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Gemma hörte der Mutter zu – lächelte, seufzte, streichelte sie am Rücken, drohte ihr mit dem Finger-, sah Sanin au; endlich sprang sie auf, umarmte und küßte die Mutter gerade auf den Hals in der Gegend ( des Zäpfchens, worüber diese viel, ja selbst ausgelassen lachte. Pantaleone wurde ebenfalls Sanin vorgestellt. Es stellte sich heraus, daß er einst Opernsänger für Bariton-Partien gewesen, doch schon längst seine theatralischen Beschäftigungen aufgegeben und sich bei der Familie Roselli als Mittelding zwischen Hausfreund und Diener aufhalte. Trotz seines langjährigen Aufenthaltes in Deutschland sprach er die deutsche Sprache nur schlecht, und kannte eigentlich nur die Schimpfreden derselben, die er übrigens gleichfalls unbarmherzig verstümmelte. »Ferrotiucto Spiccebubbio!« nannte er beinahe jeden Deutschen. Italienisch aber sprach er meisterhaft, denn er war gebürtig aus Sinigaglia, wo man die »lingua toscana in bocca romana« hört. Emilio fühlte sich augenscheinlich sehr behaglich und überließ sich ganz den angenehmen Gefühlen eines, Menschen, der eben einer bedeutenden Gefahr entronnen und in Genesung begriffen ist; außerdem konnte man bemerken, daß sämmtliche Hausgenossen ihn verhätschelten. Er bedankte sich verlegen bei Sanin und machte sich namentlich mit Syrup und Confect zu schaffen. Sanin sah sich genöthigt, zwei Tassen köstlicher Chocolade zu trinken und eine erstaunenswerthe Menge von Biskuits zu essen: kaum hat er den einen heruntergeschluckt, da bietet ihm Gemma einen anderen an – und keine – Möglichkeit, abzuschlagen! Er fühlte sich bald wie zu Hause, die Zeit verging mit unglaublicher Schnelligkeit. Er mußte viel erzählen – über Rußland im Allgemeinen, über russisches Klima, russische Gesellschaft, russische Bauern – und namentlich über Kosaken; über den Krieg von 1812, über Peter den Großen, über den Kreml, über russische Lieder und Glocken. Die beiden Damen hatten nur, wenige Begriffe von unserem weiten und entfernten Vaterlande; Frau Roselli, oder wie sie häufiger genannt wurde, Frau Lenora, versetzte selbst Sanin in Erstaunen durch die Frage: ob das berühmte, im vorigen Jahrhundert in Petersburg gebaute Haus aus Eis noch existire, über welches sie unlängst in einem Buche ihres verstorbenen Mannes: »Bellezze delle arti« einen interessanten Aufsatz gelesen hatte.

Als Antwort auf Sanin‘s Ausruf: »Glauben Sie denn, daß es in Rußland keinen Sommer gebe?« entgegnete Frau Lenora, daß sie bis jetzt sich Russland folgendermaßen vorgestellt: ewiger Schnee, Alle gehen in Pelzem, Alle sind Soldaten – die Gastfreundschaft, aber ist außerordentlich und die Bauern sehr gehorsam! Sanin bemühte sich, ihr und ihrer Tochter genauere Kenntnisse beizubringen. Als die Rede aus russische Musik kam, bat man ihn, ein russisches Lied zu singen und deutete auf ein im Zimmer stehendes kleines Pianoforte, mit schwarzen Tasten statt der weißen und mit weißen statt der schwarzen. Er gehorchte, ohne weitere Umstände zu machen und sang, sich mit zwei Fingern der rechten und mit drei (dem großen, mittleren und kleinen) der linken Hand begleitend, mit dünner Tenor-Stimme erst den »Sarafan« dann das »Dreigespann«. Die Damen lobten seine Stimme und die Musik, doch waren sie noch mehr von der Weichheit und dem Wohlklange der russischen Sprache entzückt und verlangten eine Uebersetzung der Lieder. Sanin erfüllte ihren Wunsch – doch, da die Liederworte in seiner Uebersetzung keinen großen Begriff von russischer Poesie bei den Zuhörerinnen erwecken konnten, so trug er Gedichte vor und übersetzte sie sodann; schließlich sang er eine von Glinka komponirte Dichtung Puschkins, bei den Mollnoten dieser Musik zeigte er jedoch einige Unsicherheit. Hier geriethen die Damen in Ekstase – Frau Lenora fand sogar in der russischen Sprache eine merkwürdige Aehnlichkeit mit der italienischen, ja, selbst die Namen Puschkin (sie sprach ihn Pussekin aus) und Glinka klangen ihr ganz heimisch.

Dann bat Sanin die Damen, ihrerseits etwas zu singen; sie ließen sich nicht lange bitten. Frau Lenora setzte sich zum Pianoforte und sang mit Gemma einige Duette und »Stornelli«. Die Mutter hatte einst einen guten Contre-Alt gehabt; die Stimme der Tochter war ein wenig schwach, doch angenehm.

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