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Kapitel 7

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Mike Ngoya hatte die Botschaft des Bosses verstanden. Auf dem Boot Le Bras I, mit der Kennung DZ für Douarnenez, waren zwei Männer, die Dinge gesehen hatten, die sie nicht sehen sollten. Mike Ngoya überlegte, wie er das Problem beseitigen konnte. Er machte sich auf den Weg nach Douarnenez. Er musste den Besitzer ausfindig machen. Danach würde er eine Entscheidung treffen.

Der Boss, Yves Le Meur, der in Brest wegen Drogen- und Mädchenhandels bis vor einem halben Jahr seine Gefängnisstrafe abgesessen hatte, lehnte sich in seinem Ledersessel zurück. Der Anruf von Emile war alarmierend gewesen, aber es gab bestimmt keine Veranlassung zu großer Sorge. Mike würde das Problem schnell und geräuschlos beseitigen.

Seine frühere rechte Hand, Emile Collignon, war kurz vor seiner Verhaftung untergetaucht, er hatte ihm noch dazu verholfen. Emile war nach Tunesien gegangen und hatte dort einige Jahre lang gelebt. Als er erfahren hatte, dass sein ehemaliger Chef, Yves Le Meur, aus dem Knast entlassen worden war, hatte er sich bei ihm gemeldet und ihm von einem Plan erzählt.

Emile hatte in Tunesien einen ziemlich heruntergekommenen Kapitän kennengelernt, der zu jeder Schandtat bereit war. Sein Plan war einfach und genial. Er wollte mit diesem Kapitän ohne große Investitionen ins Transportgeschäft einsteigen. Im Hafen von Tunis lag zurzeit ein Frachter, der keine Aufträge hatte und langsam vor sich hin rostete. Der Besitzer, ein Libanese, war für 10.000 $ pro Monat sofort zur Vermietung des Schiffes bereit. Diesen Mietpreis hätten sie bereits durch den Transport von zwei Person raus, und in Tunesien und Marokko gab es Tausende, die unbedingt über das Mittelmeer nach Europa wollten. Sie würden mit dem Frachter, der unter der Flagge von Malta fuhr, pro Fahrt mehr als dreihundert Passagiere an Bord nehmen können. Sie würden nicht ans Mittelmeer nach Frankreich fahren, sondern an die bretonische Küste, die war weniger überwacht als die Küste des Mittelmeers. Vor der Küste würden sie die Fracht in kleinere Boote, zum Beispiel in Rettungsboote, umladen und die Passagiere an Land bringen. Bei 300 Passagieren kämen sie auf Einnahmen von 1,5 Millionen Euro. Nach Abzug aller Kosten blieben mindestens 1.000.000 übrig.

Emile konnte Yves Le Meur überzeugen, dass das Geschäft sehr lukrativ und nahezu ohne Risiko war. Yves Le Meur gefiel die Rechnung ausgesprochen gut. Das Unternehmen brächte erheblich mehr ein als seine Bar und die Mädchen, die für ihn auf der Straße anschafften. In erneuten Drogenhandel wollte er nicht sofort wieder einsteigen. Er war nicht sicher, ob die police judiciaire ihn nicht überwachte. Der Kommissar, Ewen Kerber, der ihn damals geschnappt hatte, hatte sich zwar aufs Altenteil zurückgezogen, so war er unterrichtet worden, aber vielleicht hatte er seinen Nachfolger entsprechend instruiert. Yves Le Meur war vorsichtig genug, heikle Arbeiten nicht selbst auszuführen. Sein Mann fürs Grobe, Mike Ngoya, stammte aus Vietnam und war kräftig und robust. Auf Mike konnte er sich verlassen.

Inzwischen waren bereits zwei Fahrten mit dem Schiff gelaufen. Emile Collignon hatte nicht zu viel versprochen. Schon nach der ersten Fahrt hatten sie 1,2 Millionen eingenommen. Die Kosten für die kleine Mannschaft und das Dieselöl, der Frachter gehörte nicht zu den sparsamsten, für die Miete und diverse Bestechungsgelder waren deutlich geringer als sie ursprünglich gerechnet hatten. Das Geschäft war so lukrativ, dass Le Meur sich sogar überlegte, aus seinen anderen Geschäften auszusteigen und sich nur noch auf das Transportwesen zu konzentrieren. Auch ein zweites Schiff zu mieten wäre eine Idee. Sein einziges Problem bestand darin, zuverlässige Leute zu finden, die nicht in die eigene Tasche wirtschafteten und vertrauenswürdig waren. Auf Emile und Mike Ngoya konnte er sich verlassen. Vielleicht wäre Mike für eine solche Stelle passend. Dann fehlte noch ein weiterer korrupter Kapitän, wie der, den Emile in Tunesien aufgetrieben hatte. Eine zweite Mannschaft zusammenzustellen war kein Problem. Es gab genügend Vietnamesen, Chinesen oder Kroaten und Russen, die zu jedem Job bereit waren, wenn die Bezahlung stimmte.

Seitdem Le Meur ins Frachtgeschäft eingestiegen war, verfolgte er die Nachrichten aufmerksam. Die unzähligen ertrunkenen Flüchtlinge wären besser mit ihnen gereist. Er kam sich beinahe wie ein Wohltäter vor, wenn er die Bilder der ertrunkenen, halb erfrorenen, schikanierten und ausgelaugten Menschen auf dem Bildschirm sah. Da hatten es seine Kunden deutlich besser. Er sorgte dafür, dass sie sicher nach Frankreich kamen und dort Asyl beantragen konnten. Er machte sich natürlich keine Gedanken darüber, wie es den Menschen erging, nachdem sie an einem einsam gelegenen Strand in der Bretagne abgesetzt worden waren. Das gehörte nicht mehr zu seinem Transportauftrag, redete er sich ein und grübelte nicht weiter darüber nach.

Yves Le Meur griff zum Handy und wählte Emiles Nummer.

„Wie weit seid ihr mit dem Entladen der Fracht?“, fragte er betont sachlich.

„Noch zwei Fahrten, dann haben wir alle an Land gebracht. Unsere Boote fassen höchstens 25 Personen.“

„Wie viele waren diesmal an Bord?“

„Etwas weniger als bei der ersten Fahrt, 330 konnten die Gebühr bezahlen.“

„Okay, wir können die Anzahl der Überfahrten ja entsprechend anpassen. Du läufst nur aus Afrika aus, wenn wir mindestens 300 zahlungsfähige Passagiere haben.“

„Geht klar, Boss. Hast du schon etwas wegen der Zuschauer unternommen?“

„Mike Ngoya kümmert sich bereits darum. Das ist bis Morgen gelöst.“

„Gut, Boss, ich melde mich, sobald wir hier fertig sind und wieder zurückfahren können. Wir müssen vorher noch Diesel bunkern.“

Yves Le Meur legte auf. Der Transport hatte ihm wieder mindestens eine Million eingebracht. Noch ein paar Fahrten und er könnte sich auf seinen Ruhestand vorbereiten. Davon hatte er eine klare Vorstellung. Er würde sich eine Villa in der Nähe von Antibes kaufen, eine Motoryacht anschaffen und ansonsten möglichst faul am Pool oder Strand liegen. Die schönen Mädchen und er würden sich gegenseitig verwöhnen. Gutes Essen und Trinken gehörte auch zu seinem Lebensabend. Ja, so stellte er sich seinen Rückzug aus dem Berufsleben vor. In eine Strafanstalt ginge er auf keinen Fall zurück. Der Aufenthalt in Brest hatte gereicht, trotz aller Privilegien, die er durch sein Geld genossen hatte. Diese Lebenszeit hatte dieser Ewen Kerber ihm gestohlen. Sollte er ihm das eines Tages heimzahlen? Er war sich über diese Entscheidung noch nicht im Klaren.

Douarnenez und das Geheimnis der Sardine

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