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DAS ELEKTROMAGNETISCHE SPEKTRUM
ОглавлениеBis jetzt fokussierten wir uns auf Wissen, das wir im sichtbaren Licht erhalten. Es gibt viele gute Gründe, warum wir dadurch erfuhren, was in den vergangenen Jahrhunderten bekannt war.
Wir sind zuallererst Primaten, und wie unsere Primatenverwandten nehmen wir die Welt vor allem durch Sehen wahr. Das zeigt sich allein daran, dass wir mit der Formulierung »ich sehe« eigentlich »ich verstehe« meinen. Von Natur aus sind unsere Augen die ersten Instrumente zur Erforschung des Himmels.
Zweitens ist unsere Atmosphäre lichtdurchlässig. Wenn Sie jemals nachts aus dem Flugzeug die Lichter einer fernen Stadt sahen, wissen Sie, dass Licht durch die unteren Schichten der Atmosphäre ungehindert kilometerweit reisen kann. Der beste Beweis für die Lichtdurchlässigkeit der oberen Schichten ist, dass Sie Sonne, Mond und Sterne am Tag sehen können.
Viele Insekten sehen Licht im ultravioletten, andere im infraroten Bereich des elektromagnetischen Spektrums. Für sie sehen Blumen so aus.
Zudem hat die Sonne, unsere Hauptquelle der Beleuchtung, eine Oberflächentemperatur von etwa 5000 °C und stößt ihre Spitzenenergie als sichtbares Licht aus. Wir als Tagwesen sollten nicht überrascht sein, dass die natürliche Auslese als Sinnesorgan das Auge favorisierte, das für diese Energieform äußerst empfindlich ist.
Stellen Sie sich dagegen die Oberfläche der Venus vor. Der gesamte Planet ist ständig in dichte Wolken gehüllt. Tagsüber schimmert diffuses sichtbares Licht hindurch. Bei den Ofentemperaturen des Treibhausklimas würden Sie dort einfach verdampfen. Doch ignorieren wir das einmal: Menschen dieser Welt würden keinen Nachthimmel kennen. Das würde Fortschritte in der Astronomie um Jahrtausende verzögern oder sogar verhindern, dass diese Wissenschaft entsteht.
Licht ist eine Form elektromagnetischer Strahlung oder Wellen. Alle Farben entsprechen verschiedenen Wellenlängen. Rotes Licht hat zum Beispiel eine Wellenlänge von grob 8000 Atomdurchmessern, violettes etwa die Hälfte davon. Als der schottische Physiker James Clerk Maxwell Ende des 19. Jahrhunderts die elektromagnetischen Gesetze kodifizierte, sagten seine Gleichungen nicht nur die Existenz elektromagnetischer Wellen vorher, sondern auch, dass sie in allen Längen existieren – längere und kürzere Wellen, jenseits dessen, was wir sehen können. Warum nehmen die Menschen dann nur »sichtbares« Licht wahr, einen Bruchteil des unendlichen Spektrums? Unsere Sehfähigkeit ist so armselig, als hörten wir von einem Sinfonieorchester nur die Piccoloflöte.
In der Ära von Hubble & Raumsonden wurden Lichter im Nachthimmel zu Welten. Und Welten wurden zu unserem Hinterhof.
Kurz nach Maxwells Theorie entdeckte der deutsche Physiker Heinrich Hertz elektromagnetische Wellen, die von wenigen Dezimetern bis zu vielen Kilometern reichten. Heute nennt man sie Radiowellen. Sie wurden als erste elektromagnetische Wellen entdeckt, die komplett außerhalb unserer Wahrnehmungsfähigkeit liegen. Maxwell hatte mit seiner Annahme tatsächlich recht behalten.
Wie sich herausstellte, blockiert die Erdatmosphäre sämtliche elektromagnetische Strahlung, außer Radiowellen und sichtbarem Licht. Die Strahlung überwindet im Weltraum Lichtjahre und wird dann auf den letzten Metern der Reise geschluckt. Das Universum schickte uns schon immer in allen elektromagnetischen Spektren Informationen – und wir wussten nichts davon.