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1 Bitten – die wichtigste Disziplin im Verkauf

Nichts wie ran an das Nein!

Andrea Waltz

Richard hinterließ 71 Sprachnachrichten mit der Bitte um einen Termin. Er schickte 18 E‐Mails. Er verfolgte mich regelrecht auf LinkedIn.

Mindestens dreimal gelang es ihm, mich ans Telefon zu bekommen, aber ich wimmelte ihn jedes Mal ab. Er sprach persönlich vor, schrieb und vernetzte sich auf den sozialen Medien mit den wichtigsten Stakeholdern in meiner Organisation.

Fünf Monate lang bat er unermüdlich um eine Gelegenheit, mir seine Software‐Lösung zu präsentieren. Und fünf Monate lang kam er keinen Schritt voran – bis er mich schließlich zum richtigen Zeitpunkt erwischte. Das war im Mai, fünf Monate nach seinem ersten Versuch, einen Termin zu erhalten.

Als ich ans Telefon ging, erkannte ich seine Stimme auf Anhieb. Ich hätte ihn um ein Haar ein weiteres Mal abgewiesen, doch da im Moment nichts Dringliches anfiel und er so viel Ausdauer bewiesen hatte, fühlte ich mich unterschwellig verpflichtet, ihm wenigstens eine Chance zu geben.

Richard redete nicht lange um den heißen Brei herum, sondern bat geradeheraus um meine Zustimmung zu einer Produktdemo. Sein SaaS‐Modell (Software as a Service, bei dem Kunden die Software und IT‐Infrastruktur eines externen Anbieters als Dienstleistung nutzen) war beeindruckend und schien tatsächlich ein Problem bei der Durchführung unserer Schulungen lösen zu können. Ich gab zu erkennen, dass es mir zusagte. Weniger als eine Stunde später bat er mich um meine Kaufzusage.

Ohne nachzudenken, äußerte ich einen Einwand:

»Richard, das Programm macht einen hervorragenden Eindruck und es gefällt mir. Aber ich muss mit meinem Team Rücksprache halten, bevor wir irgendwelche Verpflichtungen eingehen. Ich weiß, dass einige meiner Mitarbeiter Ihre Plattform befürworten, aber mein Terminkalender ist randvoll und das Software‐Training wird kurzfristig eine Störung des Tagesablaufs mit sich bringen. Ich möchte sichergehen, dass alle mit an Bord sind, bevor wir die Investition tätigen, weil ich keine Lust habe, ein weiteres Softwareprogramm anzuschaffen, das jeder hervorragend findet, aber nie anwendet.«

Richard reagierte darauf, indem er Bezug auf meine Situation nahm und meine Bedenken aufgriff:

»Jeb, das klingt, als hätten Sie in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen mit SaaS‐Lizenzkäufen gemacht, die nicht genutzt wurden. Jetzt geht mir ein Licht auf! Das fühlt sich vermutlich an, als würde man Geld zum Fenster hinauswerfen.

Wenn ich Sie richtig verstanden habe, scheinen Ihnen zwei Dinge Kopfzerbrechen zu bereiten: Erstens, die Schulung Ihrer Mitarbeiter könnte sich als Störfaktor erweisen, und zweitens, die Investition wäre verschwendet, wenn Ihr Team die Software nicht umgehend nutzt. Richtig?«

Ich bestätigte, dass dies meine größten Bedenken waren. Ich war froh, dass er offenbar verstanden hatte, weshalb ich meine Zweifel hatte.

»Gibt es außer diesen beiden Punkten noch irgendetwas, was wir klären sollten?«

Ich erwiderte, dass es keine weiteren Hindernisse mehr gäbe. Dann machte er einen Vorschlag, der darauf abzielte, meine Befürchtungen abzubauen:

»Die beste Möglichkeit, sich von der Leistungsfähigkeit meiner Plattform zu überzeugen, besteht darin, sie in der Praxis zu erproben. Wie wäre es, wenn ich Ihnen diese Bürde abnehme und die volle Verantwortung für die Schulung Ihres Teams und die Nutzung der Plattform übernehme?

Ihr Einverständnis vorausgesetzt, würde ich einen Schulungstermin mit Ihren Trainern und Coaches ausmachen und ihnen zeigen, wie man die Plattform effektiv nutzt. Danach werde ich den Integrationsprozess fortlaufend überwachen und Ihnen jede Woche Bericht erstatten, bis wir die Nutzung in die Alltagsroutine eingebunden haben. Auf diese Weise müssen Sie angesichts Ihres vollen Terminkalenders keine Zeit abzweigen und können beruhigt sein, dass Ihr Geld gut angelegt ist.

Da das Modell auf Abonnementbasis beruht und jederzeit kündbar ist, falls Ihr Team das Programm nicht nutzt, trennen wir uns einfach wieder in bestem Einvernehmen und jeder geht seiner Wege. Bei diesem Deal haben Sie nicht viel zu verlieren, aber eine Menge zu gewinnen; also warum richten wir nicht Ihren SaaS‐Account ein und Sie überlassen es mir, den Rest für Sie zu vereinfachen?«

Bevor ich wusste, wie mir geschah, hatte er meine AMEX‐Firmenkreditkartennummer und Sales Gravy war sein neuester Kunde.

Bitten, ein absolutes Muss

Bitten ist die wichtigste Disziplin im Verkauf. Sie müssen das ansprechen, was Sie anstreben, geradeheraus, selbstsicher, souverän und wiederholt. Bitten ist der Schlüssel, mit dem Sie sich Zugang verschaffen zu

 Informationen für die Leadqualifizierung,

 Terminen,

 Demos,

 Entscheidern auf höherer Ebene oder Influencern an der Basis,

 Informationen und Daten für den Aufbau Ihres Geschäftsszenarios,

 den nächsten Schritten im Verkaufsvorgang,

 Mikrovereinbarungen und

 Kaufzusagen.

Bitten ist das A und O im Verkauf. Wenn Sie es versäumen, Ihr Anliegen klar zum Ausdruck zu bringen, dürfen Sie sich nicht wundern, wenn Sie am Ende Ihren Schreibtisch räumen und den Weg zum Arbeitsamt antreten müssen, um sich in die Schlange der Erwerbslosen einzureihen. Und was haben Sie davon? Ihr Einkommen leidet. Ihre Karriere leidet. Ihre Familie leidet. Und Sie selbst leiden.

Wer es nicht schafft, um das zu bitten, was er anstrebt, ist zum Scheitern verurteilt.

Das ist die Wahrheit und an der gibt es nichts zu rütteln. Doch wie es in meinem Lieblingsfilm The Big Short heißt: »Die Wahrheit gleicht der Poesie. Und die meisten Leute hassen Gedichte wie die Pest.«

Sie erreichen nicht das, was Sie anstreben, weil Sie es nicht ansprechen

Wenn es Ihnen schwerfällt, einen Folgetermin zu vereinbaren, an die wahren Entscheider heranzukommen, wichtige Informationen von den Stakeholdern zu erhalten, auf eine höhere Unternehmensebene vorzudringen oder einen Deal unter Dach und Fach zu bringen, liegt es nicht zwangsläufig daran, dass es Ihnen an der Kompetenz mangelt, Neukunden zu gewinnen, Abschlüsse zu erzielen, die richtigen Worte zu finden oder Taktiken anzuwenden, mit denen Sie die unvermeidlichen Hürden der Kundeneinwände überwinden.

Nein, Sie erreichen Ihr Ziel nicht, weil Sie nicht klar um das bitten, was Sie anstreben. Und weshalb halten Sie mit Ihrer Bitte hinter dem Berg? Weil Sie neun von zehn Malen unsicher sind und um den heißen Brei herumreden aus Angst, das Wort Nein zu hören.

In diesem Zustand werden souveräne, selbstsichere Bitten durch Wünschen, Hoffen und Wollen ersetzt. Sie zögern, nehmen Zuflucht zu passiven, schwachen Formulierungen. Ihr Tonfall und Ihre Körpersprache zeugen von mangelndem Selbstvertrauen und Verzweiflung. Sie warten darauf, dass Ihre potenziellen Kunden die Arbeit für Sie erledigen und den Termin festlegen, den nächsten Schritt skizzieren oder den Abschluss in eigener Regie herbeiführen.

Doch das können Sie vergessen.

Sie weigern sich, Ihnen die Arbeit abzunehmen, und holen mit Einwänden zum Gegenschlag aus. Sie weisen Sie schroff zurück, wimmeln Sie ab, erteilen Ihnen eine Absage und walzen Sie bisweilen platt. Ihr passives, unsicheres, ängstliches Verhalten dient lediglich dazu, zu weiterem Widerstand und Ablehnung zu ermutigen.

Im Verkauf zahlt sich Passivität nicht aus. Unsicherheit ist unannehmbar. Und Wünschen und Hoffen ist keine zielführende Strategie.

Nur mit einer direkten, souveränen, selbstsicheren Bitte erreichen Sie das, was Sie anstreben.

Die tiefsten, verborgensten menschlichen Ängste heraufbeschwören

Mit Selbstvertrauen um etwas zu bitten, gehört für uns Menschen zu den schwierigsten Unterfangen. Eine souverän geäußerte Bitte erfordert, alles auf eine Karte zu setzen und ein emotionales Risiko einzugehen, ohne Garantien. Damit machen Sie sich auf Anhieb verwundbar, lehnen sich so weit aus dem Fenster, dass Ihnen keine Rückzugsmöglichkeit bleibt. Verletzlichkeit entsteht laut Dr. Brené Brown, Autorin des Buches Verletzlichkeit macht stark, in Zusammenhang mit persönlicher Unsicherheit, Risiken und dem Gefühl, emotional ausgeliefert zu sein. Verletzlichkeit beschwört die tiefste und verborgenste menschliche Angst herauf: die Angst vor Ablehnung.

Bevor Sie eine Bitte äußern, geraten Körper und Geist in Alarmzustand, signalisieren Ihnen mit jeder Faser, sofort innezuhalten; allein die Aussicht, zurückgewiesen zu werden, ruft ein tief verwurzeltes Gefühl der Verletzlichkeit hervor. Ablehnung ist eine schmerzliche, demotivierende Erfahrung, die tief verwurzelten Ängsten Vorschub leistet.

Angst und die Vermeidung des emotionalen Leids, das mit einer Ablehnung einhergeht, sind der Grund dafür, dass die meisten Menschen den Weg des geringsten Widerstands wählen. Sie rangieren an oberster Stelle auf der Liste der Ursachen, die Verkäufer daran hindern, ihr volles Potenzial auszuschöpfen und ihr Einkommensziel zu erreichen. Die Angst vor Ablehnung ist eine besonders heimtückische disruptive Emotion im Verkauf.

Es gibt keine Wunderwaffe, die Einwände abschmettert

Solange Verkäufer Kunden um verbindliche Zusagen gebeten haben, haben Kunden Einwände geäußert; und solange Kunden nein gesagt haben, haben sich Verkäufer danach gesehnt, die Geheimnisse zu entschlüsseln, die ihnen ermöglichen, ein Nein zu überwinden.

Verkäufer sind geradezu besessen von der Vorstellung, dass Abkürzungen und Patentlösungen auf wundersame Weise ein Ja nach dem anderen liefern, ohne das Risiko einer Ablehnung. Genau deshalb werde ich häufig mit Fragen zum Thema Einwandbehandlung konfrontiert, die mit der Einleitung beginnen: »Welche Tricks gibt es, um …« oder »Können Sie mir das Geheimnis verraten …« oder »Wie bringe ich jemanden dazu, ja zu sagen?«

Verkäufer halten ständig nach Techniken Ausschau, mit denen sich ein Nein vermeiden lässt, genau wie Golfer auf der Suche nach dem perfekten Putter. Und es gibt eine endlose Reihe von Pseudo‐Experten, Gurus und Hexenmeistern der künstlichen Intelligenz mit ihren falschen und gefährlichen Behauptungen, sie wären dem omnipräsenten Geheimnis auf die Spur gekommen, Einwände zu eliminieren.

Um eines von Anfang an klarzustellen: Diesen Scharlatanen, von denen die meisten nicht einmal den Weg aus einer Papiertüte fänden, unterläuft ein fataler Irrtum.

 Es gibt keinen perfekten Putter, der über Nacht bewirkt, dass Sie für eine Runde zwanzig Schläge weniger brauchen.

 Es gibt keinen Knopf, mit dem Sie jeden Verkaufsvorgang automatisch zum Abschluss bringen.

 Es gibt keinen Feenstaub, der einer Ablehnung den Stachel nimmt.

 Es gibt keine Wunderwaffe, die Einwände abschmettert und potenzielle Kunden dermaßen in Schockstarre versetzt, dass sie kapitulieren.

 Es gibt kein perfektes Skript, das imstande ist, jedes Nein in ein Ja umzuwandeln.

 Es gibt keine künstliche Intelligenz und keine Softwareprogramme, die den Deal für Sie über die Bühne bringen.

 Es gibt keine Einhörner.

Es gibt jedoch zwei ungeschönte, unbestreitbare Wahrheiten (und wir wissen ja alle, was für Gefühle bittere Wahrheiten hervorrufen können):

1 Die einzige Möglichkeit, Einwände zu eliminieren, besteht darin, um verbindliche Zusagen zu bitten. Ein für alle Mal!

2 Um im Verkauf erfolgreich zu sein, sollten Sie Ihren Zauberkasten schließen und Ihren Sales‐Werkzeugkasten öffnen.

Das A und O im Verkauf ist die Disziplin, um das zu bitten, was Sie anstreben.

Anmerkung des Autors

Im Buch werden die Begriffe »Stakeholder«, »Kunden/potenzielle Kunden«, »Entscheider« und »Käufer« synonym verwendet, um verschiedenen Personen zu beschreiben, die im Zuge eines Verkaufsvorgangs Einwände äußern. Diese Vorgehensweise hat drei Gründe. Erstens lässt sich verhindern, dass der Text durch die ständigen Wiederholungen langweilig wird. Zweitens verwenden Verkaufsprofis und Verkaufsorganisationen unterschiedliche Bezeichnungen. Und drittens wird damit angedeutet, dass Einwände nicht immer von den Personen stammen, die den Kauf schlussendlich absegnen.

Keine Einwände

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