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Jambo Africa

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Das geologische Institut in Kenias Hauptstadt Nairobi ist an diesem Abend nur mit zwei Leuten besetzt.

Najun Spencer ist einer von ihnen und er nimmt seine Aufgabe sehr ernst. Seit er sein Studium in Großbritannien beendete, ist hier seine Wirkungsstätte. Seine Leistungen dort waren gut, überdurchschnittlich gut. Sein Einkommen ebenfalls. Gerne wäre er in Großbritannien geblieben oder in die Staaten ausgewandert. Najun steckte voller Träume, wollte in seinem Bereich gleichfalls Aufklärer, wie Entdecker sein. Den Menschen plausibel und schnörkellos, ohne Fachlatein erklären, wie die Erde arbeitet, wie sie lebt; und wie wir mit ihr und auf ihr leben können.

Doch, trotz einer Wohnung in einer guten Londoner Gegend und obwohl feinste Stoffe seinen gut gebauten Körper schmückten und wenngleich sein IQ einiges über dem seiner Mitmenschen liegt, irgendwie fühlte er sich stets wie der Nigger. Da verwarf er rasch den Gedanken an die Staaten. Selbst, wenn da quasi mal soetwas, wie ein Landsmann das Sagen hatte, blieb Mr. President dort für Viele doch auch nur der Nigger.

Lediglich das „yes, we can“, hat sich Najun von Mr. President angeeignet und in ein „yes, I can“, verwandelt. Aber das interessierte keinen der Weißen, die an den wichtigen Stellen das Sagen haben. Darum sitzt Najun nun in Nairobi in einem Büro. Sieben Monitore zeigen ihm dort an, was sich auf dem Globus aktuell ereignet. Ständig ändern sich die Grafiken, Drucker zeichnen die unterschiedlichen Bilder auf dass Papier. Erdbeben, Tsunamis oder Vulkanausbrüche, über alles erhält er Informationen. Ein durchaus interessanter Job, doch zeitweilig auch ziemlich langweilig, denn nicht alles, was gerade geschieht, ist spektakulär und verändert die Welt.

Schließlich kommt es häufiger vor, dass der Ätna auf Sizilien zu spucken beginnt oder, wie erst soeben gemeldet, der Boden in Norditalien bebt. Das ist zwar traurig für Die, welche davon unmittelbar betroffen sind, doch großartige Auswirkungen auf den Planeten haben diese Dinge nicht und schon gar nicht für Kenia, was mit ganz anderen Problemen fertig werden muss.

Da waren die zurückliegenden Ereignisse schon weitaus interessanter, die Kenia und den Nachbarstaat Tansania vor einigen Jahren heimsuchten. Ein ungewöhnlicher Erdbebenschwarm, mit einer Serie von achtzehn Beben, mit bis zu 6,1 auf der Richterskala erschütterte die beiden Länder. Das Epizentrum wurde im Gebiet des Vulkans Ol Donyo Lengai in Tansania ausgemacht. Gott sei Dank ist damals nicht wirklich viel passiert, die Ängste der Bevölkerung waren dennoch sehr groß. Immerhin wird Kenia vom Rift Valley durchzogen, einem Teil des Ostafrikanischen Grabenbruchs und da sollte man schon ein Auge drauf werfen.

Immerhin ist diese rund sechstausend Kilometer lange Kerbe im wahrsten Sinne des Wortes ein Schnitt durch den Kontinent, der von Syrien bis nach Mosambik reicht. In einigen Millionen Jahren, so jedenfalls die Vorhersagen, wird sich das östliche Afrika endgültig vom Rest des Kontinents lösen und eine eigene Landmasse bilden. Sogar Namen für das neu entstehende Meer werden schon gehandelt. Was aber, wenn das alles keine Millionen Jahre mehr dauert?

Najun ist richtig besessen davon, so gut wie alles über den Planeten zu erfahren, der nach jetzigem Kenntnisstand als einziger in unserem Sonnensystem Leben in der uns bekannten Form aufweist. Als Geophysiker hat er die besten Voraussetzungen, sein Wissen zu stillen.

Die Möglichkeit sein Studium in Großbritannien zu absolvieren, verdankte er seinem Vater, einem britischen Offizier. Dessen Ehe mit seiner kenianischen Frau hielt nicht länger als fünf Jahre, doch für seine zwei Buben übernahm er weiterhin Verantwortung; zumindest in finanzieller Hinsicht.

Der Bruder Najuns kapitulierte allerdings vor den hohen schulischen Anforderungen und schlug einen ganz anderen Weg ein. Mit Startkapital des Vaters ausgestattet, machte er sich auf den Weg Richtung Mombasa, um dort an den traumhaften Stränden des Indischen Ozeans als Händler sein Glück zu versuchen. Leider orientierte er sich mehr an dem Lebensrhythmus der Touristen, was Geld verschlang, ohne Neues einzubringen. Nun hält er sich mit seiner „Boutique“ über Wasser, einem dreimalzwei Meter großen Stück Sandstrand, wo er geschnitzte Elefanten, Nashörner und andere Souvenirs für die Touristen bereithält.

Wenn für neue Investitionen in die „Boutique“ nicht gerade zweihundert oder fünfhundert Shilling benötigt werden, hört Najun nur sehr wenig von seinem Bruder.

Im Moment hat Najun aber ganz andere Gedanken im Kopf, als geschnitzte Elefanten oder dem noch professionelleren Ausbau der Boutique, von der sein Bruder häufig schwärmt.

Die Geräte, die auch entlang des Ostafrikanischen Grabenbruchs installiert sind liefern Messungen, die von einer derart hohen Intensität sind, als sollte die Abspaltung des östlichen Afrika noch in dieser Nacht stattfinden. Gerade in Äthiopien rumort es kräftig.

Dort, von wo sich doch die ersten Menschen auf den Weg gemacht haben sollen, die Welt zu erobern.

Dazu werden ständige Beben von den Philippinen gemeldet; Erdstöße werden ebenso vor Kalifornien registriert. Die Meldungen, welche sowohl vom südlichen wie nördlichen Europa eintreffen, aber auch die Erschütterungen, die Neuseeland zu verzeichnen hat, sind deutlich, jedoch noch nicht dramatisch. Schlimmer erscheint ihm die Nachricht, die schwere Erdstöße in Sandouping meldet.

Vor allen Dingen damit, möchte sich Najun jetzt befassen. Sandouping, dieser Ort wird wohl den Wenigsten geläufig sein, auch wenn er vor Jahren täglich in den Nachrichten zur Sprache kam. Ungefähr 40 Kilometer flussaufwärts von Yichang, in der Provinz Hubei/China, liegt der Ort, der durch die Errichtung des gewaltigen Drei-Schluchten-Staudamms Berühmtheit erlangte.

Die vielfältigen Einwände zum Bau dieses Dammes einmal außer Acht gelassen bleibt jedoch die Erkenntnis, dass der Staudamm in einem von Erdbeben gefährdeten Gebiet liegt. Der Hinweis, der Staudamm könne durchaus ein Beben der Stärke 7, auf der nach oben hin offenen Richterskala überstehen, mag beruhigend klingen. Was aber, wenn ein Beben der Stärke 9 eintritt, wie es vor einigen Jahren in Japan registriert wurde?

Najun schaudert bei dem Gedanken daran, dass Shanghai bei einem Bruch des Damms wie einst Atlantis im Meer versinken würde.

Zeit aber, um nun in Panik zu verfallen, besteht überhaupt nicht. Für alle derzeitigen Vorkommnisse gibt es logische Erklärungen. Den im Moment direkt von Beben oder Vulkanausbrüchen Betroffenen, ist das zwar keine große Hilfe, doch diese Naturereignisse begleiten uns schließlich seit Urzeiten.

Mit Ellen Fairbanks aus Idaho, wird sich Najun gleich in Verbindung setzen, um mit ihr über die Ereignisse zu diskutieren. Er kennt sie als langjährige Internetfreundin und weiß, dass sie sich sehr intensiv mit derartigen Vorkommnissen auseinandersetzt. Sie hat nicht nur hervorragende Kenntnisse über die Materie, sondern kann auch logische Erklärungen einmal außen vor lassen und die Situation „weiterspinnen“. Das bietet zwar ebenfalls keine Lösung, hilft aber vielleicht, dem Warum auf die Spur zu kommen.

Interessant sind im Moment die Nachrichten, gleich, ob sie über das Radio, das Fernsehen oder das Internet verbreitet werden.

Weltweit berichten die Sender über die ungewöhnlich hohe Anzahl von Erdstößen. Seit Beginn der wissenschaftlichen Aufzeichnungen darüber, gab es keine vergleichbare Anhäufung seismischer Aktivitäten. Und das Besondere daran ist, dass bislang kaum Sach- oder Personenschäden zu vermelden sind. Aber ein Thema ist noch viel wichtiger, als das Aufbäumen des Erdballs.

Der bevorstehende Start der Raumschiffe beherrscht die Sender. Liveübertragungen von den drei Weltraumbahnhöfen bestimmen die Bilder und Gespräche. Jedes Detail wird überaus ausführlich beschrieben. Die Schubkraft der Trägerraketen wird nicht weniger diskutiert, als die Möglichkeit, der eigenen Treibstoffgewinnung. Mindestens 96 Tonnen davon, werden für die Rückkehr zur Erde benötigt; für jedes Raumschiff, versteht sich.

Jede, der 30 teilnehmenden Personen, wird wieder und wieder auf ihre Tauglichkeit hin durchleuchtet. Berichte und Informationen, die uns noch weit über den Start hinaus beschäftigen werden, sind das Thema Nummer eins. – Der Countdown läuft. Tick-tack-tick-tack.

Doch nicht überall interessiert man sich für Marsmissionen oder dafür, ob an irgendeinem Punkt der Welt, irgendwem die Tassen aus dem Schrank purzeln. Teile Sankt Petersburgs beben aus einem ganz anderen Grund.

Ellen kommt

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