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Naturgewalten

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In den Nachrichten der Medien spiegeln sich die eingehenden Daten wider. Die zentrale Frage dreht sich dabei, wie könnte es anders sein, überwiegend um ein Thema: Werden die drei Raumschiffe wie geplant zu ihrer Mission aufbrechen. Die Wetterprognosen sind nicht gut. Schlimmer noch, rund um den Globus nehmen die tektonischen Aktivitäten deutlich zu. Wieder einmal schwankt der Boden bedrohlich im Iran; im Norden Italiens treiben leichte Erdstöße die Bewohner aus den Häusern; und der Ätna? Da würde man sich doch eher wundern, wenn der einmal nicht auf sich aufmerksam macht.

Da erstaunt es nicht sonderlich, dass auch in San Francisco der eine oder andere Tisch zu wackeln beginnt.

Gerade will Caroline Edwardson sich aus ihrem bequemen Bürostuhl hochdrücken, um in der Chinatown von San Francisco einen ihrer Lieblingssnacks zu sich zu nehmen, da bimmelt und piepst es unentwegt aus den vor ihr aufgebauten Rechnern.

„Frank“, ruft sie nach ihrem Kollegen, „schau mal bitte; entweder ist die Datenleitung überlastet oder die Rechner sind von einem Virus befallen.

„Hey, ganz ruhig Carol, bei mir spielt auch alles verrückt. Lass uns die Rechner einfach mal runterfahren und wenn wir aus Chinatown zurück sind, fahren wir sie wieder hoch und alles geht seinen normalen Gang. Wahrscheinlich ist der Wok mit Deinem Menü überlastet, weshalb die Rechner bei uns den Geist aufgeben“, lacht Frank.

Caroline und Frank sind Mitarbeiter eines geologischen Instituts in San Franzisco. Mit ähnlichen Stationen sind sie nicht nur innerhalb der USA, sondern rund um die Welt, ständig online in Kontakt. Gleich ob es Erdbewegungen sind, weil sich die Erdplatten unentwegt hin und her schieben oder das Wetter irgendwo verrückt spielt, sie bekommen die Daten, werten sie aus und geben sie an höhere Stellen weiter. Jeden Tag Daten nichts als Daten, per Fax, per E-Mail oder direkt im 3-D-Format auf den Bildschirm. Dabei passiert nicht laufend etwas Gravierendes. Das letzte richtig große Beben fand vor einigen Jahren wieder einmal in Japan statt.

Wichtig ist die Station auf jeden Fall, denn San Francisco, mit seiner Nähe zur Andreas-Verwerfung, ist von ständigen Erdbeben bedroht. Das letzte große Beben von 1989 und mit 7,1 auf der Richterskala war schon sehr heftig und für die Zukunft wird ein deutlich schwereres Beben erwartet. Nur wann, das steht in den Sternen, niemand kann die Zeit festmachen, wann das Ereignis eintreten wird. Also wird weiterhin fleißig beobachtet und versucht alles zu registrieren, was sich auf dem Erdball, in der Luft oder in den Tiefen der Meere so zuträgt.

Zwar ruft die Mittagsstunde nicht jeden gleich zu einem Snack nach Chinatown, doch ansonsten gibt es auf der Welt viele Gemeinsamkeiten bei denen, die sich mit der nicht enden wollenden Betriebsamkeit unseres Planeten befassen. Darum tickert es überall weiter in den Datenleitungen und überall stellt sich die Frage danach, ob die Datenleitungen überlastet sind oder die Rechner einfach nur spinnen. Heute ist eben ein ganz besonderer Tag.

Der Eine geht seiner beruflichen Beschäftigung nach, derweil genießen andere die freie Zeit. Unser Planet folgt seit jeher ganz eigenen Gesetzen und wir haben gelernt, damit mehr oder weniger gut umzugehen. Wenn dann ein Thermostat in einem Thermalbad in Reykjavik scheinbar seinen Geist aufgibt, ist das nicht unbedingt ein Grund, nervös zu werden.

„Die sind einfach nur wunderschön“, jauchzt Ellen im größten Schuhgeschäft der Stadt, „die behalte ich gleich an; was meinst Du, Harald?“

Nach fast zwei Stunden in dem Laden und nach unzähligen anprobierten Schuhpaaren, die alle einfach nur wunderschön sind, ist Haralds Stimmung keineswegs auf dem Tiefpunkt angelangt. Doch, da seine bereits nach dem ersten gesichteten Paar geäußerte Zustimmung keinen Erfolg brachte, ist er sich nicht sicher, ob seine Meinung überhaupt einen Einfluss auf Ellens Kaufentscheidung hat.

„Du hast einen ganz erlesenen Geschmack, liebe Ellen, und dieses Paar bringt vorteilhaft zur Geltung, was für einen heißen Feger ich an meiner Seite habe“, schmeichelt er somit und hofft inständig, dass dieses Paar Schuhe nun wirklich das Wunderschönste ist.

„Du bist ein Schatz, Harald. Wenn sie Dir so gut gefallen, dann werde ich sie auch gleich tragen. Jetzt müssen wir aber auch los, sonst haben wir nicht mehr viel von unserem freien Tag.“

„Genau meine Gedanken, die ich schon vor mehr als einer Stunde hatte“, schmunzelt Harald in sich hinein. „Komm Ellen, lass uns den Schuhkarton mit den alten Schluffen eben nach Hause bringen, damit wir die Hände frei haben und dann gehen wir zur Therme.“

Daheim angekommen, bewundert Harald seine Liebste wie sie, geschmeidig und hübsch anzusehen, in dem neuen Schuhwerk durch die Wohnung tippelt.

„Liebling, meinst Du nicht auch, wir sollten es uns hier noch ein wenig gemütlich machen, bevor wir zur Therme gehen? Zeit hätten wir genug.“

„Harald!“, kommt es kokett über Ellens Lippen, „jetzt, um diese Uhrzeit, ich wusste gar nicht, dass Schuhkaufen so anregend auf Dich wirkt. Vielleicht sollten wir das des Öfteren machen. Aber im Ernst, lass uns lieber jetzt bei diesem schönen Wetter zur Therme gehen und alles andere heben wir uns für heute Abend auf.“

Wie Jungverliebte tummeln sie sich bereits kurze Zeit später in dem warmen Wasser der Therme, dessen Temperatur um einiges höher liegt als die der sie umgebenden Luft. Möglich wird das Planschen im Freien durch den Wasserreichtum der Insel und den sehr aktiven Vulkanismus, der die Wärme liefert. Denn Island befindet auf dem Mittelatlantischen Rücken und damit sowohl auf der Nordamerikanischen, als auch auf der Eurasischen Platte. Diese Platten entfernen sich jährlich etwa zwei Zentimeter voneinander. Der bereits erwähnte Gesteinsnachschub aus der Island-Plume verhindert Schlimmeres.

„Harald, nicht; nicht hier, bitte“, flüstert Ellen sich selbst korrigierend, ihrem Liebsten ins Ohr.

Der freie Tag und die entspannte Atmosphäre scheinen, neben der angenehmen Wärme der heißen Quellen, nicht nur Harald zu stimulieren, der mit seinen Händen, unterhalb der Wasserlinie, Ellens Körper streichelt.

„Ich möchte jetzt auch raus aus dem Wasser, mir ist richtig heiß.“ „Dir ist oder Du bist?“, kommt es anzüglich fragend von Harald zurück.

„Nein, Du Lustmolch, Du hast schon richtig gehört, mir ist heiß, als wenn die Wassertemperatur um einige Grad zugelegt hätte. Du kannst aber noch gerne etwas im Wasser bleiben, ist vielleicht besser, als wenn Du in diesem Zustand aus dem Wasser steigst und die Leute auf Dich aufmerksam werden“, lacht Ellen frivol und sucht Abkühlung unter der kalten Dusche.

Immer mehr werden es, die nach und nach der so herrlichen Wärme der Therme entsteigen. Auch Harald verlässt den Badesee mit den Worten: „was ist das heute heiß“.

Ein neben ihm stehender fremder Badegast geht mit einem: „fast schon wie in der Sauna, das Wasser ist so heiß, da kannst Du Eier drin kochen“, auf Harald ein.

Die Beiden schauen sich an und beginnen auf Grund der zweideutigen Bemerkung herzhaft zu lachen.

„Ja dann, nix wie ab unter die kalte Dusche“, hängt Harald noch einmal daran.

„Komm Ellen, lass uns zurückgehen und den Tag gemütlich ausklingen lassen. Ich habe noch eine Flasche mit Hochprozentigem, die mir ein Kollege der Band mitgebracht hat, damit können wir uns innerlich ein wenig anwärmen. Vielleicht gehen wir Morgen noch einmal zur Therme; einige freie Tage bleiben uns noch.“

Unseren Planeten selbst hingegen interessiert Zeit nicht wirklich, er grummelt hier und rumpelt dort, ganz unabhängig davon, welchen Einteilungen wir uns unterwerfen. Täglich verändert er sein Aussehen, ohne dass wir davon großartig Kenntnis nehmen. Veränderungen, die nur Millimeter, vielleicht auch Zentimeter betragen und doch irgendwann für jeden sichtbar sein werden. Hier wachsen Berge weiter empor und strecken sich mehr und mehr dem Himmel entgegen, dort klaffen Risse im Boden die, größer und größer werdend, Länder zu spalten drohen.

Schön und schaurig zugleich setzt der Planet Erde seinen eigenen täglichen Überlebenskampf fort und lässt uns daran teilhaben. Sein Herz, tief im heißen Inneren verankert, pumpt seit Jahrtausenden unerlässlich geschmolzene Gesteine und Metalle an die Oberfläche, um sie an anderer Stelle unwiederbringlich zu nehmen. Segen hier und Fluch dort, rastlos und unermüdlich. Man vermutet, dass dieser dichteste Plantet unseres Sonnensystems noch etwa fünfhundert Millionen Jahre ähnlich wie heute, bewohnbar sein wird. Aber was wird sein, wenn diesem pulsierenden Etwas vorher die Puste ausgeht?

Bei derart zeitlichen Ausmaßen erscheint es geradezu grotesk, sich während des eigenen kurzen Daseins täglich mit dem Untergang zu befassen.

Zudem bekommen nur wenige, der etwa sieben Milliarden Erdenbewohner mit, was die stete Datenflut so liefert. Für die Gegenden, die davon direkt betroffen sind, bedeuteten sie indes nichts Gutes.

Das Gericht beim Chinesen in San Francisco schmeckt einfach hervorragend. Wie die das auf die Schnelle hinbekommen; Nudeln, kleingehacktes Hühnerfleisch, verschiedene Gemüse und Erdnüsse rein in den Wok und schon nach wenigen Minuten ist das Essen fertig. Auch Frank ist begeistert und hat sich ebenso wie Caroline noch eine kleine Pappschale für auf den Weg mitgenommen; to go, wie man dazu sagt.

„Also Carol“, fängt Frank mit halbvollem Mund an, zu erzählen, „ich habe genau darauf geachtet, der Wok wird mit Gas befeuert, nicht mit Strom. Daran kann es also nicht liegen, dass unsere Rechner spinnen.“

„Ha ha, Du Klugscheißer, nach jahrelangem Mittagessen in Chinatown weiß ich wohl, dass die hier auf der Gasflamme kochen. Ich bin aber wirklich gespannt, woran es gelegen hat. Was da für Meldungen rüberkommen, ist mehr als unnormal. Vielleicht hat wieder so ein verrückter Hacker Panik verbreiten wollen. Wir werden es sehen.“

Zurück im Institut bemerken Caroline und Frank, dass auch bei Kollegen, die nun zur Pause gehen, etwas vorgefallen sein muss; so angeregt und ernst, wie sie in ihre Gespräche vertieft sind. Das neue Hochfahren der Rechner dauert eine gewisse Zeit, die Frank gerne mit dem Erzählen alberner Witze überbrückt. Erst nachdem alles wieder ordnungsgemäß läuft, wird Frank ruhiger; sogar richtig schweigsam ist Frank. Nachdenklich streicht er sich beim Durchschauen der Datenflut über seinen modischen Dreitagebart.

„Du, Carol…“

„Sag nichts Frank, sag nichts, dass ist total verrückt.“

„Carol, ich geb´s nach oben weiter, versuche Du bitte inzwischen mit anderen Kollegen Kontakt aufzunehmen.“

Gar nicht so einfach, wenn alle Kollegen mit allen Kollegen gleichzeitig Kontakt aufnehmen wollen. Ob Hamburg, Bern, Moskau oder Tokio, egal an welchem Ort auf der Welt, überall, wo eine Station ist, die geologische Daten speichert, wo Satelliten Wetterdaten melden oder sonst eine nicht alltägliche Bewegung des Planeten bemerken, spielen die Rechner verrückt; vermutlich.

Weitaus interessanter als das, was Carol und Frank sich zu Mittag auf den Teller laden, ist womöglich, wie der Tag für Ellen im Bundesstaat Idaho/USA seine Fortsetzung findet.

Ellen Fairbanks hat es indes nach draußen gezogen, auf die große Terrasse des Ranchhauses. Der wenige Schlaf der vergangenen Nacht und dazu das Starren auf den Bildschirm ihres Rechners haben den Kopfschmerz beschert. Erst vor wenigen Minuten kam Söhnchen Ben von der Schule zurück. Diesmal nicht mit dem Schulbus, sondern im Auto des befreundeten Nachbarn Pete. Mit im Wagen saß auch Bens Freund und Klassenkamerad John. Ben möchte mit zu John, dort die Hausaufgaben machen und wenn möglich, einige Tage dort bleiben. Ellen ist sehr stolz, einen für sein Alter recht vernünftigen Jungen zu haben, auf den sie sich verlassen kann. Darum hat sie auch nichts dagegen, dass Ben, kaum dass er da ist, sofort wieder verschwindet.

Dass Ben drei-vier Tage bei seinem Freund verbringt, gibt ihr etwas mehr Zeit, sich mit dem eigenen Hobby zu befassen.

Erst vor wenigen Monaten hat sich Ellen einen neuen Computer zugelegt; mit noch mehr Leistung, vielen für sie nützlichen Programmen und einem sehr sehr großen Speichervolumen. Aber im Moment streikt das relativ neue Gerät und zeigt Daten an, die an dem eigenen Verstand zweifeln lassen. Da macht es keinen Spaß vor dem Bildschirm zu sitzen. Nun so ganz alleine auf der aus dicken Bohlen gefertigten großen Holzterrasse, macht sie es sich auf der Hollywoodschaukel bequem.

Ja, die Fairbanks erfüllen viele Klischees, da darf die Hollywoodschaukel auf den dicken Bohlen der Terrasse nicht fehlen.

Ganz entspannt liegt Ellen auf der Schaukel und denkt darüber nach, wie gut es ihr doch geht. Sehr gut erinnert sie sich noch daran, als sie während der Hochzeitsfeier ihrem Papa ganz stolz auf ihren neuen Nachnamen, ein jetzt Fairbanks zurief und Papa, schon etwas benebelt vom reichlichen Weingenuss fragte: „Was wollt Ihr denn da?“

Sie bereut nicht, ihr Studium aufgegeben und ihren vermeintlichen Job zum Hobby gemacht zu haben. Sie liebt ihren Cowboy immer noch, wie am ersten Tag. Ellens Mama sagte immer: „Ihr seid wie Pott und Deckel.“ So ist es wohl auch. Natürlich gibt es zwischendurch Meinungsverschiedenheiten, jedoch ist Mike viel zu relaxt, um daraus ein großes Werk zu machen. Ellen ist sehr glücklich, sich für das, im Gegensatz zum städtischen Leben, eher einfache Dasein entschieden zu haben. Ohne dass sie auf Komfort verzichten muss. Für dieses Gefühl der Freiheit und dafür, dass ihr Sohn Ben dieses Leben kennenlernt, ist sie sehr dankbar. Und Ben hat wirklich viel von seinem Papa, auch wenn er es derzeit noch ablehnt, später einmal die Ranch zu übernehmen.

Wenn Mike und Ben ernsthafte Männergespräche führen, ist oft zu hören, dass Ben ebenfalls ein German Fraulein heiraten möchte. Ellen hat von Anfang darauf geachtet, dass Ben zweisprachig aufwächst und Ben spricht gut Deutsch, ein bisschen ortsüblicher Slang ist schon dabei, aber das hört sich sehr nett an. Es wäre schön, wenn jetzt die Zeit einfach stehen bleiben würde.

Du musst etwas trinken bei der Hitze, geht es Ellen durch den Kopf und als sie nach ihrem mit Ananassaft gefülltem Glas greift, bemerkt sie das sonderbare Zittern der Flüssigkeit. So vibriert die Flüssigkeit nur im Glas, wenn Mike mit einer Herde von mehreren Hundert Rindern in der Nähe vorbeiprescht. Doch Mike ist weit draußen, es gibt keine Tornadowarnung und der Himmel ist strahlend blau. Irritiert schaut sich Ellen um, kann jedoch keine Erklärung dafür finden, weshalb ihr Saft zu tanzen beginnt.

Klein ist die Ranch weiß Gott nicht, selbst wenn Mike, mit fast schon britischem Understatement, immer von seinem kleinen Zuhause spricht. Im Vergleich zu anderen Ranches, die abertausende von Rindern auf den Weiden haben, ja, dazu ist sie klein. Mikes Anspruch konzentrierte sich jedoch nie auf Größe, sondern auf Qualität. Er will mit seiner Arbeit gutes Fleisch produzieren, keine Massenware für Burgerstationen; und dies soweit wie möglich, im Einklang mit der Natur. Er hat es geschafft und sein Betrieb ist weit über das County hinaus bekannt. Selbst in den besten Restaurants New Yorks, kommen seine Steaks auf den Teller.

Darum steckt in seinem Hobby auch so viel Mühe und Schweiß. Ein selbst gewählter Knochenjob, der ihm jedoch weitaus mehr Befriedigung gibt, als seine frühere Tätigkeit, bei der er das Geld machte, um sich diesen Traum erfüllen zu können.

Die Anstrengung, die jungen, noch ungebrannten Rinder aus der Herde auszusortieren und sie mit dem Brandzeichen seiner Ranch zu versehen, steht allen ins Gesicht geschrieben. Eigentlich ist diese Arbeit total überflüssig, tragen doch alle Rinder nur noch einen Chip am Ohr, der genau sagt, woher sie stammen, wann sie geboren wurden und - und - und.

Aber Mike hält an diesem für die Rinder schmerzhaften Ritual fest. Als sein Unterarm mit einem der Brenneisen in Berührung kam konnte er feststellen, wie schlimm es für die jungen Rinder sein muss. Das ist aber auch wirklich die einzige Qual, die sie erdulden müssen.

Liebevoll streicht er jedem der Tiere über den Hals, während einer seiner Jungs das heiße Eisen auf den zitternden Körper drückt.

Der Tag ist wie geschaffen für diese Arbeit, der so sonnig daherkommt; vielleicht ist es ein wenig zu warm.

„Du siehst ganz schön fertig aus Mike, sollen wir für heute nicht lieber Schluss machen?“, wendet sich Jeff an seinen Boss.

Jeff ist ein gelernter Cowboy. Auf einer Ranch aufgewachsen und von Kindesbeinen an mit Pferden und Rindern zusammen und von der ersten Stunde an bei Mike. Auf einem Viehmarkt trafen sie zusammen und Jeff bewahrte Mike vor einem gewaltigen Fehleinkauf und seitdem ist Jeff Mike´s rechte Hand; und sie sind Freunde. Nicht eher oberflächlich, wie Ellen und Mike mit Pete, dem Nachbarn befreundet sind. Nein, sie sind echte Freunde, wie es wahrscheinlich nur hier draußen möglich ist.

„Du siehst im Moment auch nicht gerade gut aus Jeff. Am liebsten würde ich für heute Schluss machen, doch dann geht die ganze Prozedur morgen wieder von vorne los. Ich fühl mich momentan richtig beschissen, ich weiß nicht was lost ist.“

„Mike, mir brummt auch schon den ganzen Tag der Schädel, den Jungs geht´s nicht anders. Ist ein komischer Tag, selbst die Rinder scheinen nicht gut drauf zu sein. Schau nur, wie unruhig sie sind.“ „O.K., sag den Jungs bescheid, wir machen Schluss für heute. Doch bis zum Wochenende müssen wir alle gebrannt haben. Und löscht das Feuer sorgfältig. Ich lege mich für ein paar Minuten ins Gras, mir ist schwindlig.“

„Alles klar, Boss, wenn wir soweit sind, werde ich Dich aus den Träumen holen.“

So in friedlicher Natur im Gras zu liegen, auf dem eigenen Grund und Boden, ist schon ein schönes Gefühl, philosophiert Mike in Gedanken vor sich hin:

> Schade dass Ellen nicht hier ist, ihre Begeisterung stundenlang vor dem Rechner zu sitzen, kann ich einfach nicht nachempfinden. Verständlich, dass sie davon Kopfschmerzen bekommt und nachts nicht schlafen kann. Aber ich fühle mich ja auch nicht wohl, selbst wenn hier keine Computer piepen und ticken. Trotzdem tickt es auch hier, nur irgendwie anders als sonst<.

Den Blick in das Endlose des blauen Himmels gerichtet und mit dem Gefühl unendlicher Freiheit im Bauch, kommen in Mike die Gedanken auf, wie klein der Mensch doch im Vergleich dazu ist, was ihn so alles umgibt. Während sich seine Augenlieder langsam schließen, verfällt er in die Träumerei über sich und alle anderen Menschen, die diesen Planten mit Leben erfüllen. Was hatte Mike während seines Studiums nicht alles über den Homo sapiens gelesen:

>Zur Unterordnung der Trockennasenaffen gehörend, ist der Mensch die einzige bis heute überlebende Art der Gattung Homo. In Afrika seit rund zweihunderttausend Jahren fossil belegt, entwickelte sich dieses Säugetier zum heutigen, gefährlichsten Raubtier aller Zeiten. Als hocheffizienter Allesfresser und überaus anpassungsfähig, blieben ihm auf der Erde nur wenige Stellen vorenthalten, an denen sein Überleben nicht möglich ist.

Sein Höchstleistungen vollführendes Gehirn erlaubt es ihm, in Bereiche vorzudringen, die jedem anderen Lebewesen der Erde verschlossen bleiben und Dinge zu schaffen, die keine andere Kreatur auf diesem Planeten zu schaffen in der Lage wäre. In gerade einmal zweihundert Jahren, vermehrte sich die Spezies Mensch von etwa einer Milliarde Bewohnern des Planeten Erde, bis auf mehr als sieben Milliarden. Bei allem was bis heute bekannt ist, mit den immer weiterentwickelten Fähigkeiten und Fertigkeiten, darf man das Säugetier Mensch wohl durchaus als das derzeit höchstentwickelte Lebewesen unseres Planeten einstufen. Aber selbst in dessen Entwicklungsstufen scheinen Fehlschaltungen eingeflossen zu sein, sofern sie nicht einem ganz besonderem Zweck geschuldet sind:

Ganz gleich ob Männchen oder Weibchen, ist diese Spezies jederzeit in der Lage, den Partner oder die Partnerin zur Kopulation aufzufordern und dieselbe auch zu vollziehen, ohne dass diese dem Zwecke der Arterhaltung dient. Ein Umstand, der rege Nutzung findet. Nur, um eine seltsame Stillung der Lust zu erreichen, findet die Vereinigung der Geschlechter überwiegend statt. Ein, bei anderen Säugetieren unvorstellbarer Vorgang, der eine reine Verschwendung kostbarer Energie darstellt, die besser für die Nahrungsbeschaffung verwendet wird.

Mit der gleichen sonderbaren Lust ist die Gattung Mensch ausgestattet, wenn es darum geht zu töten. Mehr, als zur Deckung des Proteinbedarfs benötigt wird, werden hochwertige Eiweißlieferanten vernichtet, um auch diese besondere Lust zu stillen. Selbst vor Artgenossen macht diese Lust nicht halt, wofür man nur im Sinne der Evolution Verständnis aufbringen könnte, wenn das Töten einer Überpopulation entgegenwirken würde. Denn als Eiweißlieferanten finden die Artgenossen keine Verwendung.

Die in der Entwicklungsphase verursachte Fehlschaltung wird jedoch erst deutlich wenn erkannt wird, dass Homo sapiens die einzige Lebensform darstellt, die sich mit ihrem oftmals fehlgeleiteten Handeln ihrer eigenen Lebensgrundlage beraubt. In der sonstigen Tierwelt einfach undenkbar.

Böden, aus denen der Mensch seine pflanzliche Nahrung bezieht vergiftet er wissentlich ebenso, wie das wichtigste seiner Lebensmittel, das Trinkwasser, welches nicht ersetzt werden kann. Somit scheint der besondere Zweck des komplexen Daseins von Homo sapiens in der Vernichtung allen Lebens zu liegen, um dem Planeten so einen Neuanfang zu ermöglichen.

Der Neubeginn für die Menschheit, wird dann wohl auf dem Mars stattfeinen.<

„Mike, Mike! – hey, steh auf, wir sind soweit.“

Völlig benommen erhebt sich Mike aus seinem Bett saftiger Gräser und schüttelt den Kopf.

„Mann, Jeff, als ich mich hinlegte, fühlte ich mich wie auf einem Massagebett; ich hatte das Gefühl, der Boden unter mir würde vibrieren oder sich im Rhythmus meiner Atemzüge auf und ab bewegen. Es war ein angenehmes Gefühl und ich bin richtig eingeschlafen. Dann habe ich noch ganz sonderbar geträumt; ich glaube ich werde alt.“ „Quatsch Mike, heute ist einfach nicht Dein Tag, aber mach Dir nichts daraus, wir sind alle geschafft.“

Auf ihren Pferden machen sie sich auf den Weg zurück. Manch einer ist eben mit dem Pferd unterwegs, der andere fährt mit seinem Luxusschlitten durch die Gegend und der nächste legt seine Strecke zu Fuß zurück. Nimmt man die Letzte der aufgeführten Alternativen, dann ist der Weg weit, zum Uluru.

Ellen kommt

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