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e) Grundsätzliche Geltung des Urteilszeitrechts

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Wenn man somit von der grundsätzlichen Geltung des Urteilszeitrechts ausgeht[60], stellt das zur Entscheidungszeit geltende Gesetz das grundsätzlich anzuwendende Gesetz dar.[61] Hierin kommt zum Ausdruck, dass das Rückwirkungsverbot jedenfalls formell eine Ausnahme von dem allgemeinen Prinzip bildet, dass der Richter das jeweils neueste Recht anzuwenden hat. Unter Zugrundelegung dieser Sichtweise bezieht sich § 2 Abs. 1 StGB nur auf die an den Richter gerichtete Sanktionsnorm und nicht auf die an den Bürger gerichtete Verhaltensnorm.[62] Die Anwendung der allein in Geltung befindlichen lex posterior ist dann kein Fall der Rückwirkung zugunsten des Täters, sondern Folge des Grundsatzes, dass die lex posterior die lex prior außer Kraft gesetzt hat. Aus den verfassungsrechtlichen Vorgaben folgt, dass bereits im Zeitpunkt der Tat das sanktionsfähige Verhalten und der Sanktionsrahmen gesetzlich festgelegt sein müssen. Dem Tatzeitrecht ist dabei eine limitierende Funktion zuzusprechen.[63] Der Gesetzgeber musste zum Zeitpunkt der Tatbegehung die Freiheit des Bürgers durch ein allgemeines Gesetz begrenzt haben. Hierin kann eine komplementäre Funktion des Tatzeitrechts gesehen werden.[64] Sie bedeutet jedoch keine Durchbrechung des lex posterior-Prinzips. Wenn es sich bei der lex posterior um ein Zeitgesetz handelt, das „nur für eine bestimmte Zeit gelten“ sollte, ordnet § 2 Abs. 4 StGB an, dass dieses Gesetz anwendbar bleibt, um zu verhindern, dass die Bürger im Hinblick auf das baldige Außerkrafttreten der Norm Straftaten begehen.

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