Читать книгу Grundlagen der Funktionswerkstoffe für Studium und Praxis - Janko Auerswald - Страница 15
1.3 Nah- und Fernordnung
ОглавлениеAmorphe Werkstoffe) besitzen eine Nah-, aber keine Fernordnung (Abb. 1.6). Die Abstände zwischen benachbarten Atomen oder Ionen entsprechen wegen der chemischen Bindung ungefähr denen der kristallinen Phase, d. h. zwischen 0.1 und 0.5nm. Aber es gibt kein Kristallgitter, weil die Bindungswinkel variieren. Beispiele für amorphe Stoffe sind anorganische Gläser wie Fensterglas, Lichtwellenleiter aus Quarzglas, thermoschockbeständiges Borosilikatglas oder chemisch gehärtetes Gorilla-Glas von Smartphones. Zu den amorphen Werkstoffen zählen ebenso die metallischen Gläser für Transformatoren ohne Ummagnetisierungsverluste oder amorphe Kunststoffe wie Polymethylmethacrylat (PMMA, Plexiglas).
Abb. 1.6 (a) Amorphes Quarzglas mit Nahordnung. Innerhalb der SiO4-Tetraeder gibt es definierte Abstände der Silizium- und Sauerstoffionen und damit eine Nahordnung. Es gibt aber keine Fernordnung wegen der unregelmäßigen Bindungswinkel benachbarter Tetraeder. (b) Vereinfachte zweidimensionale Struktur des regelmäßigen Quarzkristalls mit Nah- und Fernordnung. Die 3D-Strukturen der Tetraeder sind zur besseren Anschaulichkeit in einer Ebene dargestellt.
Einkristalline Bauteile sind teuer und erfüllen spezielle Aufgaben. Das ganze Bauteil besteht aus einem einzigen Kristall. Bekannte Beispiele sind die hochreinen Halbleiter für die Elektronik oder für MEMS (Micro Electro Mechanical Systems), einkristalline Turbinenschaufeln für den heißesten Bereich in Flugzeug- oder Gasturbinen hinter der Brennkammer, piezoelektrische Quarzkristalle als Taktgeber für die gleichnamigen Uhren, Einkristalle für Laser und andere optische Komponenten oder Saphir in Messfenstern und Uhrengläsern.
Die meisten Bauteile in der Praxis sind polykristallin. Sie bestehen aus unzähligen Kristallen, deren Größe zwischen einigen Nanometern und einigen Zentimetern variieren kann. Diese kleinen Kristallite werden auch als Körner bezeichnet. Typische Korngrößen liegen zwischen einigen zehn und einigen 100 μm. Die schmalen Bereiche geringerer Ordnung zwischen den Körnern heißen Korngrenzen und sind ca. 10-100 nm breit.