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Fall 4: Gewinnrealisierung/Umsatzerfassung – Beispiel Kaufvertrag mit Liefer- und Installationsverpflichtung

Sachverhalt:

Hersteller H stellt Maschinen her und vertreibt diese anschließend eigenverantwortlich an unternehmerische Kunden. H schließt mit Unternehmen U einen Vertrag über den Verkauf einer Maschine. U zahlt den gesamten Kaufpreis von 100 000 GE bei Vertragsabschluss. Die Maschine ist von H an U zu liefern sowie dort aufzustellen und an die Produktionsanlage anzuschließen. Die standardmäßige Installation könnte auch von einem Drittanbieter für 10 000 GE durchgeführt werden. Ohne Installation verkauft H diesen Maschinentyp für 95 000 GE am Markt. Die gesetzliche Gewährleistungsfrist beträgt zwei Jahre.

Aufgabenstellung:

Zu welchem Zeitpunkt bzw. welchen Zeitpunkten und in welcher Höhe sind nach handelsrechtlichen GoB Gewinn(e) zu realisieren bzw. gemäß den IFRS Umsatzerlöse zu erfassen?

I. Lösung nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Bilanzierung

1. Prinzip des quasi-sicheren Anspruchs als Ausfluss des Vorsichts- und Realisationsprinzips

a) Prinzip des Risikoabbaus

aa) Wirtschaftliche Erfüllung als Maßstab des hinreichenden Risikoabbaus

Das in § 252 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 HGB kodifizierte Realisationsprinzip setzt im Lichte der primären Ausschüttungsbemessungsfunktion der handelsrechtlichen GoB für die Gewinnrealisierung eine „Vermögensmehrung in disponibler Form“305 voraus und konzipiert damit den Bilanzerfolg als Umsatzgewinn.306 Es wird durch das Prinzip des quasi-sicheren Anspruchs konkretisiert: Damit eine Ausschüttung unsicherer Gewinne verhindert und somit das Kapital der Unternehmung geschützt wird, muss der Einzahlungsanspruch „so gut wie sicher“ sein.307

In der Literatur werden in diesem Zusammenhang mehrere mögliche Gewinnrealisierungszeitpunkte diskutiert:308 Der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ist zwar unter ökonomischen Gesichtspunkten ein wesentliches Ereignis; aufgrund des noch nicht hinreichend fortgeschrittenen Risikoabbaus scheidet er jedoch als Zeitpunkt für die Gewinnrealisierung aus.309 Der Zahlungseingang ist schon aufgrund der in § 252 Abs. 1 Nr. 5 HGB kodifizierten Unmaßgeblichkeit des Zahlungsmittelflusses, aber auch im Hinblick auf die Risikosituation abzulehnen: Leistet der Vertragspartner eine Anzahlung, sind die Risiken – ebenso wie bei Vertragsabschluss – noch nicht hinreichend abgebaut; erfolgt die Zahlung erst nach der unternehmerischen Leistungserbringung, würde eine Hinauszögerung der Gewinnrealisierung bis zu diesem Zeitpunkt das Vorsichtsprinzip überbetonen und den Schutz der Anteilseigner vor Gewinnverkürzungen nicht gewährleisten können.310 Die Knüpfung der Gewinnrealisation an den Zahlungseingang würde dem Bilanzierenden zudem Ermessensspielräume zugestehen, die dem Objektivierungsgebot widersprechen.311 Folglich ist „[o]hne Bedeutung […], ob am Bilanzstichtag die Rechnung bereits erteilt ist, ob die geltend gemachten Ansprüche noch abgerechnet werden müssen oder ob die Forderung erst nach dem Bilanzstichtag fällig wird“.312 Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass gemäß dem Gliederungsschema nach § 266 Abs. 2 B II 1 HGB korrespondierend zu den Umsatzerlösen der Gegenleistungsanspruch in Form einer Forderung aus Lieferung und Leistung zu aktivieren ist, hat sich der Zeitpunkt der Lieferung und Leistung bzw. die „wirtschaftliche Erfüllung“313 als maßgeblicher Gewinnrealisierungszeitpunkt nach handelsrechtlichen GoB herausgebildet.314

Bilanzierung case by case

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