Читать книгу Samir - Jakob Arnold - Страница 7

Jetzt musste ich einfach weiter, weg von zuhause, weg von Afghanistan, nur nach Westen. Irgendwie musste ich in diesen „eisernen Vogel“, den alle nur Flugzeug nannten, gelangen. Der würde mich weiter nach Westen bringen, immer weiter weg von zuhause und der dort für uns alle drohenden Gefahr. Doch wie könnte ich wohl unbemerkt in das Flugzeug gelangen? Einfach reingehen, die fahrbare Treppe hinauf, ging nicht. Ich müsste ja erst einmal an den uniformierten Männern, die vor der großen Eingangstür standen, vorbei, durch das ganze Haus und dann noch nachdem man eine fahrbare Treppe hinauf gegangen war, durch eine Öffnung im Flugzeug, die wie eine Tür aussah, gehen. Wie sollte man das unbemerkt schaffen? Egal wie ich mich im Kopf auch anstrengte, mir fiel nichts ein. Die ersten Mitfahrer aus meinem Bus gingen bereits auf das große Haus zu, hinter dem das Flugzeug stand. Jetzt musste mir schnell was Sinnvolles einfallen. Ich rannte mit einigen weiteren jungen Menschen, anderen Kindern, die ohne Eltern die weite Reise im Bus bereits hinter sich gebracht hatten, hinter den Großen her, erwischte sie vor der Eingangstür und ging mit ihnen an den uniformierten Männern vorbei in das Haus. Noch nie hatte ich ein solches Gebäude von innen gesehen. Da war viel mehr Platz drin als in unserer Hütte zuhause. Da mir alles so unbekannt war und mir auch ein wenig Angst machte hielt ich mich ganz eng an die Menschen, die ich wenigstens bereits von der gemeinsamen Busreise kannte. Warum sie eigentlich mitgefahren waren wusste ich nicht. Was hätte ich denn auf der Reise im Bus auch mit ihnen reden sollen? Die hätten sich sicher nicht mit einem heranwachsenden Knaben unterhalten, schon gar nicht erzählt, warum sie in dem Bus saßen. Ich war für die doch nur eines der zerlumpten Kinder aus einem armen Dorf an der Straße, das von seinem Vater in den Bus gesteckt worden war, -damit es eine Chance zum Überleben hatte-. Das alles habe ich damals, im Osten der Türkei, in einem Flughafengebäude, nicht gewusst. Das ist mir erst viel später klar geworden.