Читать книгу Douarnenez und das Geheimnis der Sardine - Jean-Pierre Kermanchec - Страница 5
Kapitel 3
ОглавлениеNachdem Anaïk festgestellt hatte, dass weder Marc Le Bras noch Hervé Floc´h in ihrer Datei zu finden waren, blieb ihnen nichts anderes übrig als die Wohnorte der beiden Vermissten aufzusuchen. Sie brauchten ein Foto, Fingerabdrücke oder die DNA der Männer. Die Kommissarinnen fuhren zuerst nach Locronan, in die Venelle du Roz, die Rosengasse, um mit der Tochter von Marc Le Bras zu sprechen.
Anaïk betätigte den alten schmiedeeisernen Löwenkopfklopfer und wartete.
Eine adrett gekleidete junge Dame öffnete ihnen die Tür.
„Sie wünschen?“, fragte die Frau und sah die beiden Kommissarinnen an.
„Bonjour Madame, Anaïk Bruel und meine Kollegin, Monique Dupont, wir sind von der police judiciaire aus Quimper. Es geht um das Verschwinden ihres Vaters. Dürfen wir eintreten?
„Entschuldigen Sie, selbstverständlich, bitte treten Sie näher. Mein Name ist Laora Nivinic. Haben Sie etwas von meinem Vater gehört?“
Anaïk und Monique betraten das Haus.
„Bitte nach rechts.“ Laora zeigte auf die Tür neben Monique, öffnete die Tür, und sie betraten den kleinen Wohnraum.
„Haben Sie etwas von meinem Vater gehört?“, widerholte Laora ihre Frage.
„Nein, Madame Nivinic, wir haben noch keinen konkreten Hinweis auf ihren Vater. Wohnt ihr Vater hier im Haus?“, fragte Anaïk.
„Oh nein, er hat sein eigenes Haus in der Rue Moal“, antwortete Laora und sah Anaïk erwartungsvoll an.
„Haben Sie einen Schlüssel zu seinem Haus?“
„Natürlich habe ich einen Schlüssel, ich betreue ihn, wenn er mal krank ist. Ansonsten kann er sich noch gut selbst versorgen.“
„Dürfen wir uns in seinem Haus umsehen? Vielleicht finden wir etwas, das uns weiterhelfen kann“, fragte Anaïk und wartete auf eine Antwort.
„An was denken Sie?“
„Wir würden gerne Fingerabdrücke oder DNA-Spuren finden. Das kann uns eventuell bei der Identifizierung helfen.“
Laora erschrak. Das konnte nur bedeuten, dass ihr Vater tot war. Sie schlug die Hände vors Gesicht und begann zu weinen.
„Madame Nivinic, bitte beruhigen Sie sich. Wir haben nicht gesagt, dass ihrem Vater etwas zugestoßen ist. Wir suchen von allen vermissten Personen Bilder, Fingerabdrücke oder DNA-Proben, so können wir schneller klären, um wen es sich bei einem Leichenfund handelt.“
„Haben Sie denn eine Leiche gefunden?“, fragte Laora Nivinic.
„Ja, wir haben gestern bei Loctudy einen Toten gefunden, den wir noch nicht identifizieren konnten.“
„Ich gebe Ihnen den Schlüssel zu seinem Haus, Sie dürfen sich dort gerne umsehen.“ Laora hatte sich wieder gefangen, es konnte ja auch jemand anderes als ihr Vater sein, den die police judiciaire gefunden hatte.
Anaïk und Monique verabschiedeten sich und fuhren in die Rue Moal. Monsieur Marc le Bras besaß ein größeres Haus, eine schöne Longère, die erst vor Kurzem renoviert worden war, das bezeugte der makellose Anstrich der Fenster- und Türläden. Die salzhaltige Meeresluft greift die Anstriche schnell an.
Sie durchschritten den Vorgarten, der durch eine Steinerne Mauer von der Straße getrennt war, und schlossen die Haustür auf. Das Haus machte einen aufgeräumten Eindruck. Monique ging ins Badezimmer und sah sich dort nach einem Kamm oder einer Haarbürste um, von der sie eine Probe für eine DNA-Analyse mitnehmen konnten. Anaïk sah sich in den Wohnräumen nach Hinweisen auf das Verschwinden von Marc Le Bras um. Auf dem Salontisch lagen einige Ausgaben des Ouest-France, ein Stapel ungeöffneter Briefe, darunter eine Anzahl von Neujahrskarten, Kontoauszügen der Postbank und zwei Bücher. Anaïk rührte nichts an, sie wollte auf keinen Fall Spuren verändern. Sollte es sich bei dem Toten im Koffer um Marc Le Bras handeln, müsste Dustin sich das Haus näher ansehen.
Monique kam zu ihr und hielt eine kleine Plastiktüte hoch.
„Ich habe Haare gefunden, damit erhalten wir seine DNA“, meinte sie und steckte die Tüte in ihre Handtasche.
Anaïk sah sich noch in den anderen Räumen um, ohne auf etwas wirklich Bedeutsames zu stoßen. Auf einer Kommode in seinem Arbeitszimmer stand eine Fotografie von Vater und Tochter, die nahm sie mit.
„Lass uns den Schlüssel zurückbringen und nach Douarnenez fahren“, sagte sie zu Monique. Sie verließen das Haus.
Das Haus von Hervé Floc´h lag im Ortsteil Tréboul, in der Cité du Ménez Birou. Das einfache Reihenhaus lag lediglich 100 Meter von der Strandpromenade entfernt, die über einen Fußweg gut zu erreichen war. Eine schöne Wohnlage, auch wenn die Häuser eher einer einfacheren Schicht der Bevölkerung zugehörig schienen. Sie klingelten an der Haustür und warteten. Nach einigen Minuten wurde die Tür aufgeschlossen, und eine Frau Anfang sechzig stand vor ihnen.
„Bonjour Mesdames, Sie wünschen?“
„Bonjour, Madame Floc´h, wir sind von der police judiciaire aus Quimper. Anaïk Bruel ist mein Name, und das ist meine Kollegin, Monique Dupont. Dürfen wir eintreten? Wir haben einige Fragen zu ihrem vermissten Mann.“
„Aber sicher, treten Sie näher. Haben Sie etwas von meinem Mann gehört?“, fragte sie neugierig.
Madame Floc´h ließ die Kommissarinnen eintreten. Sie ging voraus ins Wohnzimmer und bot den Damen Platz an.
„Madame Floc´h“, begann Anaïk das Gespräch.
„Wir haben von ihrem Mann noch nichts gehört. Wir sind dabei, die Angehörigen aller Vermissten um ein Bild und eine Haarprobe zu bitten, das kann uns das Auffinden erleichtern.“
„Aber ich habe der Gendarmerie doch schon ein Bild gegeben als ich meinen Mann vermisst gemeldet habe. Sie sagen, dass Sie von der police judiciaire sind? Ist meinem Mann etwas zugestoßen, oder ist er in eine Sache geraten?“
„Nun, Madame Floc´h, wir sind zwar von der police judiciaire, aber das bedeutet nicht, dass ihr Mann in eine kriminelle Tat verwickelt ist.“ Anaïk versuchte sich vorsichtig auszudrücken, nachdem sie beim Gespräch mit der Tochter von Le Bras Ängste ausgelöst hatte.
„Madame Floc´h, bitte verstehen Sie uns richtig, wir brauchen Spuren, mit denen wir ihren Mann identifizieren können.“
„Sie gehen also davon aus, dass mein Mann tot ist?“
„Nein, davon gehen wir im Augenblick noch nicht aus. Ich kann Ihnen aber sagen, dass wir eine Leiche gefunden haben, die wir bisher nicht identifizieren konnten. Wir wissen noch nicht, um wen es sich handelt.“
Madame Floc´h war während Anaïks Ausführungen bleich geworden. Dann fragte sie Anaïk.
„Was genau benötigen Sie?“
„Ein Haar ihres Mannes aus seinem Kamm oder seiner Bürste oder seine Zahnbürste.“
„Ich sehe nach, wie ich Ihnen behilflich sein kann.“
„Wenn Sie erlauben, dann geht meine Kollegin mit und nimmt die Probe, damit ihre DNA nicht auch dazukommt.“
„Kommen Sie, Madame la Commissaire“, antwortete Frau Floc´h und ging voraus ins obere Stockwerk. Monique folgte ihr und streifte auf dem Weg ihre Handschuhe über.
Anaïk sah sich von ihrem Platz aus in dem gemütlich, kleinbürgerlich eingerichteten Wohnraum um. Aus dem Fenster sah man in den kleinen Garten hinter dem Haus. Monique Dupont kam die Treppe herunter.
„Madame Floc´h hat mir noch ein Foto ihres Mannes gegeben“, meinte Monique und wartete auf Anaïk.
„Sobald wir etwas Genaues wissen, informieren wir Sie“, sagte Anaïk Madame Floc´h zu. Sie verabschiedeten sich und fuhren zurück ins Kommissariat. Die Proben gaben sie zur Analyse an Yannick Detru.
Anaïk und Monique hatten die Etage ihrer Büros noch nicht erreicht, als Anaïks Handy klingelte. Sie nahm ab und blieb wie angewurzelt stehen.
„Wir sind schon unterwegs.“