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3. Logan

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Der Junge verharrte. Hinter den dichten Büschen sah Logan nur wenige helle Flecken. Milchweiße Haut und goldblonde Locken. Ängstliche, feuchte Augen, umgeben von dichten Wimpern. Der Geruch der Angst wehte zu ihm herüber. Fast unriechbar, in der schwachen Brise voll Moder und Borke.

Logan wandte sich ab, klaubte seinen Kilt vom Boden auf und band ihn sich um. Er hatte sich hier verwandelt, hatte alles abgestreift und war den beiden Mistkerlen gefolgt. Er war nicht sicher gewesen. Sie hatten gerochen wie Sutherlands, waren aber gekleidet gewesen wie Mac Gregors, also hatte er abgewartet. Bis sie sich verraten hatten. Bis sie versucht hatten, den Jungen zu schänden und enthüllt hatten, dass sie zu dem Clan gehörten, den Logan jagte.

Flüchtig fragte er sich, wer der Kleine war. Warum die Mistkerle ihn dabei gehabt hatten und warum sie die falschen Kilts trugen. Aber es war unwichtig. Er jagte Sutherlands. Er tötete sie. Das war alles, was zählte. Der Kleine war kein Sutherland, also war er bedeutungslos.

»Du wirst mir nichts tun, richtig?« Die Stimme des Jungen war rau, und gleichzeitig süß wie Honig. »D-du wirst nicht das versuchen, was sie versucht haben, oder?«

Logan knurrte abfällig. Als ob er Jung-Omegas schänden würde. Als ob er wie diese Dreckskerle wäre.

Der Junge, offenbar ermutigt, trat vor. Ein Sonnenstrahl traf auf nackte Haut und Logan verharrte in der Bewegung. Seine Kehle zog sich zusammen.

Das Schönste, das er je gesehen hatte, stand vor ihm. Er hatte nicht auf den Jungen geachtet, als er den dreien gefolgt war. Als Einziger roch er nicht nach Sutherland. Aber nun, da die Jagd vorbei war, konnte Logan ihn nicht mehr ignorieren.

Zarte Haut, weiß wie frische Sahne. Glieder, schlank wie die eines Rehs, schmale Hüften und goldblondes Haar, das dem Jungen in großen Locken über die Augen fiel. Augen, grün wie dunkles Moos und schräg wie die eines Luchses. Und ein Mund. Ein Mund, der nicht sein durfte. Nichts konnte so prall sein wie die glänzenden Lippen, nichts so verführerisch, kein Schwung so sündig wie die Linie zwischen den weichen Bögen. Wie eine Woge hob sich die Oberlippe, wölbte sich schmollend über ihr schmaleres Gegenstück, zog Logans Blick an wie ein Magnet.

»Wer bist du?«, fragten diese Lippen.

Bei den Hinterpfoten des weißen Wolfs, dachte Logan. Das darf nicht wahr sein.

Wie konnte der Mond es zulassen, dass so ein Geschöpf frei herumlief? Wie konnte er Logan so eine Versuchung vor die Füße spülen? Logan, der selbst für die abgewrackteste Nutte noch zu hässlich war?

Ihm wurde bewusst, dass er die Erscheinung anstarrte. Stumm und verdattert wie ein Jungwolf.

Du Vollidiot, dachte er. Du weißt, wer du bist. Das Tier. Das Monster, das diesen Wald bewacht. Hör auf, dich wie ein Kalb im Frühling aufzuführen.

Vermutlich wirkte sein erstauntes Starren ohnehin wie eine Drohung, bei seinem Gesicht.

»Wer bist du?«, knurrte Logan. Seine Stimme klang ungelenk und eckig. Es war lange her, dass er sie benutzt hatte. Der letzte Mann, mit dem er gesprochen hatte, war die verräterische Nutte gewesen. »Warum warst du mit den Sutherlands unterwegs?«

»Ich w-wusste nicht, dass sie Sutherlands sind.« Die Erscheinung zitterte. »Ich dachte, Jaxson hätte sie geschickt. Jaxson MacGregor. Sie tragen seine Farben.«

Logan sah auf die abgelegten Kilts hinab. Er nickte. »Ja. Zieh dich wieder an und geh.«

»Was?«

»Hörst du schlecht? Hau ab.«

Die Augen des Jungen fuhren über die umliegenden Bäume und quollen über. Tränen tropften über bartlose Wangen. »Ich weiß den Weg nicht. Ich weiß nicht, wie – wie ich zurück auf den Pfad gelange. Ich bin gelaufen, als sie – als sie mich –« Er schniefte. Flehend sah er Logan an. »Du wirst es nicht tun, oder? Du willst mich wirklich nicht schänden?«

Logans Finger zuckten vor Verlangen, über die weiße Haut zu fahren. Zu spüren, ob sie so samtig war, wie sie aussah. Seine Rute drohte, den Kilt zu heben, und sein Hals wurde eng.

»Du stinkst nach Pisse«, knurrte er.

Die Wangen des Blonden färbten sich rosa. Er hatte kein Recht, hier zu sein. So entzückend zu sein, in diesem düsteren Wald, der getränkt war mit dem Blut unzähliger Schlachten, der Wald, der die Wurzeln durch so viele Leichen geschlungen hatte.

»I-ich hatte Angst«, sagte der Junge und sah auf seine feuchten Schenkel. »Ich wollte, also, es ist halt passiert. Sie wollten mich –« Sein Kehlkopf hüpfte. »Hast du es gesehen? Als ich –«

»Als du den Sutherland vollgepisst hast?« Logan hätte beinahe gelacht. »Ja. Sei froh, dass du es getan hast. Sonst hättest du nicht abhauen können.«

»Hat nicht lange funktioniert«, murmelte der Kleine. »Hättest du mich nicht gerettet –«

Logan stockte. »Ich hab dich nicht gerettet, du dämliche Pissnelke. Ich habe zwei Sutherlands umgebracht. Du bist mir egal.«

»Oh.« Der Junge atmete tief ein. Der blöde Sonnenstrahl tanzte über seine Locken und ließ sie wie Gold erscheinen. »Trotzdem. Ich verdanke dir mein Leben.«

Logan zuckte mit den Achseln und wandte sich ab. »Gern geschehen.« Er marschierte durch ein Büschel Farne. Außer Sicht. Weg von diesem goldenen Knaben, der nicht in den Wald gehörte und der hier wie durch ein Wunder mehrere Stunden überlebt hatte.

Dachte Logan zumindest. Er war kaum ein paar Meter weit gekommen, als er Schritte hinter sich hörte.

»Warte«, rief der Junge. Er hatte seine Kleidung aufgehoben, war aber immer noch nackt. Sein halbsteifer Pimmel hüpfte auf und ab, als er Logan hinterherrannte. Logan fragte sich, was an dieser ganzen Angelegenheit den Kleinen erregte. Nun, er war jung. Vermutlich hatte er eine Wurzel gesehen, die ihn entfernt an eine harte Rute erinnerte.

»Was willst du?«, fragte Logan und ging weiter.

»Zeig mir den Weg«, bat der Goldjunge.

»Da hinten.« Logan deutete mit dem Finger in die Richtung, in der der Pfad lag. Aber der Goldene war nicht zufrieden.

»Bring mich hin«, baten die sündigen Lippen. Die Katzenaugen flehten. »Bitte. Kannst du mich nicht den ganzen Weg zurück begleiten? Bis zum Kloster?«

»Nein.« Logan wandte sich ab.

»Tier«, sagte der Junge und klang ziemlich herrisch für einen, der nackt und bepisst durch den Wald stolperte. »Ich bin Cian MacKay. Der zukünftige erste Omega des MacGregor-Rudels. Ich verlange, dass du –«

Logan fuhr herum und packte die Kehle des Jungen. Drängte ihn gegen einen Baum und kam ihm so nahe, dass er den hektischen Atem auf seinen vernarbten Lippen spürte. Süß und feucht. Panik schwamm in den Augen des Goldenen.

»Du verlangst gar nichts, Kleiner«, knurrte Logan. »Nicht von mir. Weißt du, wer ich bin?«

»D-das Tier«, flüsterte der Junge. Cian MacKay. »Du bist das Tier, das in diesem Wald lebt, nicht wahr? Die beiden – die Sutherlands haben von dir gesprochen.«

»Und ich wette, sie hatten Angst.« Logan grinste freudlos. »Sehe ich aus wie einer, der Befehle entgegen nimmt?«

»N-nein.«

»Genau. Und erst recht nicht von kleinen Jungs.« Logan ließ los, wandte sich ab und stapfte davon. Hinter sich hörte er ein dumpfes Geräusch. Der Junge musste zu Boden gesunken sein.

»Ich flehe dich an«, rief der Goldene. »Bitte bring mich zurück!«

Logan ging weiter. Etwas zerrte an ihm. In ihm. Eine kleine Stimme aus der Vergangenheit, die meinte, er sei immer noch ein Teil seines Rudels. Aber das war er nicht. Also ging er weiter. Vorbei an dunklen Stämmen, in die beginnende Dämmerung. Ein letztes Mal hörte er den Jungen hinter sich.

»Dann halt nicht, du Köter!«

Logan lachte leise. Es fühlte sich falsch an, wie der Phantomschmerz eines Körperteils, das schon lange verrottet war. Hinter ihm verklangen die Geräusche des Jungen, seine Flüche und Beschimpfungen. Herrliche Ruhe umfing Logan. Die Einsamkeit, die er kannte, die dunklen Schatten, die ihn stets begleiteten. Kühle Waldluft strich über sein juckendes Gesicht.

Der Junge würde zurechtkommen.

Der Omega und das Tier

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