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2. Das Niederländische in der französischen Zeit und während der Epoche des Vereinten Königreichs der Niederlande
ОглавлениеPolitische und gesellschaftliche Erneuerungen sowie Änderungen staatlicher Strukturen bestimmten im ausgehenden 18. Jh. und während den ersten drei Jahrzehnten des 19. Jh. die Geschicke des Niederländischen massgeblich. Äussere Grössen der Entwicklungen des AN in diesem Zeitalter stehen im Folgenden denn auch im Vordergrund.
Die in der französischen Zeit zentralisierte Verwaltung der nördlichen Niederlande förderte die Pflege des überregionalen Niederländischen (vgl. 2.1.), Napoleon Bonapartes Bruder Ludwig trug als König von ‚Holland‘ mit seiner Anteilnahme an der Kultur und Sprache seiner Untertanen während seiner vierjährigen Amtszeit dazu bei. Dagegen betrachteten die neuen Machthaber der von Frankreich annektierten Österreichischen Niederlande die Verwendung von Niederländisch beziehungsweise Flämisch durch einen Grossteil der ansässigen Bevölkerung als ein Hindernis für die Verwirklichung von Idealen wie Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit. Französisch wurde als einzige Sprache zugelassen, das Niederländische erlitt in diesem Gebiet vorübergehend erhebliche Funktionsverluste.
Schriftsteller und Gelehrte, darunter Humanisten, Grammatiker und Bibelübersetzer, hatten im 16., 17. und 18. Jh. durch die Ausarbeitung beziehungsweise Anwendung orthografischer und grammatikalischer Regeln sowie durch ihr Bemühen um das Lexikon die Vereinheitlichung des geschriebenen Neuniederländischen vorangetrieben. Dank staatlichen und privaten Initiativen erschienen nun zu Anfang des 19. Jh. im Norden eine Grammatik und eine Orthografie, die zum ersten Mal in der Geschichte der Kultivierung des Niederländischen verbindliche Regeln umfassten, vgl. 2.2. So entwarf Matthijs Siegenbeek (1774–1854) eine Orthografie, die 1804 von der Obrigkeit eingeführt wurde, ein Jahr später erschien Petrus Weilands Standardwerk zur Grammatik der niederländischen Schriftsprache. Beispiele von niederländischen Texten aus der französischen Zeit finden sich im Abschnitt 2.3.
Nach dem Abzug der französischen Truppen förderte die Regierung des neuen Vereinten Königreichs der Niederlande das Niederländische als Nationalsprache, vgl. 2.4. Wilhelm I. führte per königlichen Erlass Niederländisch in sämtlichen niederländischsprachigen Gebieten des neuen Staates als Landessprache ein, eine Massnahme, die nicht nur die Verwendung und Vereinheitlichung des überregionalen Niederländischen begünstigte, sondern insbesondere auch die Stellung des Niederländischen in Flandern verstärkte. Die Texte in 2.5. vermitteln einen Eindruck von der fortschreitenden Standardisierung des Niederländischen in der Epoche des Vereinten Königreichs.