Читать книгу Arbeitsbuch zu Atkins, de Paula, Keeler Physikalische Chemie - James J. Keeler - Страница 16
Schwerere Aufgaben
ОглавлениеS1.2.1 Die beschriebene Versuchsanordnung besteht aus einer Reihe von Scheiben, die auf einer gemeinsamen Achse montiert sind. In jeder der Scheiben befindet sich ein enger radialer Schlitz, der bei zwei aufeinander folgenden Scheiben um einen bestimmten Winkel versetzt ist. Diese Apparatur wird nun mit konstanter Geschwindigkeit in Rotation versetzt.
Wir stellen uns nun vor, dass sich ein Molekül mit einer bestimmten Geschwindigkeit entlang der Rotationsachse des Apparates (d. h. in x-Richtung) bewegt, sodass es den Schlitz in der ersten Scheibe passieren kann. Bis das Molekül die zweite Scheibe erreicht, wird sich deren Schlitz weiter gedreht haben, und das Molekül kann nur dann passieren, wenn dessen Geschwindigkeit so gestaltet ist, dass es die zweite Scheibe genau in dem Moment erreicht, wenn deren Schlitz entlang seines Pfades liegt. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass nur Moleküle, die sich mit einer bestimmten Geschwindigkeit in x-Richtung bewegen (innerhalb einer gewissen Toleranz, die mit der Breite des Schlitzes zusammenhängt), die zweite Scheibe passieren können. Die gewünschte Geschwindigkeit lässt sich über die Rotationsgeschwindigkeit der Scheiben einstellen, sowie durch die Wahl des Winkels, mit der die Schlitze aufeinander folgender Scheiben gegeneinander versetzt sind.
Die Winkelgeschwindigkeit der Scheiben ist 2πv rad s−1, sodass sich die Scheiben innerhalb einer Zeit t um einen Winkel von θ = 2πvt drehen. Wenn wir den Abstand zwischen den einzelnen Scheiben mit d bezeichnen, wird ein Molekül mit der gerichteten Geschwindigkeit vx eine Zeit t = d/vx benötigen, um von einer Scheibe zur nächsten zu gelangen. Wenn der zweite Schlitz in einem Winkel α relativ zum ersten Schlitz liegt, wird das Molekül nur dann den zweiten Schlitz passieren können, wenn
gilt. Wenn wir den Winkel α in Grad ausdrücken, mit α = π(α°/180°), wird daraus
Mit den angegebenen Werten erhalten wir für die gerichtete Geschwindigkeit der Moleküle
Die Maxwell’sche Geschwindigkeitsverteilung für ein eindimensionales System ist durch Gl. (1.11) gegeben:
Wir nehmen an, dass die Angaben zur Intensität des Molekularstrahls zu dieser Verteilungsfunktion f(vx) proportional sind, I ∝ f(vx) = Af(vx). Da wir die Proportionalitätskonstante A nicht kennen und die Variation der Intensität mit vx untersucht werden soll, ist es an dieser Stelle hilfreich zu logarithmieren; wir erhalten
Bei einer Auftragung von ln I gegen sollte sich eine Gerade mit der Steigung −m/2kT ergeben; die entsprechende Wertetabelle sowie die grafische Auftragung (Abb. 1.4) sind nachfolgend gezeigt.
v/Hz | Vx/m s−1 | I (40 K) | ln I (40 K) | I (100 K) | ln I (100 K) | |
---|---|---|---|---|---|---|
20 | 36 | 0,13 | 0,846 | −0,167 | 0,592 | −0,524 |
40 | 72 | 0,52 | 0,513 | −0,667 | 0,485 | −0,724 |
80 | 144 | 2,07 | 0,069 | −2,674 | 0,217 | −1,528 |
100 | 180 | 3,24 | 0,015 | −4,200 | 0,119 | −2,129 |
120 | 216 | 4,67 | 0,002 | −6,215 | 0,057 | −2,865 |
Die Wertepaare liegen für die beiden untersuchten Temperaturen jeweils auf einer Geraden, mit einer Steigung von −1,33 bei 40 K bzw. −0,516 bei 100 K.
Um zu überprüfen, ob diese Daten durch eine Maxwell-Boltzmann-Verteilung beschrieben werden können, berechnen wir die theoretisch erwartete Steigung bei 40 K:
wobei wir R = NAk verwendet haben. Die erwartete Steigung ist daher −1,26, in recht guter Übereinstimmung mit dem experimentellen Wert.
Bei 100 K ist die theoretisch erwartete Steigung
Wir sehen, dass auch in diesem Fall die theoretisch berechnete Steigung von −0,504 in guter Übereinstimmung zum experimentell ermittelten Wert steht.
S1.2.3 Die Maxwell’sche Geschwindigkeitsverteilung für eindimensionale Systeme ist durch Gl. (1.11) gegeben,
Zunächst formulieren wir unter Verwendung von Gl. (1.14), , einen Ausdruck für die mittlere Geschwindigkeit. Im hier vorliegenden Fall ist dies
Zur Lösung des Integrals greifen wir auf das Standardintegral G2 aus dem Anhang des Lehrbuchs zurück:
Mit a = m/2kT ergibt sich für die mittlere Geschwindigkeit
Nachdem der Molekularstrahl den Selektor passiert hat, ist f (vx) gleich null für alle vx > c̄ (Gasmoleküle mit diesen Geschwindigkeiten werden nicht durchgelassen). Die Wahrscheinlichkeitsverteilung wird dadurch verändert, und wir müssen die Funktion erneut normieren, sodass
gilt. Dieses Integral lässt sich am einfachsten mithilfe mathematischer Software lösen; als Ergebnis erhalten wir
wobei erf(x) die Fehlerfunktion ist. Die neu normierte Verteilungsfunktion lautet daher
Auf dieser Grundlage lässt sich die neue mittlere Geschwindigkeit berechnen; auch in diesem Fall ist es hilfreich, hierfür mathematische Software zu nutzen. Beachten Sie, dass die mittlere Geschwindigkeit c̄ als neue obere Integrationsgrenze verwendet wird. Für die neue mittlere Geschwindigkeit erhalten wir
Die numerische Lösung der Fehlerfunktion lautet
S1.2.5 Die Maxwell’sche Geschwindigkeitsverteilung für dreidimensionale Systeme ist durch Gl. (1.12) gegeben,
wobei M die Molmasse ist. Die wahrscheinlichste Geschwindigkeit ist durch Gl. (1.18) gegeben, c* = (2RT/M)1/2. Wenn das Intervall der Geschwindigkeiten Δv eng ist, entspricht der Anteil der Moleküle, deren Geschwindigkeiten in einem Bereich mit dem Zentrum bei c* liegen, in guter Näherung f (c*)Δv. Der gesuchte Anteil an Molekülen, deren Geschwindigkeiten in einem Bereich Δv mit dem Zentrum bei n × c* liegen, ist somit durch
gegeben. Bei der Bildung des Verhältnisses kürzen sich sämtliche Terme in f(v) heraus, die Multiplikatoren der Exponentialfunktion sind, mit Ausnahme von v2. Wenn wir in diesem Ausdruck die Größe c* durch (2RT/M)1/2 ersetzen (d.h., wenn wir Gl. (1.18) einsetzen), erhalten wir schließlich ein übersichtlicheres Ergebnis:
Für n = 3 liefert dieser Ausdruck 3,02 × 10−3, und für n = 4 erhalten wir 4,89 × 10−6. Anhand dieser Zahlenwerte können wir erkennen, dass nur sehr wenige Moleküle ein Vielfaches der wahrscheinlichsten Geschwindigkeit c* besitzen.
S1.2.7 Damit ein Objekt (egal, ob es sich um ein Raumschiff oder um ein Molekül handelt) die Gravitation der Erde überwinden kann, muss es eine hinreichend große kinetische Energie besitzen; der Betrag der Energie muss mindestens der gravitationsbedingten potenziellen Energie des Objektes an der Erdoberfläche entsprechen. Das Gravitationspotenzial zwischen zwei Objekten mit den Massen m1 und m2, die sich im Abstand r zueinander befinden, ist
wobei G die (universelle) Gravitationskonstante ist. Für ein Objekt mit der Masse m an der Erdoberfläche ist das Gravitationspotenzial durch
gegeben, wobei wir hier mit M die Masse der Erde und mit R den Radius unseres Planeten bezeichnen. Anhand dieses Ausdrucks können wir erkennen, dass das Potenzial an der Erdoberfläche gleich groß ist wie im imaginären Fall, wenn die Masse der Erde an einem Punkt im Abstand ihres Radius konzentriert wäre.
Während sich eine Masse von der Erdoberfläche entfernt, nimmt ihre potenzielle Energie stetig zu, d. h. sie wird weniger negativ; bei sehr großen Distanzen geht sie schließlich gegen null. Diese Änderung der potenziellen Energie muss vollständig in kinetische Energie umgewandelt werden, damit eine Masse die Gravitation überwinden kann. Eine Masse m, die sich mit der Geschwindigkeit v bewegt, besitzt die kinetische Energie ; diese Geschwindigkeit entspricht der Fluchtgeschwindigkeit ve wenn
gilt. Der Term unter der Quadratwurzel hängt folgendermaßen mit der Beschleunigung des freien Falls, g, zusammen: Eine Masse m an der Erdoberfläche erfährt aufgrund der Gravitation eine Kraft, die GMm/R2 entspricht. (Beachten Sie, dass diese Kraft proportional zu R−2 ist.) Diese Kraft beschleunigt die Masse in Richtung Erdoberfläche, und wir schreiben dafür (wie gewohnt) F = mg. Wenn wir die beiden Ausdrücke für die Kraft gleichsetzen, erhalten wir
Wenn wir nun den Ausdruck für GM/R in die Beziehung für ve einsetzen, erhalten wir
Wir sehen, dass die Fluchtgeschwindigkeit ve sowohl eine Funktion des Erdradius fi als auch der Beschleunigung des freien Falls g ist.
1 (a) Der Radius der Erde ist 6,37 × 106 m und g = 9,81 m s−2, daher ist die Fluchtgeschwindigkeit
2 (b) Für den Mars wird in der Aufgabenstellung keine Angabe zur Beschleunigung des freien Falls gemacht; allerdings folgt aus Gl. (G1.4), dass g = GM/R2 gilt, und somitDie Beschleunigung des freien Falls auf dem Mars können wir daher aus den übrigen Angaben berechnen:Für Fluchtgeschwindigkeit auf dem Mars erhalten wir daherDie mittlere Geschwindigkeit von Molekülen ist durch Gl. (1.17), , gegeben. Diesen Ausdruck können wir geeignet umstellen, um die Temperatur zu erhalten, bei der die mittlere Geschwindigkeit der Moleküle gerade der Fluchtgeschwindigkeit ve entspricht:Für H2-Moleküle auf der Erde liefert diese GleichungIn der folgenden Tabelle sind die Ergebnisse für alle drei in der Aufgabenstellung genannten Gase auf beiden Planeten aufgelistet.Planetve/ms−1T/104K(H2)T/104 K (He)T /104K(O2)Erde1,12 × 1041,192,3618,9Mars5,04 × 1030,2420,4813,84Der Anteil der Moleküle, die sich mit größeren Geschwindigkeiten als der Fluchtgeschwindigkeit bewegen, lässt sich aus der Maxwell-Boltzmann-Verteilung durch Integration zwischen ve und ∞ ermitteln:Dieses Integral lässt sich am einfachsten unter Zuhilfenahme mathematischer Software lösen. In der folgenden Tabelle sind die Ergebnisse für die Anteile F für die drei genannten Gasmoleküle aufgelistet; ein Eintrag von null bedeutet, dass der Anteil innerhalb der Genauigkeit dieser automatisierten Berechnung gleich null ist.PlanetT/KF (H2)F (He)F (O2)Erde240000—15001,49 × 10−49,52 × 10−90Mars2401,12 × 10−55,09 × 10−110—15000,0254,31 × 10−24,61 × 10−14Diese Ergebnisse zeigen, dass leichtere Moleküle grundsätzlich eine größere Wahrscheinlichkeit besitzen, die Atmosphäre zu verlassen (denn sie bewegen sich im Mittel schneller); außerdem erkennen wir, dass eine Temperaturerhöhung diese Wahrscheinlichkeit erhöht (denn dadurch erhöht sich auch die mittlere Geschwindigkeit der Moleküle). Aufgrund der geringeren Fluchtgeschwindigkeit ist es für leichte Moleküle einfacher, die Atmosphäre des Planeten Mars zu verlassen als die Erdatmosphäre, und für schwerere Moleküle ist es nahezu unmöglich, den Gravitationsbereich der Erde zu verlassen.
S1.2.9 Die Maxwell’sche Geschwindigkeitsverteilung für dreidimensionale Systeme ist durch Gl. (1.12) gegeben,
wobei M die Molmasse ist. Der Anteil der Moleküle, die sich mit Geschwindigkeiten zwischen v1 und v2 bewegen, lässt sich aus der Maxwell-Boltzmann-Verteilung durch Integration zwischen diesen beiden Geschwindigkeiten ermitteln (der Einsatz mathematischer Software ist dabei hilfreich):
Bei 300 K finden wir für Sauerstoff mit M(O2) = 2 × 16,00 g mol−1 einen Anteil von 0,0722, und bei 1000 K ist dieser Anteil 0,0134.
S1.2.11 Die Stoßzahl z ist in Gl. (1.20b) mit definiert, wobei die mittlere Relativgeschwindigkeit zweier Moleküle der gleichen Masse durch Gl. (1.19a), , und die mittlere Geschwindigkeit wiederum durch Gl. (1.17), c̄ = (8RT/nM)1/2, gegeben ist.
Zusammengefasst ergibt sich für die Stoßzahl
wobei wir die Beziehung R = NAk verwendet haben. Einsetzen der gegebenen Werte ergibt für die Stoßzahl der CH4-Moleküle