragen. Berühmt sind die kunstvollen Fastentücher der Kirche, die auch von zeitgenössischen Künstlern gestaltet werden.
Die Gruft von St. Michael, in der bis weit in die Barockzeit Beisetzungen stattfanden, liefert einen Querschnitt durch Wiens Adelsfamilien. Mitglieder der Familien Herberstein, Trautson und Mollard wurden in einzelnen Gruftkammern beigesetzt. Da die Gruft sehr trocken ist, blieben die Särge offen. Im Laufe der Zeit wurden dann immer wieder Särge zerschlagen, die Gebeine zusammen geschlichtet und mit Erde bedeckt. So wurden aus den ehemals sehr hochragenden Räumen durch die wachsenden Erdaufschichtungen niedrige Gelasse. Verstorbene Kinder wurden in einer eigenen Gruftkammer beigesetzt, der so genannten „Engelgruft“. Manche Holzsärge sind mit Leimfarben bemalt und tragen Insignien der Vergänglichkeit, wie Kreuz, Sanduhr und Totenschädel.
1010 Wien, Michaelerplatz, Kohlmarkt 11 (Autobus 2, 3)
Manche Särge blieben noch offen erhalten, und man kann ehemalige Hofbeamte in ihren einst prächtigen Amtskleidern erkennen. Hier wurde auch der berühmte Dichter und Librettist Glucks und Mozarts Pietro Metastasio, der als poeta caesareo (= kaiserlicher Dichter) in Wien wirkte, beigesetzt. Seine Grabtafel befindet sich in einem Nebenchor der Kirche. Die Gruft kann bei Führungen besichtigt werden.
In einer kleinen Seitenkapelle rechts vom Eingang ist ein seltsamer Stilmix zu entdecken, zwischen zwei alten Fresken befindet sich ein Gedenkrelief für den von den Nationalsozialisten 1934 ermordeten Bundeskanzler des korporatistischen Ständestaates Engelbert Dollfuß, an den beiden anderen gegenüberliegenden Wänden sind ein Mahnmal für die in den Konzentrationslagern ermordeten Österreicher und ein Gedenkkreuz für diese Österreicher vom Dachauer Friedhof.
Im linken Nebenhaus von St. Michael, im so genannten Großen Michaelerhaus, einem wunderbaren Barockbau mit Resten von Pawlatschen und einem sehr stimmungsvollen Innenhof, wohnte 1751 bis 1756, nach seiner Entlassung aus der Chorkapelle wegen Stimmbruch, in einer Bodenkammer der Komponist Joseph Haydn. Er wurde damals von dem im selben Haus wohnenden Komponisten und Gesangslehrer Antonio Porpora gefördert. In diesem Haus hatte auch Metastasio bis zu seinem Tod 1782 Logis genommen.
Das rechte Nebenhaus von St. Michael, auch Kleines Michaelerhaus genannt, erhebt sich auf dem ehemaligen Friedhof der Michaelerkirche. Durch das Haus führt ein malerischer Durchgang mit einem Ölbergrelief zur Habsburgergasse.