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1.3.2 Die Frage nach dem Zusammenhang von Schriftsystem und Lesepraxis

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Eng verbunden mit der These, dass GeschriebenesSchriftGeschriebenes in der Antike Gesprochenes repräsentiere, wird sodann postuliert, dass die ohne WorttrennungenWort-trennungen (s. Schrift) und Satzzeichen geschriebenen antiken Texte (scriptio continuaSchriftscriptio continua) wegen der erschwerten visuellenvisuell Dekodierung für die „lauteLautstärkelaut“ Lektüre vorgesehen waren; also auch das SchriftsystemSchrift-system den „Normalmodus“ des lauten Lesens belegte.1 Hier besteht die methodische Gefahr, die Schwierigkeiten bzw. visuellen Dekodierungsherausforderungen, die ein moderner LeserLeser mit dem Lesen von lateinischen und griechischen Texten (also nicht seiner Muttersprache) in scriptio continua hat, in die antiken Leser hineinzuprojizieren,2 wie es in der Forschungsliteratur zum Teil sogar explizit getan wird.3 So sind die modernen Leser kulturell mit Worttrennungen aufgewachsen und haben die LeseweiseLese-weise mit Worttrennungen habitualisiert; für einen modernen Leser ist es nicht möglich, den LesesozialisationsprozessLese-sozialisation (s. auch Schriftspracherwerb) eines antiken Lesers, der von Beginn an mit in scriptio continua geschriebenen Texten aufgewachsen ist, nachzuempfinden, geschweige denn aufzuholen. Zudem basiert die These – insbesondere in der Ausformulierung P. Saengers – auf zahlreichen unzulässigen Generalisierungen und übergeht sowohl wichtige handschriftliche Evidenz als auch den Charakter vieler Publikationen aus der Antike – insbesondere großer wissenschaftlicher Nachschlagewerke oder anderer sehr umfangreicher Werke, die einen anderen Rezeptionsmodus voraussetzten.4 Diese forschungsgeschichtliche Ausgangslage macht es notwendig, im Rahmen dieser Studie den Zusammenhang zwischen Schriftsystem und LesepraktikenLese-praxis erneut zu untersuchen (s. u. 4).

Lesen in Antike und frühem Christentum

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