Читать книгу Fragen an das Universum - James Trefil - Страница 25
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Haben Sie jemals weit entfernt vom Lichtdunst einer Stadt in den klaren Nachthimmel geschaut? Und hat Sie der strahlende Sternenteppich mit Ehrfurcht erfüllt?
Vor langer Zeit sah das jeder – jede Nacht. Selbst in den belebten Städten. Für unsere Vorfahren war das ein allnächtliches Ereignis. Der imposante Lauf der Sterne und Planeten gehörte zu ihrem Leben. Aus diesem Grund könnte die Astronomie die erste Wissenschaft der Menschheit gewesen sein, wenn nicht sogar das zweitälteste Gewerbe der Welt.
Mit der Einführung der Straßenbeleuchtung im 19. Jahrhundert änderte sich das. Langsam verschwanden die Sterne aus unserem Blick und gingen im Lichtkegel der Städte unter. Nur der Mond, einige Planeten und die hellsten Sterne leuchteten noch.
Die Wissenschaft der Archäoastronomie liefert uns die besten Belege für das ehrwürdige Alter der Astronomie. Das nur wenige Jahrzehnte alte Fach erforscht anhand von Artefakten, insbesondere Bauwerken, was die alten Kulturen über die Gestirne wussten und welche Rolle dieses Wissen in ihrem Leben spielte. Das bekannteste Beispiel dafür ist der berühmte, gewaltige Steinkreis Stonehenge auf der Salisbury-Hochebene in England.
Übrigens errichteten weder Druiden noch Julius Caesar Stonehenge. Der Zauberer Merlin teleportierte auch keine Steine aus Irland hierher, ebensowenig Außerirdische in fliegenden Untertassen. Wir wissen, dass eine Reihe von Völkern zwischen 3000 und 1800 v. Chr. den Steinkreis aufstellten, die weder Schrift noch Achsen mit Rädern kannten. Und doch schufen sie über die Jahrhunderte ein Monument, das noch heute steht.
Steinkreise wie Stonehenge wurden vermutlich angelegt, um den Sonnenlauf und die Jahreszeiten zu verfolgen, und verweisen auf prähistorische Kenntnisse über den Kosmos.
Nur weil man nicht enträtseln kann, wie alte Kulturen etwas bauten, heißt das nicht, dass Außerirdische dabei halfen.
Der Archäoastronom Gerald Hawkins vertrat als Erster die Meinung, Stonehenge könnte kosmologische Bedeutung haben. Er wuchs in der Nähe des Monuments auf und spielte zwischen den Steinen, als dort noch nichts eingezäunt war. Dabei bemerkte er, dass die Position der Steine eindeutige Sichtlinien definierte – als hätten die Erbauer die Besucher zwingen wollen, dorthin zu sehen. In den 1970er-Jahren hatte Hawkins am Massachusetts Institute of Technology (MIT) Zugang zu modernen Computern und zeigte, dass viele der Sichtlinien auf wichtige astronomische Ereignisse verwiesen. Die bekannteste markiert den Sonnenaufgang zur Sommersonnwende. Eine Aufgabe von Stonehenge war es also, die Jahreszeiten zu verfolgen – für eine Agrargesellschaft lebenswichtig.
KALENDER AUS STEIN
In Nordamerika liegen Hunderte von alten Medizinrädern aus Stein, die nomadische Ureinwohner errichteten, wie die Sioux, Cheyenne, Crow, Blackfoot, Arapaho, Cree, Shoshone, Comanche und Pawnee. Das berühmteste davon ist das Big Horn Medicine Wheel in Wyoming, mit einem Durchmesser von rund 24 Metern und 28 Speichen, die von einem zentralen Steinhaufen abgehen. Dieses und andere ähnliche Räder dienten vermutlich dazu, die Positionen von Sonne und hellen Sternen im Verlauf der Jahreszeiten zu bestimmen.
TYCHOS NASE
Auf einen studentischen Saufgelage stritt sich Tycho Brahe mit einem anderen Studenten darüber, wer der bessere Mathematiker sei. Dies führte zu einem Duell, das Tycho Brahe die Nasenspitze kostete. Den Geschichten der Astronomen zufolge trug er daraufhin eine Nasenprothese aus Gold und Silber. Als man 2010 seinen Leichnam exhumierte, um die Ursache seines rätselhaften Todes zu untersuchen, zeigten chemische Analysen seiner Nasenknochen Spuren von Kupfer und Zink – seine falsche Nase war also aus Messing.
Tycho Brahe mit einem Teil seiner Nase.
Seitdem entdeckte man an alten Monumenten auf der ganzen Welt ähnliche Merkmale. Die verblüffendsten sind vielleicht die Medizinräder im westlichen Nordamerika, die nicht Bauern, sondern Nomaden errichteten. Solche Relikte zeigen, dass der Himmel unseren Vorfahren wichtige Hinweise lieferte, egal wo sie lebten oder wie sie sich ernährten.
ASTRONOMIE MIT BLOSSEM AUGE
Die Astronomie begann ohne Teleskop. Diese einfache, offensichtliche Feststellung hat weitreichende Implikationen. Die Astronomen der Antike wussten, dass die Erde eine Kugel ist, und erarbeiteten auch ohne Teleskop eine eindrucksvolle Liste an Erkenntnissen. Wie schon erwähnt, vermaß Hipparchos von Nicäa die Position auffallender Sterne und erstaunlich genau die Entfernung des Mondes von der Erde. Er entdeckte auch die Präzession der Äquinoktien, ein leichtes Schwanken der Rotationsachse der Erde. Aristarch von Samos entwickelte ein heliozentrisches Modell des Sonnensystems, ebenfalls ohne Teleskop.