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Sechsundzwanzigster Brief.
Juliens Liebster an Frau von Orbe.

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Inhaltsverzeichnis

Ich gehe ab, liebe, reizende Cousine, eine Reise um die Erde zu machen; ich will in einer andern Hemisphäre den Frieden suchen, den ich auf dieser nicht gefunden habe. Ich Unsinniger! Ich will die Welt durchirren, ohne eine Stätte zu finden, da mein Herz ruhen kann, will einen Zufluchtsort in der Welt suchen, wo ich fern von Ihnen weilen konnte. Jedoch ich muß den Willen eines Freundes, eines Wohlthäters, eines zweiten Vaters achten. Ohne Genesung zu hoffen, muß ich sie wenigstens wünschen, da Julie und die Tugend es heischen. In drei Stunden werde ich in der Gewalt der Wellen sein; in drei Tagen werde ich Europa nicht mehr sehen; in drei Monaten werde ich auf unbekannten Meeren schwimmen, wo ewige Stürme herrschen; in drei Jahren vielleicht .... Wie schrecklich wäre es, Sie nicht wiederzusehen! Ach, die größte Gefahr von allen liegt in meinem Herzen; denn wie auch mein Loos falle, ich bin entschlossen, ich schwöre, Sie werden mich würdig sehen, vor Ihren Augen zu erscheinen, oder mich nicht wiedersehen.

Milord Eduard, der wieder nach Rom geht, wird Ihnen auf der Durchreise diesen Brief zustellen, und Ihnen Näheres von dem, was mich betrifft, mittheilen. Sie kennen sein Gemüth, und werden das, was er Ihnen nicht sagen wird, leicht errathen. Sie kannten das meinige, denken Sie also auch, was ich Ihnen nicht sage. Ach Milord, Ihre Augen werden die Lieben dort wiedersehen!

Ihre Freundin hat also gleich Ihnen das Glück, Mutter zu sein! .... sollte es also werden? .... Unerbittlicher Himmel! .... O du, meine Mutter, warum hat er dir in seinem Zorne einen Sohn gegeben?

Ich muß schließen, ich fühle es. Adieu, reizende Cousinen. Adieu, unvergleichliche Schönheiten. Adieu, reine, himmlische Seelen. Adieu, zärtliche, unzertrennliche Freundinnen, einzige Frauen ihr. Jede von euch ist der einzige Gegenstand, der des Herzens der andern werth ist. Machet euch gegenseitig glücklich. Ach, und gedenket manchmal eines Unglücklichen, der nur lebte, um zwischen euch alle Empfindungen seiner Seele zu theilen, und zu leben aufhörte in dem Augenblicke, da er sich von euch entfernte. Wenn je .... Ich höre das Signal und das Geschrei der Matrosen; ich sehe den Wind die Segel schwellen; ich muß an Bord, ich muß fort. Weites Meer, unermeßliches Meer, das mich vielleicht hinabschlingen wird in seinen Schoß, könnte ich auf deinen Wogen die Ruhe finden, die mein bewegtes Herz nicht kennt!

Jean Jacques Rousseau: Romane, Philosophische Werke, Essays & Autobiografie (Deutsche Ausgabe)

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