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Kapitel 9

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Yannick Detru hatte alle Hände voll zu tun, um die DNA der beiden Vermissten möglichst schnell mit den zwei Leichen zu vergleichen. Sein Erstaunen war groß, als er am nächsten Morgen die Ergebnisse vor sich liegen sah. Es gab keine Zweifel. Die Leiche im Koffer war Marc Le Bras, und der Tote in den Müllsäcken, den sie auf der Île Tristan gefunden hatten, war zweifelsfrei Hervé Floc´h. Er nahm die ausgedruckten DNA-Analysen und ging zu Anaïk.

Anaïk stand an ihrer Pinnwand.

„Hallo Anaïk“, begrüßte er die Kommissarin.

„Bonjour Yannick, hast du etwas für mich? Ich werde aus den beiden Morden nicht schlau.“

„Ja, wir haben die Identitäten“, sagte er.

„Von Beiden? Sag bloß, es handelt sich um genau die zwei Vermissten?“

„Genauso ist es, die zwei vermissten Männer liegen auf meinem Tisch.“

„Das wird ein Schock für die Frauen“, meinte Anaïk.

„Ihr werdet ihnen die Nachricht schonend beibringen müssen. Also, unsere Kofferleiche ist eindeutig Marc Le Bras. Der zweite Tote ist Hervé Floc´h.“ Yannick übergab Anaïk die ausgedruckten Analysebögen.

„Für deine Unterlagen, falls du sie brauchst“, meinte er und verabschiedete sich von ihr.

Anaïk informierte Monique sofort.

„Damit sind wir zwar noch nicht sehr viel weiter, aber jetzt kennen wir wenigstens die Identität der Beiden. Die Frage nach dem Motiv bleibt bestehen. Was verbindet die zwei miteinander?“

„Wir müssen uns mit ihren Frauen unterhalten. Vielleicht können die uns etwas über die Beziehung ihrer Männer erzählen. Ich hasse es, Todesnachrichten zu überbringen. Aber auch das gehört nun einmal zu unserem Beruf“, meinte Anaïk und erhob sich vom Besucherstuhl vor Moniques Schreibtisch.

„Wir können sofort aufbrechen“, meinte Monique und wartete auf eine Reaktion ihrer Chefin.

„Ich will mir vorher noch etwas ansehen. In fünf Minuten können wir uns auf den Weg machen.“

Anaïk bereitete sich auf die Übermittlung der traurigen Nachricht vor. Angehörigen den Tod eines geliebten Menschen zu übermitteln gehörte zu den schwierigsten Aufgaben ihrer Tätigkeit. Ohne eine klare Vorstellung verließ sie das Büro und machte sich mit Monique auf den Weg nach Locronan, zu der jungen Frau Nivinic.

Im Regen waren sie ausgestiegen und zur Haustür geeilt, hatten geklingelt und gewartet, dass Madame Nivinic ihnen die Tür öffnete.

Bevor Anaïk noch irgendetwas sagen konnte, brach Laora in Tränen aus.

„Er ist es, der Tote ist mein Vater!? Nicht wahr, der Tote ist mein Vater!?“

Anaïk nickte und drängte die junge Frau ins Haus. Monique folgte ihr uns schloss die Haustür.

„Kommen Sie, setzen Sie sich“, sagte Anaïk als sie im Wohnzimmer angelangt waren.

Laora setzte sich auf den Stuhl, den Anaïk für sie unter dem Tisch hervorgezogen hatte.

„Soll ich Ihnen einen Schluck Wasser holen?“

„Nein, sagen Sie mir nur wieso? Wieso musste mein Vater sterben? Wer war es und warum?“

„Das wissen wir noch nicht, wir sind mitten in den Ermittlungen. Zur weiteren Aufklärung benötigen wir ihre Hilfe. Meinen Sie, Sie können uns einige Fragen beantworten?“

Laora fing sich etwas und sah Anaïk an.

„Sie haben schon beim gestrigen Besuch gewusst, dass mein Vater tot ist? Sie haben es mir nur nicht sagen wollen?“, fragte sie anstelle einer Antwort.

„Nein, das haben wir nicht gewusst. Wir wussten nicht einmal, dass der Tote, den wir gefunden haben, einer der beiden vermissten Personen ist. Erst der Abgleich der DNA hat uns die Antwort gegeben.“

„Sie haben von zwei vermissten Personen gesprochen? Um wen handelt es sich bei der zweiten?“

„Ebenfalls um einen älteren Mann. Er ist von seiner Frau als vermisst gemeldet worden. Auch von dieser Person haben wir uns gestern eine DNA besorgt. Jetzt wissen wir, dass beide ermordet worden sind, ihr Vater und der zweite Vermisste. Seine Leiche haben wir gestern auf der Île Tristan gefunden. Aber ich habe Sie gefragt, ob Sie uns ein paar Fragen beantworten können, es geht darum herauszufinden, ob sich die zwei Männer gekannt haben. Der zweite Tote heißt Hervé Floc´h.“

Anaïk hatte den Namen kaum ausgesprochen, als Laora sich die Hand vor den Mund hielt und ihre Augen aufriss.

„Hervé Floc´h! Hervé Floc´h ist Vaters bester Freund gewesen. Sie haben sich seit vielen Jahren durch die Arbeit gekannt. In den letzten Monaten sind sie immer gemeinsam zum Segeln gefahren. Ich habe ihn und seine Frau, Violaine, auch gekannt. Ich habe sie bei der Abschiedsfeier meines Vaters kennengelernt, weiß sie es schon?“

„Nein, wir sind noch nicht bei ihr gewesen. Sie haben uns ein gutes Stück weitergeholfen. Brauchen Sie Hilfe?“

„Hilfe? Wofür soll ich Hilfe nötig haben?“

„Um mit der Information klarzukommen“, antwortete Anaïk.

„Nein, ich werde alleine fertig damit. Mein Mann wird bald nach Hause kommen. Es wird auch für ihn ein Schock sein. Er hat sich gut mit meinem Vater verstanden.“

„Madame Nivinic, ein Angehöriger muss die Leiche noch identifizieren, meinen Sie, dass Sie im Kommissariat vorbeikommen und ihren Vater identifizieren können?“

„Ja, natürlich komme ich vorbei“, antwortete Laora tränenüberströmt.

„Gut, dann lassen wir Sie jetzt alleine. Nochmals vielen Dank für ihre Hilfe.“

Anaïk und Monique verließen das Haus und gingen zu ihrem Dienstwagen.

„Die zwei sind Freunde gewesen, und sie sind gemeinsam gesegelt. Und jetzt sind sie beide ermordet worden. Stellt sich die Frage warum? Haben sie etwas beobachtet? Waren sie in eine kriminelle Handlung verwickelt? Sollen wir jetzt nach Douarnenez fahren?“

„Das bleibt uns nicht erspart. Wir müssen Madame Floc´h die Nachricht vom Tod ihres Mannes überbringen, auch wenn sie uns vielleicht nicht mehr Auskunft geben kann als Madame Nivinic. So ungern ich das auch tue. Wir müssen auch Sie bitten, ihren Mann zu identifizieren.“

Die zwei Kommissarinnen fuhren nach Douarnenez. Das Wetter war wechselhaft, für einen Bretonen nichts Unbekanntes. Am Morgen war der Himmel noch blau gewesen, dann hatte sich der Himmel verdunkelt, schwarze Regenwolken waren aufgezogen, und ein kräftiger Regen hatte sich über das Departement ergossen. Jetzt schien die Sonne wieder. Der Wetterbericht hatte sogar einen Sturm angekündigt, und der Telefonanbieter hatte seine Abonnenten aufgefordert, ihre Livebox, den Internetrouter, auszustecken, damit es bei einem Blitzeinschlag zu keinen Problemen kommen würde. Anaïk vergaß es jedes Mal. Bis jetzt hatte sie Glück gehabt, es war noch nie etwas passiert. In Douarnenez angekommen klingelten sie an der Haustür von Madame Floc´h.

Mit ängstlichem Gesichtsausdruck empfing Madame Floc´h die Kommissarinnen. Sie bat die Damen von der police judiciaire in die Wohnstube und setzte sich zu ihnen.

„Sie bringen mir keine gute Nachricht, nicht wahr?“, fragte Madame Floc´h.

„Sie haben leider Recht, Madame Floc´h. Wir haben gestern die Leiche ihres Mannes gefunden. Er ist ermordet worden. Ich darf Ihnen unser Beileid aussprechen.“

Madame Floc´h war gefasst. Sie saß still in ihrem Sessel und blickte Anaïk an.

„Ich habe es befürchtet. Mein Mann ist nie weggeblieben, ohne mir etwas zu sagen. Es kann ihm nur etwas zugestoßen sein. Ich habe gehofft, dass er zurückkommt, aber es war eben nur eine Hoffnung. Warum ist er ermordet worden? Wem hat er etwas getan? Ist er bestohlen worden, ging es um Geld?“

„Madame Floc´h, wir wissen nicht, warum er ermordet worden ist. Obwohl ich nicht davon ausgehe, dass er beraubt worden ist, auch wenn alle seine Papiere und sein Portemonnaie fehlen. Es sieht eher so aus, als habe er etwas gesehen, dass er nicht hätte sehen dürfen.“

„Er ist mit seinem Freund zum Segeln gewesen. Fragen Sie doch einfach Monsieur Le Bras.“

„Madame Floc´h, wir haben zwei Tote, auch Monsieur Le Bras ist ermordet worden.“

Damit hatte Madame Floc´h nicht gerechnet.

„Monsieur Le Bras ist auch tot?“

„Ja. Können Sie uns etwas sagen? Kennen Sie vielleicht die Route, die die zwei für ihren Segelturn geplant hatten? Oder haben Sie mit ihrem Mann noch telefonischen Kontakt gehabt?“

„Nein, ich hatte keinen Kontakt. Normalerweise hat mein Mann mich nur angerufen, wenn sie sich verspätet hatten, oder wenn er mit Marc nach dem Segeln noch etwas trinken gehen wollte. Hin und wieder haben sie noch einen Aperitif in einer Bar am Hafen Rhu getrunken. Aber ich weiß wohin sie segeln wollten. Hervé hat davon, gesprochen, dass sie zur Île de Sein wollten.“

„Das ist ein Hinweis, für den wir dankbar sind, wir werden dem nachgehen. Wir müssen Sie noch bitten, die Leiche ihres Mannes zu identifizieren. Können Sie morgen ins Kommissariat nach Quimper kommen?“

„Das fällt mir zwar sehr schwer, aber ich möchte meinen Mann gerne noch einmal sehen. Ich werde kommen“, antwortete Madame Floc´h.

„Haben Sie vielen Dank“, sagte Anaïk und verabschiedete sich.

„Wir müssen herausfinden, ob jemand die beiden Segler gesehen hat. Vielleicht haben sie die Insel ja gar nicht erreicht und sind schon vorher ermordet worden. Das Auffinden des Koffers könnte darauf hindeuten, dass Marc Le Bras in der Umgebung der Île de Sein mit dem Koffer ins Meer geworfen worden ist. Sonst wäre er nicht in Loctudy, sondern eher in der Bucht von Douarnenez angeschwemmt worden.“

„Und wenn er viel weiter im Süden ins Meer geworfen worden wäre?“, fragte Monique ihre Chefin.

„Dann hätte es sein können, dass die Strömung ihn an die Küste von La Rochelle oder noch weiter in den Süden getrieben hätte. Außerdem, Monique, die zwei sind doch nur zwischen der Île de Sein und Douarnenez gesegelt. Yannick hat uns gesagt, dass Le Bras vermutlich schon einige Tage im Wasser gelegen hat, Hervé Floc´h ist erst vor 24 Stunden getötet worden. Das kann doch bedeuten, dass Le Bras am Tag seines Verschwindens ermordet worden ist. Hervé Floc´h, so sagt Yannick, ist noch gefoltert worden. Das heißt, dass er sich fast eine Woche in der Gewalt des Mörders befunden hat. Was hat man aus dem Mann herauspressen wollen? Vielleicht finden wir auf der Insel etwas raus.“

„Kann es sein, dass der Frachter, von dem Monsieur Daumas auf Tristan gesprochen hat, etwas mit der Sache zu tun hat?“

„Möglicherweise! Wir müssen auch den ausfindig machen und mit dem Kapitän sprechen. Jetzt fahren wir aber zuerst zur Île de Sein.“

Anaïk griff zu ihrem Handy und rief ihre Sekretärin, Anne Kerflor, an. Madame Kerflor nahm augenblicklich ab.

„Madame Kerflor, wir brauchen das Polizeiboot, um auf die Île de Sein zu fahren. Können Sie das arrangieren?“

„Selbstverständlich, Madame la Commissaire! Soll ich Monsieur Nourilly informieren? Sie wissen, dass er immer gerne informiert werden möchte, wenn außergewöhnliche Kosten anfallen.“

„Daran habe ich nicht gedacht. Informieren Sie ihn. Sagen Sie, dass es dringend ist, und wir keine Zeit haben nach Audierne zu fahren, um von dort die normale Fährverbindung zu nehmen.“

„Wird erledigt, Madame la Commissaire“, sagte Anne Kerflor und legte auf.

Douarnenez und das Geheimnis der Sardine

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