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Endlich waren wir in Istanbul angekommen. Also schnell raus aus dem Flugzeug. Als wir dann auch noch aus dem Flughafengebäude herausgekommen waren, stellte die Frau zu unserem Glück die Tasche nochmals ab während sie wartete. Auf was sie wartete, wussten Wadi und ich nicht und eigentlich interessierte es mich auch nicht. Ich deutete Wadi an, dass wir die Tasche verlassen müssten wenn wir uns wieder zu unserer ursprünglichen Größe zurückverwandeln wollten. Mühsam krochen wir in der Tasche hoch und ließen uns über den Rand auf den Boden fallen. Nach einer unfreiwilligen Rolle rückwärts standen wir eng beieinander. „Wadi! Willst du wieder zurück zu deiner früheren Größe?“, fragte ich meinen neuen Freund. Er nickte und ich gab ihm ein kleines Stück Holz zum Kauen. Auch ich nahm ein kleines Stück Holz in den Mund und begann zu kauen. Langsam veränderte sich unsere Größe. Ich kannte ja bereits die damit verbundenen Schmerzen und verzog keine Miene, doch Wadi zeigt ein schmerzverzerrtes Gesicht. Ich konnte ihm gerade noch den Mund zuhalten bevor er anfing, vor Schmerzen zu schreien. Dabei hielt er sich die Hände vor den Bauch, denn dort hatte er wohl die meisten Schmerzen.

Endlich hatten wir unsere alte Größe wieder erreicht. Niemand hatte offensichtlich etwas von unserer Veränderung bemerkt. Nur, dass wir plötzlich da waren fiel einigen der Umstehenden auf. „Wo kommt ihr denn plötzlich her? Wir dachten, wir hätten euch zurückgelassen.“, sagte einer der Männer. Aber das war es dann auch schon. Alle kümmerten sich hauptsächlich um das Problem ihrer eigenen Weiterreise. Man war jetzt am Flughafen in Istanbul, man hatte endlich Istanbul erreicht und wollte doch eigentlich nicht hierbleiben sondern mit dem Schiff weiter nach Westen. Doch wie sollten wir jetzt alle gemeinsam zum Hafen kommen und auch noch das richtige Schiff finden? Gemeinsam ging das auf keinen Fall. Wir hätten einen Bus gebraucht. Außerdem war das den meisten Reisenden im Grunde auch egal, alle anderen Flüchtlinge waren egal. Jeder hatte nur Interesse an sich selbst. Es interessierte nur wie man selber zum Hafen und weiterkam. Die anderen waren jetzt erst mal egal. Das war unser Vorteil. So konnten wir uns jetzt wieder ganz ungeniert unter die Reisenden mischen und versuchen, irgendwie zum Hafen zu kommen. Ich kannte mich in Istanbul nicht aus. In so einer großen Stadt war ich vorher noch nie gewesen. Unser Dorf zuhause war für mich die ganze Welt Wie sollte ich zu einem Hafen finden von dem ich nicht wusste wo er war. Ich wusste auch nur, dass in einem Hafen, was immer das war, das eine Schiff war, mit dem wir weiter nach Westen, nach Europa, fahren können würden. Wieder näherte sich uns eine Gruppe recht ordentlich gekleideter junger Männer. „Na, wo wollt ihr denn hin?“ lautete eine kurz hingeworfene Frage. „Nach Westen!“ war die ebenso kurz hingeworfene Antwort. „So wie ihr ausseht wird das bestimmt nichts! Wer oder was soll euch denn mit nach Westen nehmen? Habt ihr überhaupt Geld, damit ihr die Schifffahrt bezahlen könnt?“ tönten die Männer zu uns herüber. „Wir haben für die gesamt Reise bereits bezahlt! Aber hier scheint sich keiner um uns zu kümmern.“ war die Antwort aus unserer Gruppe. „Dann sollten wir wohl mal sehen, wie wir euch helfen könnten.“, sagte einer der Männer als er langsamen Schrittes näher kam. „Wo wollt ihr eigentlich hin und wo kommt ihr her?“ fragte er in unsere Richtung. „Aus Afghanistan! Wir wollen nach Westen, möglichst weit weg von Afghanistan!“, antwortete ein Mann aus unserer Reisegruppe. „Also gut. Wir werden mal sehen was sich machen lässt. Womit könntet ihr uns denn für unsere Dienste danken?“ sagte der eine Mann. Ich stieß Wadi in die Rippen „Der kommt mir nicht ganz geheuer vor. Die sehen alle so aus als ob sie nur auf solche wie uns gewartet hätten.“ „Das wäre Scheiße, wenn du recht hättest. Mal sehen, was sie von uns als Dank wollen.“, flüsterte Wadi mir zu. Die wartenden Männer und Frauen, die nicht wussten wie es weitergehen sollte, begannen in ihrer Kleidung, in ihren Taschen, Koffern und Kartons nach Wertgegenständen zu such, die sie als Dank anbieten könnten. Einige hatten noch ein wenig Geld versteckt, das sie jetzt vorsichtig, so dass sie niemand sehen konnte, zählten. Einen Teil des Geldes steckten sie zurück in ihre Kleidung. Andere wühlten goldene Schmuckstücke hervor. Sie wussten genau wo sie ihre Wertsachen versteckt hatten. Aber auch sie wühlten immer so, dass niemand sehen konnte wie viel Schmuck sie insgesamt dabei hatten. Alle erinnerten sich noch gut an die Vorfälle in Diyarbakir vor ihrer Flugreise. Damals hatten einige Männer sie bereits um einen Teil ihrer Wertsachen betrogen. Sie wollten sich nicht nochmal betrügen lassen. Aber die Vorsichtsmaßnahmen nutzten nicht viel. Einer der Männer versprach:“ Wir bringen euch zum Hafen. Doch zuerst müsst ihr bezahlen! Da vorne steht schon ein Bus, den wir extra für euch organisiert haben.“ Die wartenden Erwachsenen glaubten ihnen, gaben ihnen einige Wertsachen und konnten sie dann nur noch hinter einer Hausecke in eine kleine Gasse verschwinden sehen. „Wir gehen rüber zu dem Bus und fragen!“ rief einer der Reisenden und lief auch schon quer über den Flughafenvorplatz zu einem der wartenden Busse. Ich konnte sehen, wie er in den geöffneten Bus stieg, einige Worte mit dem Fahrer wechselte, wieder ausstieg und uns zurief: “Wir sind wieder betrogen worden! Der Fahrer weiß von nichts. Er kennt die Männer nicht einmal. Was sollen wir jetzt machen?“ Ratlos stand die Reisegruppe zusammen. Sie begannen laut zu überlegen, wie es jetzt wohl weiter gehen sollte. Das war für Wadi und mich der geeignete Moment um die Gruppe möglichst unbemerkt verlassen zu können. Wir brauchten andere Kleidung, wenn wir weiter kommen wollten. Aber wo sollten wir andere, neue Kleidung finden? Die Kleidung musste uns auch passen.

Samir

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