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Einführung

Die Welt ist nun mal nicht vollkommen,

doch sie ist auch nicht unvollkommen.

Als ich irgendwann eine Klasse von Zehnjährigen unterrichtete, wies ich darauf hin, dass man beim Lernen der Kampfkunst eines unbedingt begreifen muss: Die Ausbildung ist lediglich eine Vorbereitung auf die Wirklichkeit, nicht die Wirklichkeit selbst. Ich wollte den Schülerinnen und Schülern vermitteln, dass die Szenarien bei den Übungen im Dojo niemals den Szenarien auf der Straße entsprechen. Danach führte ich eine Kampftechnik vor und sagte: »Denkt daran, dass es in einer vollkommenen Welt genau so funktionieren würde. Doch realistischerweise müssen wir darauf vorbereitet sein, diese Technik häufig auf ganz andere Weise anzuwenden, denn wir leben in keiner vollkommenen Welt.«

Während ich die alternative Anwendung dieser Technik zeigte, streckte mein junger Schüler Henry die Hand hoch. »Sir«, sagte er mit der für ihn typischen Ernsthaftigkeit und Unbeirrbarkeit, »realistischerweise hätten wir es in einer vollkommenen Welt ja auch gar nicht nötig, uns selbst zu schützen.«

Er hatte recht. In einer vollkommenen Welt wäre es nicht nötig zu trainieren, nicht nötig, uns selbst zu schützen, nicht nötig, Dharma zu praktizieren, nicht nötig, uns selbst zu befreien. Doch die Welt ist nicht vollkommen, und darin liegt die Wurzel unseres Leids. Unser Problem besteht darin, dass es uns zur Ausbildung in den Kampfkünsten und zur buddhistischen Praxis zieht, weil wir glauben, dadurch unsere eigene vollkommene Welt schaffen zu können. Fälschlicherweise meinen wir, dass unsere Anstrengungen dazu führen werden, Erlebnisse zu verhindern, die uns Kummer und Schmerzen bereiten. Wir müssen jedoch begreifen, dass Training und Praxis uns lehren, neue Fähigkeiten und Strategien gerade für den Fall zu entwickeln, dass wir tatsächlich schmerzhafte Erfahrungen machen.

Schüler der Kampfkünste nehmen an, dass sie irgendwann im Laufe ihrer Ausbildung eine besondere, hohe Stufe erreichen werden, die sie zu unbesiegbaren Kampfmaschinen macht, so dass sie niemals in Gefahr geraten. Neulinge, die den Buddhismus praktizieren möchten, glauben, dass sie irgendwann im Laufe ihrer Ausbildung eine besondere, hohe Stufe erreichen werden, die sie in einen fortwährenden Zustand der Glückseligkeit versetzt.

In Wahrheit kann ein Kampfsportler im besten Fall darauf hoffen, eine bedrohliche Situation richtig einschätzen und sich daraus zurückziehen zu können, und im schlimmsten Fall, eine solche Situation mit möglichst geringfügigen Verletzungen zu überleben. Und derjenige, der Dharma praktiziert, kann im besten Fall darauf hoffen, dass er auf schmerzhafte Erfahrungen mit neuem, nützlichem Verhalten reagiert, ohne sich von solchen Erlebnissen vereinnahmen zu lassen. Und im schlimmsten Fall muss er sich von diesen Erlebnissen völlig lösen, damit sich der Schmerz nicht in Leiden verwandelt.

Ausbildung und Praxis sollten uns das ins Bewusstsein rufen, damit wir uns solchen Erlebnissen stellen und sie akzeptieren können. Wenn Ausbildung und Praxis uns von diesen Erkenntnissen wegführen, verschwenden wir unsere Zeit mit schädlichen Selbsttäuschungen. Ich möchte ja nicht wie ein verrückter Zen-Meister klingen, aber die Welt ist nun mal nicht vollkommen, doch sie ist auch nicht … unvollkommen.

Wir müssen die Dinge einfach so akzeptieren, wie sie sind, und uns mit ihnen auseinandersetzen! Stets wird im Schatten irgendein beängstigender Kerl lauern, der nur darauf wartet, uns in den Hintern zu treten. Und das Leben wird wirklich niemals genauso verlaufen, wie wir es eigentlich für wünschenswert halten! Also müssen wir die Kampfkunst so trainieren, als wäre jeder Tag tatsächlich derjenige, an dem wir uns dem beängstigenden Kerl im Schatten stellen müssen, und uns Tag für Tag so im Dharma üben, als würde wirklich alles schiefgehen, was überhaupt schiefgehen kann!


Kämpfen im Geiste Buddhas

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