Читать книгу Royal Horses (2). Kronentraum - Jana Hoch - Страница 12

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Kein einziger Mensch lief so spät noch die Straße entlang und die spärliche Beleuchtung der Laternen tauchte die sonst friedliche Wohngegend in schauriges Licht. Ich sah zu Jordan, der auf seinem Handy herumtippte und sich immer wieder umblickte. Kein Wunder. Wahrscheinlich war ihm das Ganze ebenfalls nicht geheuer. Immerhin war es mitten in der Nacht.

»Wie spät ist es?«, fragte ich und trommelte mit den Fingern auf den Griff meines Koffers.

»Halb eins«, antwortete er, ließ seinen Blick über die gegenüberliegende Häuserreihe schweifen und schüttelte dann den Kopf, so als könne er kaum glauben, dass wir das gerade wirklich durchzogen. Halb eins. Also waren nun fast zehn Minuten verstrichen, seit Sixton sich gemeldet und uns angehalten hatte, draußen auf ihn zu warten.

»Wir müssen schnell sein«, hatte er gesagt. »Und vor allem kein Aufsehen erregen. Neugierige Nachbarn am Fenster sind das Letzte, was wir gebrauchen können.«

Ich zog den Reißverschluss meiner Jacke bis ganz oben und kam mir vor wie eine Geheimagentin, die sich für eine neue Mission bereit machte.

Ein Aufbruch ins Ungewisse – besser hätte man die Entscheidung, die ich am Morgen zuvor getroffen hatte, wohl nicht beschreiben können.

»Da kommt jemand«, sagte Jordan leise und im nächsten Moment bemerkte ich es auch. Am Ende der Straße näherten sich Lichter, begleitet von Motorengeräuschen. Als der Wagen schließlich direkt vor uns hielt, wechselten Jordan und ich einen überraschten Blick. Mein Bruder öffnete den Mund, wie wenn er etwas sagen wollte, schaffte es aber nicht, über den ehrfürchtigen Ausdruck hinauszukommen. Erst nach einigen Sekunden entließ er seine Atemluft mit einem Laut der Bewunderung. »Ist das ein … Rolls-Royce Phantom?«

Ein bitte was?

Ich hatte erwartet, dass Sixton mich in einem Geländewagen vom Gestüt abholte. Vielleicht auch in seinem eigenen oder mit Maggie, Yoricks quietschgelber Blechbüchse. Aber das hier? Eine schwarze Limousine mit getönten Scheiben? War das sein Ernst?

Die Fahrertür würde geöffnet und noch bevor Sixton aussteigen konnte, rief ich: »Das ist ein schlechter Scherz, oder?«

»Pardon, ich fürchte nicht, Miss«, kam es sogleich zurück.

Die Stimme, die mir antwortete, klang aalglatt und sehr vornehm. Definitiv nicht Sixton! Im Gegenteil. Der Mann, der da ausstieg, trug einen Anzug, weiße Handschuhe und reichte Sixton gerade einmal bis zum Hals. Vielleicht etwas höher, wenn man die schwarze Chauffeursmütze mitrechnete, die auf den silbergrauen Haaren thronte.

»Entschuldigung«, stammelte ich und kam mir vor wie eine totale Idiotin. Hätte ich nicht einfach den Mund halten können? Warum musste ich mich immer gleich blamieren?

»Peregrin Ebenezer Merlin, zu Ihren Diensten«, stellte sich der Mann vor und nickte mir zu. Mein persönlicher Fahrer. Ich konnte es nicht fassen. Hatte Sixton nicht eben am Telefon noch davon gesprochen, dass wir unauffällig sein mussten?

»Merlin? So wie der Zauberer?«, fragte ich.

Der Fahrer räusperte sich. »Nein, eher wie der Vogel, nicht wie der Zauberer. Ich rühme mich äußerst scharfer Augen, aber ich bedaure, Sie in Bezug auf meine magischen Fähigkeiten enttäuschen zu müssen. Diese beschränken sich ausschließlich auf eine perfekte Champagnerbremse und darauf, meine Fahrgäste unbemerkt von einem Ort zum anderen zu bringen. Oh, und Wünsche von den Augen ablesen kann ich natürlich auch.« Er erlaubte sich ein zartes Lächeln. »Und ich denke, Sie wünschen nun schnell einzusteigen, damit uns niemand bemerkt.«

Ich wünsche … hä? »Oh ja, natürlich.«

Schnell umarmte ich Jordan und verfolgte aus dem Augenwinkel, wie der Chauffeur mein Gepäck verstaute. Immer noch fühlte ich mich vollends überrumpelt. Was um alles in der Welt war eine Champagnerbremse? Und von unbemerkt konnte auch wohl kaum die Rede sein. Den Menschen wollte ich sehen, dem diese Karre nicht sofort ins Auge sprang.

Jordan behielt mich noch einige Sekunden im Arm und bestand darauf, dass wir jeden Tag telefonierten und dass ich es ihm sofort erzählte, falls Edward sich danebenbenahm oder mich zu etwas zu überreden versuchte, was ich nicht wollte …

»Mache ich!«, versicherte ich schnell und löste die Umarmung, bevor er sich in Details verlieren konnte, die für uns beide unangenehm wurden.

Neben uns wurde ein Fenster heruntergelassen und Sixtons Stimme erklang aus dem Inneren des Wagens. »Jetzt hüpf schon rein, kleines Mädchen. Oder willst du deinen Nachbarn noch mehr Zeit lassen, Fotos für die Klatschmagazine zu schießen?«

Nein, natürlich nicht. Ich wollte die Tür öffnen, aber Mr Merlin kam mir zuvor. Er sprintete herbei, die Augen weit aufgerissen, als würde ich mit meiner nächsten Handlung den Countdown für eine Bombe starten.

»Ich übernehme das, Miss«, sagte er und klang erleichtert, es noch rechtzeitig geschafft zu haben.

Ich stieg ein und bevor er die Tür hinter mir schloss, lugte er noch einmal ins Wageninnere. »Wie steht’s?«

Sixton warf einen Blick auf sein Handy und grinste ihm von der Rückbank entgegen. »Die Buccaneers führen zehn zu drei gegen die Miami Dolphins.«

»Ja! Go, Tampa Bay!« Merlin lachte auf. Nur für zwei Sekunden. Dann räusperte er sich, stellte sich kerzengerade auf und schloss die Tür. Kaum dass ich mich angeschnallt hatte und sicher war, dass der Chauffeur vorne einstieg und nicht noch einmal zurückkam, konnte ich nicht mehr an mich halten.

»Noch auffälliger ging es nicht, oder?«, begrüßte ich Sixton und verdrehte die Augen.

Der lachte bloß. »Na doch, ich hätte deinen heißgeliebten Sparky vor die Krönungskutsche spannen können. Aber es war einfach zu spät, um Edwards Granny zu fragen, ob ich sie mir kurz ausleihen kann. Und du weißt ja, ich setze immer eher auf mehr PS.«

Granny? Sprach er gerade von … der Königin? Oh Gott, das alles überforderte mich jetzt schon und ich war Edward noch nicht einmal begegnet. Wenn ich nur daran dachte, fing mein Bauch sofort an zu kribbeln. Vielleicht war es aber auch nur ein Hungergefühl. Ganz bestimmt. Schließlich hatte ich den ganzen Tag vor Aufregung kaum etwas gegessen.

Der Wagen fuhr los und ich winkte Jordan, obwohl ich nicht sicher war, ob er es durch die getönten Scheiben sehen konnte. Erst als wir auf die Hauptstraße abbogen, drehte ich mich wieder um und sah mir das Wageninnere genauer an. Die Rücksitze waren durch eine halbhohe Trennwand mit eingelassenen Bildschirmen und verdunkelter Glasscheibe vom Fahrerbereich getrennt. Überall entdeckte ich Knöpfe und Displays. In der Seitentür, an meiner Armlehne und an der glänzenden Konsole, die Sixtons und meinen Sitz voneinander trennte. Über uns an der Decke funkelten Hunderte Lichtpunkte wie verstreute Diamanten. Es war wunderschön, atemberaubend und vollkommen surreal.

»Wieso bist nicht einfach mit einem der SUVs gekommen?«, fragte ich. »Wäre das nicht hundert Mal … dezenter gewesen?«

Sixton lachte. »Wenn ich dir das erzähle, wird mein kleiner Elfenprinz ziemlich wütend auf mich sein.«

»Komm schon, Six.«

Sein Grinsen wurde breiter. »Edward wollte dich eigentlich persönlich abholen, aber er darf nur auf dem Land selbst Auto fahren, wo ihm so gut wie keiner begegnet. In der Stadt nur mit Fahrer.«

»Warum? Weil er sonst Autounfälle verursacht?«

»Gut möglich. Man weiß ja nie, wie manche Ladys so reagieren, wenn er plötzlich neben ihnen an der Ampel steht.« Sixton zuckte mit den Schultern. »Na, jedenfalls hat er Perry angerufen und den Phantom klargemacht. Und da hab ich … nun ja, ihn gerade noch rechtzeitig aus dem Auto gezerrt und ihm nahegelegt, dass es vielleicht besser wäre, wenn ich den Job übernehme.« Er gähnte und grinste gleichzeitig, was ziemlich schräg aussah. »Hab zwar erst mehrere Nächte durchgearbeitet. Aber …« Wieder ein Gähnen. »… ich dachte, es ist charmanter, wenn er dich nicht gleich überfällt und du erst mal in Ruhe ankommen kannst. Alles andere könnt ihr süßen Mäuse später klären.«

Ich lächelte. »Danke, Rupert.« Das war für die Mäuse.

Sixton warf mir einen vielsagenden Blick zu. Sag noch einmal den verhassten Namen und ich wuschle dir so lange durch die Haare, bis du vor Edward trittst wie ein Mopp.

Er verschränkte die Arme hinter dem Kopf. »Na, wie auch immer. Der Phantom war startklar. Und wenn ich schon zu so haarsträubenden Zeiten unterwegs bin, kann ich ja auch mal komfortabel reisen. Oder nicht? Perry war ohnehin schon aus dem Bett gefallen und …« Er drückte einen unscheinbaren Knopf an seinem Sitz und sofort öffnete sich eine Tür in der Trennwand. »… in keinem der SUVs gibt es kostenlose Getränke und Süßkram.« Ich beugte mich vor und erspähte eine Reihe teuer aussehender Flaschen, Wein- und Champagnergläser sowie jede Menge Chips und Knabberzeug. Sixton warf mir eine Tüte Weingummi in den Schoß und zwinkerte mir zu. »Willkommen im Leben der Royals!«

»Aufwachen, Dornröschen. Und zwar ohne dass ich dich dafür küssen muss. Könnte sonst Probleme mit Edward geben.«

Ich blinzelte und brauchte einen Augenblick, um mich zu orientieren. Doch ein Blick aus dem Fenster genügte, damit meine Erinnerungen zu mir zurückkehrten. Caverley Hall! Der Wagen parkte mitten vor der Eingangstreppe zum Herrenhaus. Ehrfürchtig ließ ich meinen Blick an der Fassade entlang nach oben wandern und obwohl ich sie im Sommer bereits so häufig bestaunt hatte, blieb mir für einen Moment der Mund offen stehen. Es war immer noch stockdunkel und die alten Gemäuer mit den rechteckigen Türmen an den Seiten und den Reiterstatuen auf dem Dach wirkten noch imposanter als bei Tageslicht – wie aus einem Märchen und gleichzeitig gespenstisch. Aber wie waren wir so schnell hierhergekommen? War ich etwa eingeschlafen?

Sixton beugte sich zu mir herüber und löste meinen Anschnallgurt. Immer noch wie in Trance tastete ich nach dem Türgriff.

»Das würde ich Perry machen lassen«, erinnerte mich Sixton. »Könnte sein, dass er sonst beleidigt ist. Er legt sehr viel Wert darauf, dass seine gute Ausbildung auch anerkannt wird.«

Ich ließ den Griff wieder los und tatsächlich war der Fahrer gleich darauf zur Stelle. Sixton stieg alleine aus, umrundete den Wagen und klopfte ihm auf die Schulter.

»Hey, Buddy, danke für den späten Einsatz. Hast was gut bei mir. Übrigens, die Buccaneers haben gewonnen. Achtundzwanzig zu zwölf.«

Über die Lippen des Chauffeurs huschte ein schnelles Grinsen. Gleich darauf wich es jedoch wieder einem Ausdruck kühler Perfektion und er machte sich daran, mein Gepäck aus dem Kofferraum zu holen.

Während ich mich noch fragte, warum eigentlich Sixton ohne Hilfe aus dem Auto aussteigen durfte und ich nicht, bemerkte ich eine Bewegung an einem Fenster im Obergeschoss. Aber da war nichts. Kein Mensch zu sehen. Wenige Sekunden später ging das Licht aus.

Hinter mir wurde die Heckklappe zugeschlagen. Mr Merlin machte sich die Mühe, meinen Koffer zu tragen, anstatt ihn zu rollen, und Sixton schulterte den Rucksack. Er kam zu mir herüber, legte mir die Hand auf die Schulter und schob mich sanft die Treppe hoch zum Eingangsportal.

»Romeo soll ja nicht noch länger warten müssen«, sagte er und grinste. Ich wollte etwas erwidern, aber – vielleicht lag es an der späten Uhrzeit oder daran, dass ich plötzlich viel zu aufgeregt war – mir wollte nichts Schlagfertiges einfallen. Romeo, wie bescheuert. Wenn Edward wüsste, dass Sixton ihn so nannte, dann … Oh verdammt, Edward!

Das Blut rauschte mir in den Kopf. Ich hatte mir während der Fahrt hierher überlegen wollen, was ich zu ihm sagte, wenn wir das erste Mal aufeinandertrafen. Aber jetzt hatte ich die ganze Zeit über geschlafen! Wie begrüßte man denn jemanden wie ihn – den Prinzen von England? Genügten Worte? Schüttelte man sich die Hand? Oder musste ich etwa einen Hofknicks machen? Ein Anflug von Panik breitete sich in mir aus. Ich war nicht vorbereitet. Ganz und gar nicht vorbereitet.

Wir hatten die Stufen noch nicht vollends erklommen, als sich die Eingangstür vor unseren Augen öffnete. Im Schein des Lichts erkannte ich zwei Gestalten. Annabeth und Harold, Sixtons Eltern und die Verwalter des Gestüts. Hatten sie etwa so spät noch auf uns gewartet?

»Willkommen zurück auf Caverley Green«, begrüßte Annabeth mich und schloss mich in die Arme. Harold schüttelte mir die Hand. Es kam mir vor wie ein merkwürdiges Déjà-vu, eine Erinnerung an den Sommer. Nur war es damals nicht ich gewesen, die mitten in der Nacht angereist war, sondern James. Ich hatte bloß völlig peinlich hinter einer Reiterstatue gekauert und alles beobachtet. Ob James auch hier war? Seit die Prinzenvertauschung ans Licht gekommen war, hatte ich kaum noch etwas von ihm gehört. Zwei, drei Fernsehinterviews hatte es gegeben, danach war er wie vom Erdboden verschluckt. Aber vielleicht hatte das Königshaus gewollt, dass er erst einmal untertauchte.

Ich kam nicht dazu, weiter darüber nachzudenken. Sixton drängte sich an mir vorbei in die Eingangshalle und Annabeth küsste ihn auf die Wange. Er grummelte missmutig, als sie ihn fragte, ob er auch genügend Schlaf bekam und nicht nur Fast Food zu sich nahm. »Immer diese schlechten Fette. Die sind überhaupt nicht gut für dich, Rupert-Schatz. Du solltest wirklich mehr auf deine Ernährung achten.«

»Mum, ich bin im Dienst«, entgegnete Sixton, ließ es aber zu, dass sie ihm den Arm tätschelte.

Ich trat zwei Schritte vor, damit auch Mr Merlin hereinkommen konnte, und blieb genau unter einem der funkelnden Deckenleuchter stehen.

Caverley Hall. Ich war tatsächlich zurück. Und obwohl ich schon ein paar Mal durch die Eingangshalle gelaufen war, auf dem Weg zur Bibliothek oder als Gast beim Sommerfest, hatte ich das Gefühl, die eindrucksvolle Architektur zum ersten Mal zu sehen. Das Foyer war rechteckig geschnitten, mit einer umlaufenden Galerie und eine Treppe an jeder kurzen Seite. Von oben hingen sechs Kronleuchter herab, ringsherum um ein Deckengemälde und das Oberlicht, durch das tagsüber Sonnenstrahlen auf den glänzenden Marmorboden fielen. Jetzt war es jedoch dunkel und die Malereien, Reiter mit einer Hundemeute, die über Wiesen galoppierten und über Baumstämme sprangen, rückten in den Vordergrund.

Von der Galerie erklangen Schritte und auch ohne mich umzudrehen, wusste ich, dass es Edward war. Ich spürte es. Langsam drehte ich mich herum und sah gerade noch, wie er die Treppe heruntergelaufen kam. Die letzten Stufen nahm er mit einem großen Schritt und blieb dann unvermittelt stehen. Seine Finger lagen noch auf dem goldenen Handlauf und er sah mich an, als versuche er herauszufinden, ob er zu mir kommen durfte.

Ganz der Junge, der mit Pferden spricht, dachte ich und es entlockte mir ein Lächeln. Er las meine Körpersprache, um sicherzugehen, dass ich für diese Begegnung bereit war.

Nein, bin ich nicht.

Trotzdem setzte ich wie ferngesteuert einen Fuß vor den anderen in Edwards Richtung. Edward. Nicht Tristan. Keine Designerschuhe, kein einstudiertes Lächeln. Edward sah aus, wie ich ihn kannte. Er trug eine schlichte Jeans, ein weißes Shirt mit zu den Ellenbogen hochgeschobenen Ärmeln und lediglich Socken an den Füßen. Seine Haare wirkten, als hätte er eben noch ferngesehen und dabei im Bett gelegen.

»Hi.« Das war alles, was ich sagte, als ich knapp einen Meter vor ihm zum Stehen kam.

Hinter mir hörte ich ein lautes Räuspern, viel zu auffällig, um ohne Bedeutung zu sein. Und es klang verdächtig nach Mr Merlin. Hatte ich etwas falsch gemacht?

Er meint die Begrüßung, schoss es mir in den Kopf und ich konnte spüren, wie ich rot anlief. Wie um alles in der Welt sprach man einen Adligen von Edwards Rangs korrekt an? Durfte man überhaupt etwas sagen oder musste man warten, bis er das Wort ergriff? Warum noch mal hatte ich das vorher nicht gegoogelt? Es war doch klar gewesen, dass ich Edward in seiner Rolle als Prinz nicht einfach mit seinem Vornamen ansprechen konnte. Zumindest nicht, solange wir in Gegenwart anderer Leute waren.

»Eure … Königliche … Majestät«, druckste ich herum. Wieder ein Räuspern aus dem Hintergrund. Ein Knicks! Es fehlte ein Knicks!

Mit gesenktem Kopf stellte ich einen Fuß hinter den anderen, beugte die Knie und kam mir dabei ziemlich bescheuert vor. Jetzt noch den Oberkörper nach vorne beugen und dabei bestenfalls nicht umfallen. Wie tief musste man das eigentlich machen und wie lange? Hätte ich mich doch bloß darauf vorbereitet, dass …

»Was wird das, wenn es fertig ist?« Edward legte den Kopf schief und seine Augen funkelten belustigt.

»Ich begrüße dich«, sagte ich und stand mühselig wieder auf. »Mit einem Knicks.«

»Aha.« Er lächelte und es war schwer zu sagen, ob es ihm gefiel oder ob er sich über mich lustig machte. »Das sah ziemlich anstrengend aus. Normalerweise macht man das nicht so tief und der Rücken bleibt gerade.«

Letzteres, eindeutig Letzteres.

»Außerdem bin ich nicht der König«, fügte er hinzu und grinste. »Und zum Glück werde ich es wohl auch nie, weil meine Cousins und ihre Sprösslinge noch vor mir dran sind.«

Der König? Ich blickte ihn verständnislos an.

»Du hast mich Königliche Majestät genannt. Das ist die Anrede für den Monarchen.«

»Oh.« Mehr brachte ich nicht hervor und Edward winkte ab.

»Wenn wir uns das nächste Mal begrüßen, sagst du einfach Königliche Hoheit oder aber … « Sein Grinsen wurde breiter. »Hi, Edward, schön, dich zu sehen. Das hätte mir auch gereicht.«

»Ja, aber …«, setzte ich an, als das Räuspern hinter mir erneut laut wurde. Ich warf einen Blick über die Schulter und sah gerade noch, wie Mr Merlin mein Gepäck abstellte und ein Bonbon aus der Tasche seines Jacketts zog. Er schenkte mir keinerlei Beachtung. Meine Wangen begannen zu glühen und ich blickte vor mir auf den Boden, als könnte sich dort ein Loch bilden, in das ich verschwinden konnte.

»Wir versuchen es einfach noch mal, okay?« Edward lachte leise und ich nickte und biss mir auf die Lippe. Sollte ich ihn umarmen? Nein, besser nicht. Dafür war zwischen uns zu viel passiert und ich wusste überhaupt nicht, wie wir zueinander standen. Aber was dann? Edward schien dieselbe Frage durch den Kopf zu gehen, denn er fuhr sich über den Nacken und sah aus, wie wenn er etwas sagen wollte, die Worte aber nicht herausbrachte. Schließlich, als das Schweigen immer unangenehmer wurde, trat er auf mich zu und hielt mir die Hand entgegen. Ich ergriff sie und schüttelte sie unbeholfen.

»Schön, dass du das bist, Greta«, sagte Edward.

»Ja, echt … schön.«

Kannst du auch normal mit ihm reden?

Beschämt löste ich meine Finger und Edwards Hand schoss zurück, als hätten wir uns gegenseitig einen elektrischen Schlag verpasst.

Ein Stöhnen erklang. »Oh Mann, ihr müsst ja nicht gleich knutschen, aber das ist wohl ein bisschen übertrieben, findet ihr nicht?« Sixton kam zu uns herübergestiefelt, blickte vielsagend von einem zum anderen und schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. »Ihr kleinen Schnuckelchen müsst noch so viel lernen. Aber keine Sorge. Das kommt, wenn ihr in meinem Alter seid.«

»Dreiundzwanzig?«, fragte ich und zog dabei die Augenbrauen hoch. »Das ist jetzt echt nicht so viel älter.«

»Sechsundzwanzig«, korrigierte Sixton und tätschelte mir väterlich den Kopf. »Das macht einen Unterschied.«

»Klar, du Urzeitdino.« Ich knuffte ihn leicht in die Seite, aber Sixton sah mich an, als wolle er sagen: Mehr hast du nicht drauf, halbe Portion?

»Ich mache jetzt Feierabend und haue mich aufs Ohr. Perry bringt das Gepäck nach oben und du, Elfie …« Er klopfte Edward auf den Rücken. »… zeigst deiner Lady ihr Zimmer.«

Edward nickte, warf Sixton bei dem Kosenamen aber einen scharfen Blick zu. Der tat, als hätte er es nicht bemerkt, zog uns rechts und links zu sich an die Seite und legte uns die Arme über die Schultern.

»Normalerweise würde ich jetzt sagen, stellt nichts an, was mich in eine unangenehme Situation bringen könnte. Aber so putzig, wie ihr euch gerade gebt, wird da in nächster Zeit absolut nichts laufen und das bedeutet …« Er streckte sich und gähnte. »… dass ich schlafen werde wie ein Baby. Keine Vorträge über Blumen und Bienchen, und deinem Bruder, Greta, muss ich auch nicht erklären, wieso, weshalb, warum. Einfach perfekt! Also …« Sixton grinste und wandte sich zum Gehen. »Ab ins Körbchen, ihr Küken! Bis morgen.«

Royal Horses (2). Kronentraum

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