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GALILEO & DAS TELESKOP
ОглавлениеManchmal hat ein einzelnes Ereignis so weitreichende Folgen, dass das Ausmaß seiner Bedeutung nur mit zeitlichem Abstand eingeschätzt werden kann. So ein Ereignis gab es wohl 1610, als der italienische Astronom Galileo Galilei zum ersten Mal ein Teleskop in den Nachthimmel richtete. Es veränderte für immer den Blick der Menschen auf den Kosmos.
Die Mondphasen, wie sie Galileo für sein Sidereus Nuncius zeichnete.
Galileo hatte das Teleskop nicht erfunden. Im 17. Jahrhundert machten Gerüchte über ein neues holländisches »Fernglas« in Europa die Runde. Als Galileo von diesem neuen Gerät erfuhr, veränderte er die bestehende Konstruktion sofort, damit sie besser für die Astronomie geeignet war. Die Vergrößerung, die Galileos Teleskop erreichte, entspricht der eines günstigen Fernglases von heute. Was Galileo sah, zwang dazu, das klassische, von Denkern wie Aristoteles und Claudius Ptolemäus entwickelte Bild des Sonnensystems zu verwerfen. 1610 war die Erde nach dem traditionellen Bild von Kirche und Astronomie das regungslose Zentrum des Universums, über dem reine, perfekte und unveränderliche Himmel herrschen. Wer eine traditionelle wissenschaftliche Weisheit umstößt, wird berühmt. Wer eine traditionelle religiöse Weisheit umstößt, landet vor der Inquisition. Galileo erlebte beides. Galileo war sicher ganz schön überrascht von dem, was er sah:
Mit dem Teleskop sah Galileo Einzelheiten der Mondoberfläche, doch viele Zeitgenossen blieben seinen Beobachtungen gegenüber skeptisch.
1835 | Das Jahr, in dem die katholische Kirche Galileos Bücher vom Index der verbotenen Literatur strich. |
Oberflächenstrukturen auf dem Mond Wie alle Himmelskörper galt auch der Mond bis dahin als eine perfekte runde Kugel.
Sonnenflecken Wie der Mond galt auch die Sonne als makellos. Galileo sah, was wir heute als Sonnenfleckengruppe bezeichnen würden.
Venusphasen Man nahm an, dass alles im Himmel um die Erde kreisen würde, doch die Venus konnte nur dann Phasen wie der Mond haben – von der Sichel- bis zur vollen Phase –, wenn beide, sie und die Erde, um die Sonne kreisten.
Monde des Jupiters Die Erde war das Zentrum von allem – Heimat der Menschheit, die Krone der Schöpfung. Doch es gab vier Himmelskörper, die sich im Orbit um Jupiter ziemlich wohlzufühlen schienen.
Diese Beobachtungen waren starke Belege gegen ein geozentrisches Universum und für das heliozentrische Modell, das Nikolaus Kopernikus 65 Jahre zuvor entworfen hatte.
DIE NAMEN DER MONDE
Im Sidereus Nuncius nannte Galileo die vier größten und hellsten Begleiter Jupiters Mediceische Monde, um sich bei Herzog Cosimo de’ Medici von Florenz einzuschmeicheln. Das funktionierte, Galileo erhielt einen großen Geldbetrag. Heute heißen die vier Monde – Io, Europa, Ganymed und Kallisto – passender die Galileischen Monde.
1992 | Das Jahr, in dem Papst Johannes Paul II. und seine Akademie der Wissenschaften entschieden, dass Galileo recht hatte. |
Galileo sah durch sein Teleskop einige der Monde Jupiters.
Dank der NASA-Mission Galileo sehen wir sie heute detaillierter, so wie auf dem zusammengesetzten Bild von Io.
GALILEOS PROZESS
Die Geschichte von Galileos Streit mit der Kirche ist lang und verwickelt. Er wurde davor gewarnt, das Kopernikanische System zu verteidigen. Dass er im Dialog über die beiden hauptsächlichsten Weltsysteme die Argumente des Papstes einer Figur namens Simplicio (»Dummkopf«) in den Mund legte, half ihm vermutlich nicht, als er wegen Ketzerei angeklagt wurde. Nachdem er unter Druck bekannte, er habe nie geglaubt, was er geschrieben oder gesagt hatte, murrte er einer berühmten Überlieferung zufolge in Bezug auf die Erde: »Eppur si muove – und sie bewegt sich doch.«
Galileo beschrieb seine Funde in einem schmalen Buch mit dem Titel Sidereus Nuncius (Sternenbote). Er schrieb gut und – noch wichtiger – er schrieb seine späteren Bücher auf Italienisch, nicht auf Latein. Damit waren seine revolutionären Ideen der gebildeten Schicht in Italien zugänglich und nicht nur den Gelehrten. Aber sie versorgten auch seine Gegner mit reichlich Munition. Zuletzt zerrten sie ihn wegen Ketzerei vor Gericht. Erst als er seine Aussagen widerrief, wurde er freigesprochen.