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2. Summula
ОглавлениеReisezwecke
Katzenberger machte statt einer Lustreise eigentlich eine Geschäftsreise ins Bad, um da nämlich seinen Rezensenten beträchtlich auszuprügeln und ihn dabei mit Schmähungen an der Ehre anzugreifen, nämlich den Brunnenarzt Strykius, der seine drei bekannten Meisterwerke — den Thesaurus Haematologiae, die de monstris epistola, den fasciculus exercitationum in rabiem caninam anatomicomedico-curiosarum 1 — nicht nur in sieben Zeitungen, sondern auch in sieben Antworten oder Metakritiken auf seine Antikritiken überaus heruntergeletzt hatte.
Indes trieb ihn nicht bloss die Herausgabe und kritische Rezension, die er von dem Rezensenten selber durch neue Lesarten und Verbesserung der falschen vermittelst des Ausprügelns veranstalten wollte, nach Maulbronn, sondern er wollte auch auf seinen vier Rädern einer Gevatterschaft entkommen, deren blosse Verheissung ihm schon Drohung war. Es stand die Niederkunft einer Freundin seiner Tochter vor der Türe. Bisher hatte er hin und her versucht, sich mit dem Vater des Droh-Patchens (einem gewissen Mehlhorn) etwas zu überwerfen und zu zerfallen, ja sogar dessen guten Namen ein bisschen anzufechten, eben um nicht den seinigen am Taufsteinte herleihen zu müssen. Allein es hatte ihm das Erbittern des gutmütigen Zollers und Umgelders 2 Mehlhorn nicht besonders glücken wollen, und er machte sich jede Minute auf eine warme Umhalsung gefasst, worin er die Gevatterarme nicht sehr von Fangkloben und Hummerscheren unterscheiden konnte. Man verüble dem Doktor aber doch nicht alles; erstlich hegte er einen wahren Abscheu vor allen Gevatterschaften überhaupt, nicht bloss der Ausgaben halber — was für ihn das Wenigste war, weil er das Wenigste gab —, sondern wegen der geldsüchtigen Willkür, welche ja in einem Tage zwanzig Mann stark von Kreissenden alles Standes ihn anpacken und aderlassend anzapfen konnte am Taufbecken. Zweitens konnt’ er den einfältigen Aberglauben des Umgelders Mehlhorn nicht ertragen, geschweige bestärken, welcher zu Theoda, da unter dem Abendmahlsgenuss gerade bei ihr der Kelch frisch eingefüllt wurde 3 , mehrmal listig-gut gesagt hatte: „So wollen wir doch sehen, geliebt’s Gott, meine Mademoiselle, ob die Sache eintrifft und Sie noch dieses Jahr zu Gevatter stehen; ich sage aber nicht bei wem.“ — Und drittens wollte Katzenberger seine Tochter, deren Liebe er fast niemand gönnte als sich, im Wagen den Tagopfern und Nachtwachen am künftigen Kindbette entführen, von welchem die Freundin selber sie sonst, wie er wusste, nicht abbringen konnte. „Bin ich und sie aber abgeflogen“, dacht’ er, „so ist’s doch etwas, und die Frau mag kreissen.“