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Warten auf den ersten Einsatz

November 1942. Nun sollte es für mich ernst werden. Denn es ging an die Front über Kiel und Berlin weiter nach Krakau. In Kiel besuchte ich meine Eltern, die allen Differenzen zum Trotz immer noch zusammenwohnten. In meiner schmucken Uniform und mit dem Flugzeugführerabzeichen stellte ich mich als ausgebildeter Jagdflieger vor. Die Begeisterung war unbeschreiblich. Was waren sie stolz auf ihren Jungen! Meine Mutter weinte Tränen der Freude.

Ich sah dem ersten Fronteinsatz mit gemischten Gefühlen entgegen. Von nun an wurde scharf geschossen, und so mancher kam nie wieder zurück. Aber ich war auch voller Erwartung. Was würde jetzt kommen? Wie würde alles sein? Wir bekamen ja nur pathetische Berichte über ruhmreiche Siege zu hören, die unsere tapferen Soldaten errungen hatten. Die Wochenschau zeigte beeindruckende Bilder und verhieß den alsbaldigen vollständigen Sieg über Russland. Vor allem die deutschen Fliegerasse wurden gefeiert. »Jagdkampf in der Luft, das ist Fechten mit Ausfall und Parade in allen Raumdimensionen, es ist einfach Kampfkunst. Nur ein ganzer Mann kann in die scharfe Schneide eines herausragenden Schwertes blicken, ohne zu zucken«, tönte die Propaganda.

Um die erfolgreichsten Jagdflieger entwickelte sich ein wahrer Starkult. Man konnte Postkarten kaufen mit den Porträts von Hans-Joachim Marseille, Theo Osterkamp, Werner Mölders oder Adolf Galland. Jeder wollte so heldenhaft sein wie sie. Ich auch. Die passende Uniform und das Flugzeugführerabzeichen besaß ich ja schon.

Der Abschied von meinen Eltern fiel mir schwer. Es ging auf Weihnachten zu, und so gerne hätte ich dieses wunderschöne Fest zu Hause gefeiert. Meine Mutter hatte schon ihre Weihnachtsbäckerei gestartet, ein feiner Plätzchenduft hing in der Küche. Mein Vater hatte die Schachteln mit der Weihachtsbaumdekoration aus dem Keller geholt und auch schon einen Baum im Wald geschlagen. Diese stolze Tanne wartete nun im Garten darauf, geschmückt zu werden. Aber leider nicht von mir, ich musste weiter. Von Berlin nahm ich die Reichsbahn nach Krakau, wo wir auf Flugzeuge von der Flugzeugschleuse in Wien warten mussten, mit denen wir dann auch im Geschwader eingesetzt werden sollten.

Am 13. Dezember 1942 erfolgte meine Versetzung zum 6. Jagdgeschwader 3 »Udet«, benannt nach Generaloberst Ernst Udet, der im Ersten Weltkrieg nach Manfred von Richthofen der zweiterfolgreichste deutsche Jagdflieger gewesen war. Als ich in Krakau eintraf, war das Wetter extrem schlecht. Die Luft lag scharf und kalt über dem Land, sogar die Zweige der froststarren Bäume schienen unter der grimmigen Kälte zu erzittern.

Die Frage: »Wie wird das Wetter da und dort sein?«, bildete die Grundlage eines jeden Einsatzbefehles, da vom Wetter nicht nur wir, sondern auch die feindlichen Luftwaffen abhängig waren. Das Wolkengelände, die »Landschaft des Himmels«, war immer wechselhaft, oft voller Tücken, und bei bestimmten Wetterlagen war der Einsatz nicht möglich. Wir konnten also nicht viel mehr unternehmen als auf die Flugzeuge zu warten.


Ich als Jagdflieger mit meiner Mutter


In voller Uniform

Wir schrieben inzwischen den 24. Dezember, und es war mir ein großes Bedürfnis, den Heiligen Abend auch hier, weit weg von meinem Zuhause, festlich zu begehen. Nur wie? Mittags machte ich mich mit zwei meiner ebenfalls weihnachtsgierigen Kameraden auf den Weg nach Krakau, um uns nach einer deutschen Weihnachtsfeier zu erkundigen. Ohne Erfolg. Wir landeten schließlich im Soldatenheim, wo eine kleine Feier im Kameradenkreis abgehalten wurde. Ein paar Kerzen, etwas Lametta, Tannengrün, Lebkuchen, Weihnachtsdudelei vom Grammophon, Weihnachtsgebäck. Jeder erhielt ein kleines Päckchen und ein paar warme Worte. Das Heimweh plagte mich fürchterlich. Die Sehnsucht nach Zuhause war übermächtig.


Nach dem Abschluss der Jagdfliegerausbildung mit einer Me 109 F, dem Standardjäger der Luftwaffe

Der nächste Tag dämmerte so kalt und düster herauf wie meine Stimmung, das Wetter blieb hundsmiserabel, dazu kam strenger Frost. Nach dem Mittagessen marschierten wir in die Stadt ins Kino und schauten den Film »Dr. Crippen an Bord«. Warten und Nichtstun hieß es auch in den folgenden Tagen, bis wir endlich am 28. Dezember Me 109-Flugzeuge zugewiesen bekamen und diese nach Taganrog fliegen sollten.

Was für eine Freude! Es war bitterkalt, aber ich verbrachte Stunden damit, um meine Maschine herumzustreichen und jedes Teil ganz genau zu begutachten. Sie hatte eine Spannweite von 9,91 Metern, eine Steigfähigkeit von 1310 m/min und eine Höchstgeschwindigkeit von 630 km/h. Bewaffnet war die Me 109 mit einer 20-mm-Kanone MG 151/20, die durch die Propellernabe schoss und zwei MG 17 im Kaliber 7,92 mm auf der Motorhaube, die durch den Propellerkreis zielten.

Trotz des immer noch schlechten Wetters flogen meine Kameraden Harald Frenzel und Meinter zusammen mit mir nach Lemberg. Unser Gepäck blieb in Krakau, es sollte mit der nächsten Transportflugzeugüberführung mitgeschickt werden. Harald Frenzel erreichte vier Luftsiege mit dem Jagdgeschwader 3. Am 22. Juli 1943 wurde er abgeschossen und kam dabei ums Leben.

Es wurde Silvester. Nach dem Mittagessen besuchten wir in Lemberg eine Neujahrsfeier im Soldatenheim – ein Abend mit wenig Alkohol, weil es kaum mehr welchen gab, viel wildem Gegröle und noch mehr Heimweh.

Die folgenden Tage gestalteten sich ähnlich unerfreulich. Der Wettergott hatte einfach kein Einsehen, es gab keine Aussicht auf Flugwetter, und zu allem Überfluss begann es auch noch zu schneien. Es schneite und schneite und schneite, die Äste der Bäume bogen sich unter der schweren Last des Schnees. Die Kälte kroch in alle Glieder. Es war zum Heulen! Frust machte sich breit. Für uns mit unseren brandneuen Me 109 bestand keinerlei Aussicht weiterzukommen. Es war ein so harter Winter, wie ich ihn von Kiel nicht kannte.

Erst sieben Tage später hörte es endlich auf zu schneien, doch die ganze Landschaft war im tiefen Schnee versunken. Mit gewaltigem Kraftaufwand schaufelten wir eine Startbahn frei und trampelten mit vereinten Kräften die Piste so glatt wie nur irgend möglich. Vor uns starteten vier Maschinen. Einer der Piloten verursachte gleich mal einen Luftschraubenschaden, die anderen kamen heraus. Am späten Vormittag war ich endlich dran. Ich startete ohne Probleme und flog nach Kirovograd und gleich weiter nach Saparosche. Dort war für mich erst einmal Endstation, denn mein Motor wollte nicht mehr anspringen. So ein Mist! Meine Laune näherte sich allmählich dem absoluten Tiefpunkt. Denn beim Versuch, den Flieger wieder flott zu bekommen, ruinierte ich auch noch die wertvolle Uhr, die mir mein Vater zum Abschied geschenkt hatte. Erst am nächsten Tag gelang es den Mechanikern, den Fehler zu finden, und so ging es endlich weiter nach Taganrog.

Dort herrschte wieder übles Wetter. Ich musste auf die Zuweisung einer Maschine für das Geschwader warten. Wieder warten – auch auf unser Gepäck aus Krakau, das noch nicht da war. Um uns bei Laune zu halten, gab es im Fliegerhorst jede Menge Kinovorführungen. Aber auch das war eintönig und und zehrte gewaltig an den Nerven. Dazu erreichten uns beunruhigende Nachrichten zur Lage im Kessel von Stalingrad.

Am 22. Januar erhielt ich endlich ein Flugzeug, konnte aber wegen des schlechten Wetters nicht starten. Doch das war mir jetzt egal. Alles, nur nicht länger untätig herumsitzen und warten! Schließlich gestattete mir der Platzkommandeur, auf eigene Veranwortung auf dem völlig vereisten Platz zu starten. Es war nicht ganz einfach, aber ich schaffte es am Ende doch, mich in den wolkenverhangenen Himmel zu schwingen und endlich zu meinem Verband zu fliegen.

Hauptmann Kurt Brändle vom Jagdgeschwager Udet teilte mich der 2. Gruppe zu, ich kam in die 6. Staffel und erhielt die Feldpostnummer L34692 Breslau. Nur mein Gepäck war immer noch nicht da.

Dann endlich der erste Staffelstart! Wir Flugzeugführer versammelten uns um den Staffelführer und nahmen letzte Anweisungen entgegen. Jeder musste mit der Lage und seiner Aufgabe vertraut sein. Dann alle Mann in die Flugzeuge! Die Motoren brüllten auf. Starten. Der Gruppenschwarm hob ab, der Geschwaderschwarm folgte nach. Dahinter stieg Staffel für Staffel in engen Formationen auf. Trunken vor Begeisterung hämmerte ich mit den Fäusten gegen die Scheibe der Kanzel. Was für ein erhebendes Glücksgefühl, Teil einer solchen Formation sein zu dürfen!

Vier Tage später kam es zu meiner ersten Feindberührung: Wir verfolgten einen Bomber, der uns aber in den dichten Wolken entwischte. Nach diesem erfolglosen Einsatz landeten wir in Rowenki, wo man mich ein paar Tage später zum Bereitschaftsschwarm einteilte. Mit angelegter Schwimmweste, flugfertig ausgerüstet, wartete ich voller Ungeduld im Bereitschaftsraum, unruhig wie ein Tiger im Käfig. Wenn nur bald ein Einsatzbefehl käme! Ich wollte mich endlich beweisen, fliegen, kämpfen, Luftsiege erringen, zeigen, was ich konnte. Und dann endlich das ersehnte Kommando. Die Russen hatten am Donez nordwestlich von Kamenzk einen Brückenkopf gebildet. Alle Mann in die Maschinen. »Freie Jagd!«, schallte es durch die Kopfhörer.

Mein Wart rief mir noch ein fröhliches »Hals- und Beinbruch« zu. Voller Tatendrang saß ich hinter dem Steuerknüppel. Minuten fehlten noch bis zur Startzeit. Dann Vollgas, der Motor brüllte auf.

Als ich meinen Abschnitt erreichte, war es vorbei mit der Begeisterung. Die nackte Angst stieg in mir auf, das Herz rutschte mir in die Hose. In der Luft herrschte ein unglaubliches Gewühl und Durcheinander. So etwas hatte ich bisher noch nicht erlebt. Sieben russische Jäger, die aus allen Rohren feuerten, und zwei von uns. Aus allen Mündungen schossen die Garben der Leuchtspurmunition. Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen und feuerte, was das Zeug hielt. Getroffen habe ich gar nichts, aber zum Glück auch nichts abbekommen. Mein Rottenführer kehrte mit »Feuer im Rock« zurück. Zwei Treffer hatte er kassiert, konnte aber sicher landen. Die russischen Jäger waren Meister im Kurvenkampf. Man musste wirklich höllisch aufpassen.

Nach diesem aufreibenden Luftkampf kletterte ich durchgeschwitzt, mit zitternden Beinen und flauem Gefühl im Magen aus meiner Maschine. Aus Spiel und Spaß an der Fliegerei war nun bitterer Ernst geworden. Es ging um Leben und Tod. Völlig ausgelaugt warf ich mich auf mein Feldbett und fiel sofort in tiefen Schlaf. Ein paar weitere weniger gefährliche Einsätze durfte ich noch fliegen, dann, am 6. Februar, verlegte man mich mit meiner Maschine nach Makejewka, wo meine Einheit von jetzt an stationiert sein sollte. Fünf Feindflüge hatte ich jetzt hinter mir und war begierig darauf, weiterzumachen. Aber erstmal lag ich flach.

Schon seit Tagen plagten mich üble Halsschmerzen. Bei dem kalten und windigen Wetter hatte ich mir eine schwere Erkältung geholt. Aber ich hatte mich nicht weiter darum gekümmert. Erst als es so schlimm wurde, dass ich kaum noch schlucken konnte, meldete ich mich beim Truppenarzt, der eine verschleppte Mandelentzündung und Fieber diagnostizierte und mich ins Lazarett schickte. Es waren aufreibende Tage. Immer wieder rauschte eine Me 109 über das Haus. Endlos zog sich die Zeit, bis ich schließlich als genesen aus dem Lazarett entlassen wurde. Voller Tatendrang kehrte ich zu meiner Einheit zurück, aber wieder war Waschküche angesagt, zu schlechtes Wetter zum Fliegen. Es hatte stark geschneit, und auf dem Platz gab es tiefe Verwehungen. Sitzbereitschaft! Wir saßen alle wie auf Kohlen, Frust machte sich breit, wann würde es endlich besser werden?

Am 22. Februar zeigte sich der Himmel schließlich von seiner freundlichen Seite.

Ich begleitete Oberleutnant Frielinghaus, der als Staffelkapitän das 6/JG3 kommandierte und gleich beim ersten Einsatz eine MiG-3 abschoss. Mich ließ er leider noch nicht zum Schuss kommen.

»Thyben, Sie müssen sich erst noch etwas einfliegen«, pflegte er zu sagen.

Beim zweiten Einsatz musste ich wegen eines Schadens am Getriebe des Verstellpropellers sofort wieder landen. Hektisch jagte ich mit einer anderen Maschine meiner Staffel nach, fand den Oberleutnant aber nicht mehr. Dieser Einsatz ging also komplett in die Hose.

Am 24. Februar feierte ich meinen 21. Geburtstag. Es war der erste Tag, an dem ich drei Einsätze fliegen durfte. Dreimal »Feindanflug!«, dreimal den Vogel steigen lassen, was der Motor hergibt. Adrenalin pur. Es kam zum Sichtkontakt mit russischen Jägern, doch die Burschen verdrückten sich bei unserem Angriff sofort in eine schützende Wolkendecke, sodass ich nicht zum Schuss kam. Bei einem weiteren Einsatz traf ich dann keinen Feind mehr an.

Die Russen waren uns damals noch deutlich unterlegen. Wir konnten mit mobilen Radargeräten und Sofortmeldestationen arbeiten, denen hatten sie nichts entgegenzusetzen. Dazu kam, dass die deutschen Bomberverbände sehr aktiv waren und sich die deutschen Bodentruppen erfolgreich verteidigten, sodass der Ansturm der Russen zurückgedrängt wurde.


Die Wochenschau berichtet vom 2000. Luftsieg der II JG Udet

Einen Tag später, am 26. Februar 1943, gerade zwei Tage nach meinem Geburtstag, gelang mir mein erster Luftsieg. Freie Jagd im Raum Stawanssk –Barawenkowa war befohlen. Im tiefhängenden Dunst erspähte ich eine Douglas A-20 Boston auf Südkurs. Von diesem Flugzeugtyp hatten die Amerikaner mehr als 2700 Maschinen an Russland geliefert. Jetzt gilt’s! Volle Konzentration, Thyben! Ich flog sie an, brachte meine Maschine in die richtige Position, zielte und schoss aus allen Rohren. Gleich der erste Feuerstoß setzte den Gegner in Brand. Aus dem linken Motor züngelten Flammen. Dem Piloten des getroffenen Flugzeugs gelang noch eine Bauchlandung, dann brannte die Maschine vollständig aus.

Der Bann war gebrochen, mein erster Abschuss gelungen. Total euphorisch kehrte ich zu meinen Kameraden zurück. So konnte es jetzt weitergehen! Aber schon am nächsten Tag gab es einen Dämpfer. Ich griff einen Bomber an, war aber viel zu übereifrig, schoss vorbei und musste zusehen, dass ich wegkam, um nicht von den Begleitjägern aufs Korn genommen zu werden.

Makejewka, 12. März 1943

Lieber Pappel. Es ist Zeit, Euch mal wieder zu grüßen. Wie geht es zu Hause? Ich denke viel an Euch. Die Freude über meinen ersten Luftsieg ist bereits verklungen. Seitdem bin ich nicht mehr viel geflogen. Das Wetter ist unser größter Feind. Mal können wir nicht fliegen, weil es schneit, mal weil es Schneeverwehungen gibt, mal weil alles vereist ist. Was tun wir, wenn wir nicht fliegen? Wir Flugzeugführer fahren zusammen zur Entlausung und in die Badeanstalt.Oder ins Kino. Einmal war ich abends im Theater in Stalino: »Madame Butterfly«. Es war wunderschön. Ein paarmal flog ich Platzschutz. Auch von einem erfolglosen Einsatz muss ich Dir berichten. Oberleutnant Frielinghaus wird bei Matwejew-Kurgan angegriffen. Wir fahren dazwischen und vertreiben die Burschen. Ich klemme mich hinter einen Russen, der kurvt wie ein Irrer. Die Burschen fliegen uns ein reines Kunstflugprogramm vor, und so kommen wir nicht zum gezielten Schuss. Kurz, es war eine richtige Krampftour. Die russischen Piloten sind höllisch gut. Was mich traurig macht ist, dass wir meinen Kameraden Heiner May verloren haben. Er kam vom Feindflug am 22. Februar nicht zurück und wurde jetzt aufgegeben. Ehre dem gefallenen Kameraden! Das soll Dir aber keine Angst machen, Pappel, ich pass schon auf mich auf.

Es grüßt Euch Euer Gerd

Der Verlust von Heiner May ging mir näher, als ich mir selbst zugestehen wollte. Oft hatte ich mit ihm an den langen Abenden im Kreis der Kameraden in unseren Unterkünften, die der Staffelkapitän mit lustig bemalten Schildern so wohnlich wie möglich hergerichtet hatte, zusammengesessen. Hier, wo jeder täglich zum Einsatz auf Tod und Leben bereit sein musste und jeder wusste, dass auch er einmal nicht zurückkehren konnte, herrschte ein besonderer Geist der Verbundenheit. Wir spielten Karten oder Schach, klönten, analysierten stundenlang unsere Einsätze, denn nicht einer glich dem anderen, und feierten uns als Helden. Nur einmal wagte einer unserer Kameraden laut auszusprechen, dass auch bei uns die Angst ein ständiger Begleiter war – allerdings erst, nachdem ihm ein paar Schluck Branntwein die Zunge gelöst hatten.

»Kameraden, wenn ich beim Start in eine Maschine steige, nehme ich die letzten Züge aus der Zigarette, dann hämmert mein Herz und mir zittern die Knie. Aber dann, wenn ich am Steuerknüppel sitze, ist der innere Kampf gewonnen.«

Unser Kamerad Heiner May hat seinen letzten Kampf leider verloren.

Am 13. März kommandierte man mich nach Pawlohrad ins Zentrum der Ukraine. Wegen dichten Nebels fielen die vorgesehenen Einsätze aber aus. Ich flog eine Runde Platzschutz, doch es war nichts los im Luftraum. Die Front stand geschlossen am Donez. Einer der Kameraden feierte Geburtstag, und der Abend endete in einem üblen Besäufnis. Noch halb alkoholisiert schleppte ich mich am frühen Morgen zu meinem Flugzeug, um Platzschutz zu fliegen. Ich musste mich sehr anstrengen, keinen Bruch zu machen.

In diesen Tagen lief es gar nicht rund für mich. Wir überführten sechs unserer Maschinen nach Dnjepropetrowsk, um sie bei unseren rumänischen Verbündeten abzuliefern. Bei der Landung auf der Betonbahn krachte ich zu schwer auf und beschädigte ein Fahrwerksbein. Auf dem Heimflug wurde ich von einem Feindangriff kalt erwischt, kassierte meinen ersten Treffer in der rechten Fläche und schaffte es gerade so mit Ach und Krach, heil zurückzukommen. Ein paar Tage später flogen wir einen Großeinsatz nahe Rostow. Bei starker Feindberührung verlor ich den Kontakt zum Feind und zur eigenen Einheit. Es wollte alles noch nicht so richtig klappen. Und die Pechsträhne hielt an. Oder war es mein Unvermögen?

Einsatz über den Wolken

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