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III

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Ihre Nase war ein wenig groß, doch von edler Adlerform, die obere Lippe war unmerklich von leichtem Flaum beschattet; dafür war ihre Gesichtsfarbe gleichmäßig matt, wie Elfenbein oder wie milchweißer Bernstein; der schillernde Glanz ihrer Haare wie bei der Judith von Allori im Palazzo Pitti – und vor Allem ihre Augen dunkelgrau, mit schwarzen Rändern um den Augenstern, prachtvoll, triumphierend – selbst jetzt – wo Schrecken und Schmerz ihren Glanz verdunkelten . . . Unwillkürlich wurde Sanin an das schöne Land erinnert, von dem er zurückkehrte . . . Aber auch in Italien hatte er nichts Aehnliches gesehen! Das Mädchen athmete selten und ungleichmäßig; es schien, daß sie bei jedem Athemzuge erwarte, ob nicht ihr Bruder zu athmen anfangen werde? Sanin rieb immer weiter; doch blickte er nicht das Mädchen allein an. Die originelle Figur von Pantaleone fesselte ebenfalls seine Aufmerksamkeit. Der Alte war ganz schwach geworden und außer Athem gerathen; bei jedem Rucke mit der Bürste hüpfte er und ächzte er wimmernd; die langen Haarbüschel aber, vom Schweiß naß geworden, wogten schwerfällig hin und her, wie die Wurzeln einer großen Pflanze, die das Wasser untergraben.

»Ziehen Sie ihm wenigstens die Stiefel aus,« wollte Sanin ihm sagen . . .

Der Pudel, wahrscheinlich durch das Ungewöhnliche des Vorganges aufgeregt, stemmte die Vorderbeine auseinander – und fing zu bellen an. – »Tartaglia – canaglia!« herrschte der Alte ihn an . . . Doch in diesem Augenblick veränderte sich das Gesicht des Mädchens. Ihre Augenbrauen erhoben sich, ihre Augen wurden noch größer und strahlten vor Freude.

Sanin wandte sich um . . . Auf dem Gesichte des Knaben zeigte sich Röthe; die Augenlider regten sich . . . die Nasenlöcher erzitterten. Er zog durch die noch zusammengepreßten Zähne Luft ein, er athmete . . .

»Emil!« rief das Mädchen . . . »Emilio mio

Langsam öffneten sich die großen, schwarzen Augen. Sie blickten noch stumpf, doch lächelten sie bereits, wenn auch schwach; dasselbe schwache Lächeln breitete sich über die bleichen Lippen aus. Dann bewegte er den herabhängenden Arm – und ließ ihn schwer auf seine Brust fallen . . .

»Emilio!« wiederholte das Mädchen und erhob sich. Der Ausdruck ihres Gesichtes war so heftig und gespannt, daß es schien, sie werde sofort entweder in Weinen oder in Lachen ausbrechen.

»Emil! Was soll das? Emil!« hörte man hinter der Thüre rufen, und mit schnellen Schritten trat in das Zimmer eine gut gekleidete Dame mit silberweißem Haare und von dunkler Gesichtsfarbe. – Ein Mann gesetzten Alters folgte ihr; hinter dessen Rücken erblickte man das Gesicht der Dienerin.

Das Mädchen lief ihnen entgegen.

»Mutter, er ist gerettet, er lebt!« rief sie, die eingetretene Dame krampfhaft umarmend.

»Was ging denn hier vor?« wiederholte diese.

»Ich kehre zurück. . . und begegne plötzlich dem Herrn Doctor und Louise.«

Das Mädchen begann zu erzählen, was vorgefallen, der Doktor aber trat zu dem Kranken, der immer mehr und mehr zu sich kam – und fortwährend lächelte: er schien sich über die von ihm verursachte Unruhe zu schämen.

»Sie haben, wie ich sehe, ihn mit Bürsten gerieben,« wandte sich der Doktor zu Sanin und Pantaleone, »das ist ausgezeichnet . . . Ein glücklicher Gedanke . . . Jetzt will ich zusehen, welches Mittel . . .«

Er fühlte den Puls des Knaben. – »Hm! zeigen Sie die Zunge!«

Die Dame neigte sich besorgt über ihn. Er lächelte noch freimüthiger, richtete seine Augen auf sie – und s erröthete . . .

Sanin glaubte, er sei überflüssig und trat in die Conditorei hinein. Doch er hatte noch nicht die Klinke der Straßenthür erfaßt, als das Mädchen schon wieder vor ihm stand und ihn zurückhielt.

»Sie gehen weg?« fing sie an ihm freundlich in die Augen blickend; »ich halte Sie nicht zurück, doch Sie müssen durchaus heute Abend zu uns kommen; wir sind ihnen so verbunden. – Sie haben ja den Bruder vielleicht gerettet – wir wollen uns bei Ihnen bedanken – die Mutter will es durchaus. Sie müssen uns sagen, wer Sie Sind, Sie müssen an unserer Freude theilnehmen . . .«

»Ich fahre aber heute nach Berlin,« wagte Sanin zu entgegnen.

»Sie werden noch Zeit haben,« entgegnete das Mädchen. »Kommen Sie zu uns in etwa einer Stunde zu einer Tasse Chocolade. Sie versprechen es? Ich muß zu ihm! . . . Sie kommen doch?«

Was blieb Sanin übrig?

»Ich komme,« antwortete er.

Die Schöne drückte ihm rasch die Hand, eilte in das Hinterzimmer – und er befand sich auf der Straße.

Frühlingsfluthen

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